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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 6.1892

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Zettnow, Emil: Die photographische Aufnahme der Geisseln von Bacterien
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Die photographische Aufnahme der Geisseln von Bacterien. 121
Die photographische Aufnahme der Geisseln
von Bacterien.
Von Prof. Dr. E. Zettnow, Berlin.
Die Spaltpilze oder Bacterien gehören zu den'niedrigsten
und einfachsten Organismen des Pflanzenreiches und stehen
manchen Arten des Thierreiches nahe. Sie sind für den
Menschen von äusserster Wichtigkeit; auf ihrem Dasein be-
ruhen die Erscheinungen der Verwesung und Fäulniss, seltener
diejenigen der Gährung, welche gewöhnlich durch Sprosspilze
verursacht werden. Mitunter bringen sie durch ihren Lebens-
process auffallende Färbungen hervor, wie z. B. die Bacillen
der blauen Milch, welche im Sommer der Milch eine schiefer-
graue oder prächtig himmelblaue Färbung verleihen; erscheint
eine andere Art, der Bacillus prodigiosus, auf Hostien, so
färbt er dieselben blutroth und hat Veranlassung zur Sage
vom Wunderblute gegeben; nicht eben selten ist eine dritte
Art, Bacterium phosphorescens, welche auf frischem Fleisch
erscheint und dasselbe leuchtend macht, sodass man dieselbe
Erscheinung in einem dunkeln Fleischerladen beobachten kann,
welche durch den Bacillus phosphorescens im Meere hervor-
gebracht, als Meeresleuchten der Menschen Augen erfreut.
Gefürchtet als Erreger von Krankheiten ist eine andere Anzahl
von Bacillen; sie sind es, welche Typhus, Schwindsucht,
Cholera, Diphtherie, Starrkrampf bei den Menschen und Milz-
brand, Rothlauf, Rauschbrand und viele andere Krankheiten
bei den Thieren hervorbringen.
Die Bacterien sind bereits 1675 von A. vanLeeuwenhoek
im Speichel des Menschen gesehen worden: Ehrenberg
hielt sie in den dreissiger Jahren unseres Jahrhunders für die
niedrigsten Glieder des Thierreiches und erst Cohn in den
fünfziger Jahren erkannte ihre pflanzliche Natur. Bald fand
man auch, dass sie die Erreger gewisser Krankheiten sind
und seit den letzten 20 Jahren ist die Kenntniss derselben
weit vorgeschritten.
Viele Bacterien besitzen eine hervorragende Fähigkeit den
Ort zu verändern, während eine grosse Anzahl in völliger
Ruhe verharrt. Bei Beobachtung lebender Bacterien z. B. aus
einer faulenden Flüssigkeit oder dem Schleim der mensch-
lichen Zähne sieht man, je nach der Art, welche man grade
vor sich hat, dieselben im Gesichtsfeld des Mikroskops wie
einen Mückenschwarm durcheinanderwirbeln oder bemerkt, wie
eine grössere Art in schlangenartigen und eleganten Windungen
sich fortschnellt, während eine dritte Art langsam und schwer-
 
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