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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 7.1893

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Nadar, Paul: Fortschritte in der Anwendung der Photographie
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https://doi.org/10.11588/diglit.47901#0160

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Fortschritte in der Anwendung der Photographie.

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Bei gerichtlichen Untersuchungen werden Aufnahmen des
Schauplatzes des Verbrechens oder des Unglücksfalles den
Beweis-Aufnahmen für die Zeugenvernehmungen beigefügt
werden können.
Photographien unleserlich gemachter Documente lassen
häufig die Spuren von Fälschungen erkennen.
Vor einigen Jahren kam Galton in London auf den Ge-
danken, die verschiedenen Typen von Verbrechern nach Kate-
gorien zu ordnen, zwischen denen einen Unterschied festzustellen
er für möglich hielt. Nachdem er zu diesem Zwecke Photo-
graphien einer Anzahl Individuen, die sämmtlich in derselben
Stellung photographirt waren, gesammelt hatte, photographirte
er wieder auf einer einzigen Platte sämmtliche Köpfe dieser
Individuen, welche mit ihren charakteristischen Merkmalen
sämmtlich auf derselben Stelle des entstehenden Gesammtbildes
erschienen, wobei die Hauptzüge der' Gesichter, so die Nase,
der Mund und die Augen so genau wie möglich einander
deckten. Man könnte auf diese Weise durch Synthese der
Unterschiede von individuellen Gesichtszügen auf einem einzigen
Bilde auch vielleicht den Typus dieser bestimmten Rasse fest-
stellen. Diese Methode liesse sich dann auch wohl auf einer
Familie angehörige Verwandte anwenden, doch scheinen mir
die bisher in dieser Hinsicht getroffenen Massnahmen noch
nicht ausreichend, um in ihnen eine Gewähr für die unbedingte
Zuverlässigkeit der Resultate voraussetzen zu können.
Vor Kurzem wurde mittels der Photographie das Vorhanden-
sein eines gefälschten Stempels auf mit Beschlag belegten
Juwelier-Arbeiten festgestellt; dieser neue Erfolg der Photo-
graphie ist von Londe erzielt, dessen Güte ich die Aufnahme
verdanke.
In sehr vielen Fällen wird die Polizei oder selbst der
einfache Privatmann mit Vortlieil einen versteckten photo-
graphischen Apparat, sei es nun ein Detectiv-Apparat oderein
anderer, verwenden können.
So kann man ohne ihr Wissen jede Person photographiren,
welche an der Kasse eines Bankhauses sich einfindet. Im
Privatleben geben solche Momentaufnahmen, welche, ohne dass
die Photographirten es merkten, gemacht sind, oft Anlass zu
unerwarteten Ueberraschungen.
Es klingt mir noch der Schrei des Entsetzens in den
Ohren, den ein Herr ausstiess, welcher auf einen zufällig in
meinem Atelier von ihm in die Hand genommenen Moment-
bilde seine Frau auf der Strasse im Gespräche mit einem Herrn
erblickte, den er beim ersten Ansehen des Bildes wohl zum
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