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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Vermischte Nachrichten - Kunstliteratur u. vervielf. Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0179

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(Z8

Personal- und Ätelier-Lkachrichten.

neuestes Werk in dieser Hinsicht ist ein größeres Bildnis des
Großherzogs von Baden, das wohl mit vielem Fleiße, aber
mäßig flotter künstlerischer Auffassung gearbeitet, immerhin
doch ein, schon durch seine Größe respektables Werk ist, das einen
ausgesprochenen Fortschritt gegen frühere Werke des fleißigen
Künstlers bekundet. — Der Maler R. Gleichauf hat nun die
Ausschmückung der Lünetten des Treppenhauses der hiesigen
Kunsthalle, im engsten Anschluß an die vor einem halben Jahr-
hundert gefertigten Schwindschen Kompositionen, vollendet. Tie
wohlgelungenen Fresken enthalten die allegorischen Darstellungen
der verschiedenen Arten der Malerei und deren Stoffgebiete, da-
runter als besonders charakteristisch aufgefaßt die Heldensage und
das Volksmärchen erscheinen, ferner die hübschen Darstellungen
der vervielfältigenden und der plastischen Künste und zum Schluffe
die Allegorien der Schönheit und des Ruhmes. Gleichauf hat
auch den Auftrag zur teilweisen Ausschmückung des soeben im
Rohbau ferliggestellten Ostflügels der Kunschalle erhalten und
wir zweifeln nicht, daß er dieser neuen Ausgabe ebenso trefflich,
wie wir es bisher stets von seiner Kunst gewohnt sind, Nach-
kommen wird. — Die Ausstellung des Kunstvereins hat uns
diese Zeit über, außer der Bartelsschen Kollektion, die alles nahezu
erdrückte, nicht viel geboten, denn ihr gegenüber hatten die
anderen Sachen einen recht schweren Stand. H. Kley hatte
einige treffliche, zarte und intime Aquarelle gebracht, denen gegen-
über die Studien von I. Thomann in ihrer Formlosigkeit
ziemlich abfielen; auch G. Kampmann hatte in seiner in den

Ins Vsd. von llkariano Lenlliure.

Details aufs äußerste reduzierten „Waldeinsamkeit" keinen Treffer,
wie sonst hie und da, gemacht und auch P. Segißer, H. Ma-
jendie, Tischler und Leuenberger hatten schon besseres
geliefert, während F. Behrendt in seinem stimmungsvollen
„Mondaufgang" und seiner „Ostseeküste" recht naturwahre Bilder
uns vorführte. Das Beste hatte offenbar Alexander Koester
mit einer ganzen Reihe trefflicher, frisch und flott aufgefaßter
Naturstudien gegeben, die uns einen regen Fortschritt des jungen,
strebsamen Künstlers bekunden. Auch das Genrebild von Oskar
Böttjer war eine ganz hübsche Leistung. loosss

Prager Kunstbrief. Die Kunst ist jetzt in Prag ea
voA»e, nur daß die Welle ganz anders gerät als nach der allgemeinen
Wellenlehre die Wellen der Liebe zur Kunst zu sein hätten.
Man ist in die Kunst hier sehr verliebt, meistens aber platonisch,
man bewundert eher als man nimmt — eigentlich giebt —
außer ein Paar hübsche Douceurs anläßlich der Weihnachts-
Kunstausstellungen; kurz gesagt, die Kunst bei uns hat trotz
ihrer beinahe jähen Entwickelung und hohen Stufe ihren Sieg
im Kampfe mit dem Snobbismus noch nicht errungen und die
berühmte -srs amsocki«, die leidige Amateurschaft, ist in Prag
noch eine gar zu plumpe Anfängerin. Freilich, daß die Kunst

