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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Wes ist die Kunst bei uns?
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Hebbel, Friedrich: Aphorismen
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0020

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lVes ist die Kunst bei uns? von 6. L. v. Berlepsch.

Ich machte mit meinem zufällig entdeckten bäuer-
lichen Töpfer einen Versuch, Gefäße herzustellen, die
bei einfachem Dekor zweckentsprechende Form hatten,
wobei hauptsächlich auf die Ausbildung der letzteren eine
gewisse Sorgfalt gelegt wurde. Und siehe da, es traten
Resultate zu Tage, die ich mir nie hätte träumen lassen.
Wenn die Sache keine weitere Entwicklung fand, so lag
es einfach darin, daß der Mann die Mittel nicht hatte,
um neben dem tagtäglich begehrten auch Geschirr zu
fabrizieren, das durch eine gewisse künstlerische Er-
scheinung auffiel. Die wenigen Stücke, die er übrigens
gemacht und auf den Markt gebracht hat, fanden ohne
weiters ihren Herrn. Ich meinerseits aber bin nicht in
der Lage, eine Geschirrhaudlung zu etablieren. So ver-
lief die Angelegenheit im Sande. Würde die Sache in
vernünftiger Weise betrieben, würden vor allem nicht
sofort Anforderungen zu weitgehender Art gestellt und
bliebe diese einfache Art von Volksgewerbe vor allem
verschont von jenen Einflüssen, die ihre Wirkungen oft
in ebenso negativen Resultaten kundgeben, wie es
die „Verschönerungs-Vereine" so gemeinhin der Natur
gegenüber thun, so wäre ganz entschieden von der
Unterstützung solcher Arbeit ein künstlerischer Nutzen zu
erwarten. Der materielle würde sich zweifelsohne auch
einstellen. So wie dieser eine Fall, sind eine Unmenge
von andren gelagert. Wenn jene Stellen, die den Aus-
schlag im Staate zu geben haben, andrem als dem Rate
„hochstehender Fachleute" zugänglich wären, so würde
sich vielleicht gar manches
anders gestalten als es
der Fall ist. — In
Bayern bekommen wir
nächstes Jahr eine große
Landesausstellung, bei
der ohne Zweifel das
„Kunstgewerbe" in bunt-
scheckiger Weise vertreten
sein wird. Dann reibt
man sich die Hände, ver-
sichert sich gegenseitig,
daß nichts Besseres und
Schöneres gemacht
werde, und läßt lange Ti-
raden über das Blühen
des „bayerischen Kunst-
gewerbes" in alle Welt
hinausfliegen. Besieht
man aber die Sache ge-
nau, so zieht die Volks-
tümlichkeit der Kunst
davon den nämlichen
Profit wie etwa aus
der Ausstellung von
Parfümeriewaren, und
wir sind genau so arm
als wie zuvor. In
prächtigen Sälen werden
Bilder hängen, Statuen
stehen, der ganze Glanz
des Aufschwunges der
Kunst zur Anschauung
gebracht werden, und
wenn die Ausstellung WLdchrn, Tauben fütternd.

geschlossen ist, sind vielleicht einige der ausgestellter: Werke
für Galerien oder Privatbesitz angekauft; damit ist die
Wirkung für die künstlerische Ader des Volkes abgeschlossen,
das künstlerische Allgemeinwohl aber hat nach wie vor die
Rolle des Aschenbrödels inne. Wann wird seine Stunde
der Erhebung schlagen? Nicht eher, als bis unsre Kunst-
werkstätten aus der Volkstümlichkeit emporwachsen, das
Letzte, Höchste, Beste sich entwickelt aus dem Guten, das
allen zu gute kommt und kein Unterschied mehr besteht
zwischen „hoher" Kunst und „handwerklicher". So lange
aber die Annahme zu Recht besteht, als seien jene, die
in Kunstausstellungen die Resultate ihrer Arbeit vor-
führen, eine Art von Offizieren, die andren aber, die
an der Drehscheibe, der Hobelbank, dem Gußtiegel, dem
Webstuhl ihre Arbeit verrichten, so etwas wie „Gemeine",
so lange können wir nicht davon reden, daß die Kunst
allen in gleichem Maße gehöre. Sie ist „Kaviar",
den zu genießen zum guten Tone gehört, den als Nahrung
in des Wortes feinster Bedeutung zu sich zu nehmen nur
verschwindend wenigen beschicken ist, dem endlich die
weitaus größte Menge unsrer Bevölkerung ziemlich
teilnahmslos und kühl gegenübersteht, weil sie etwas
Fremdes, nicht der eige:wn Anschauungsweise Befreundetes
darin erblickt. Darin aber liegt auch der Grund, wes-
halb billige, schlechte Kunstware jeder Art die deutsche
Welt beherrscht, die Welt vom Kleinbauern und Hinter-
hausbewohner an bis hinauf zu den Kreisen jener, die
zu der Größe ihrer Mittel eine entsprechende Größe

absoluter Gefühllosigkeit
für das, was künstlerisch
ist, gesellen und ihrem
Reichtume allenfalls
durch reiche, in den
seltensten Fällen durch
feine Ausstattung dessen,
was sie umgiebt, Aus-
druck verleihen.

AxhoriKmen

von Friedrich Debbel.

Die Aunst ist das Ge-
wissen der Menschheit.

Daß die Gottheit dem
Menschen die formende
Kraft verlieh, das ist ihre
höchste Selbstentäußerung.

Schönheit ist Tiefe der
Fläche. ,

Alle Kunst verlangt
irgend ein ewiges Ele-
ment; darum läßt sich auf
bloße Sinnlichkeit (von der
sich keine unendliche Steige-
rung denken läßt) kein
Kunstwerk basieren.

»

Jeder frevelt an dem
Schönen, indem er es dar-
von Karl Bernewitz. stellt.
 
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