— das will heißen, die echte wahre Kunst, die man das Eigen-
tum Prags nennen kann, nur einen etwa fünfzehnjährigen Vor-
sprung hat — dennoch sind aber die Verhältnisse so wenig hoff-
nungsvoll, daß sie eher die Entwickelung eindämmen, als er-
muntern. Die Vereinsverlosungen, etliche Einkäufe der Gesell-
schaft der Freunde der Kunst für die Bildergalerie Rudolsinum,
wo das kostbarste manchmal ein Stück unbchängter Wand ist,
drei Universitätsprofessoren, oder berühmte Aerzte, die den Kauf-
preis von dem Kollegiengelde oder dem Schmerzensgelde der
Patienten sich selber abhärmen müssen, das ist alles. Und der
Adel? Bah! Außer sehr wenigen Ausnahmen, finden sich in
Böhmen keine Magnaten, in deren Adern ein Tropfen floren-
tinischen oder venezianischen Mäcenatenblules rollen würde, und
alle zusammen leisten nicht einmal soviel als einer der erwähnten
Universitätsprofessoren und beschränken ihre Teilnahme an der
Kunst gewöhnlich auf die Milgliedskarte der besprochenen Gesell-
schaft der Kunstfreunde. Die hochadeligen Kreise find eben sehr
wählerisch, und da alles Genrehaste unter dieses Niveau fällt,
die Panneaus in der Regel sehr wenig drapiert sind, und man
die Werke der „großen Historienmalerei" nicht erschwingen kann,
so wendet sich die Lust des Erwerbens meistens kleineren, hübsch
sein gepinselten, in braunen Renaissance-Interieurs chic beleuch-
teten Koslümsigürchen um so eher zu, als man dabei einen
genug berühmten Rainen nicht zu teuer mit in den Kauf nimmt.
Ja die heilige Prüderie! Die findet alle monumentale Dekoration
sllocllinA, und man läßt eher alte pikante Kupfer zu Voltaires
„Pucelle", die man in dem Ahnenbücherschrank vorgefnnden hat,
insgeheim auf dem photographischen Wege vervielfältigen, als
daß man in hochgeborner Gesellschaft eine mythologische Szene
anschauen würde. Die reiche Bürgerschaft und die Finanzwelt

— auch hier giebt's rühmliche Ausnahmen — die versteht und
bestreitet ihr „Schmücke dein Heim" meistens in sehr trivialer Weise.
Es florieren in der Stadt ein paar „Kunstgejchäfte", die in dem
auf Leinwand gespannten sogenannten Lel-Farbendruck, sehr
viel Geld machen. Zur Hebung der Gegenseitigkeit zwischen der
Kunst und dem Publikum hat in zwei letzten Jahren die
UmeleckL Beseda mit ihren in den Salon Topic verlegten Weih-
nachts- und Frühjahrsausstellungen vielleicht das meiste gethan.
Besonders auf der heurigen Wcihnachtsausstellung finden sich
einige sehr artige und annehmbare Sachen vor, und zwar von
Jenewein, Novak, beiden Brüder Spillar, Bartonek,
dem tüchtigen Landschafter Jansa, L. Kuba (ausgezeichnete
bosnische Aquarellen) rc., außer dem in Wien vorigen Jahres
preisgekrönten Jenewein und Münchener Doubek (Sarka),
lauter Namen aus der zweitnächsten Künstlergeneration. Da geht
es noch ab und zu, und es will viel besagen, daß gleich am ersten
Tage der Ausstellung die besten Sachen von Wien aus frisch
weggekauft worden sind. Durch den Zufall, daß zur gleichen
Zeii in der Kunstakademie die Schulausstellnngen der verschiede-
nen Ateliers eröffnet worden sind, ist es dem Eingeweihten, das
heißt dem Eingcladencn, vergönnt, auch die allerjüngste Generation
bei der Arbeit zu sehen, und es sei hier gleich gesagt, daß die
durch das Statut der Akademie etwas erschwerte Visite in den
Schulausstellungen zu den erfreulichste» Erfahrungen des hiesigen
Kunstlebens gehört. Man ist versucht, zu glauben, daß man
eigentlich an der Quelle einer besseren Zukunst steht — hier
pulsiert es kräftig und spontan, man sieht hier den gereisten
Künstler bei dem edelsten Teile des künstlerischen Schaffens, bei
 
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