Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

DOI Artikel:
Kiesling, Ernst: Heinrich Leutemann
DOI Artikel:
Ausstellungen und Sammlungen - Personal- u. Atelier-Nachrichten - Vermischte Nachrichten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0138

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Heinrich Leutemann, von Ernst Riesling. — Ausstellungen und Sammlungen.

INS

Barrchuszug. von Heinrich Leutemann.

Haushalt fortzuführen habe, kaum für ein halbes Jahr
reichen.

vielleicht bringt die Zukunft, wenn ich einmal nicht
mehr bin, in Deutschland auch für solche Fälle eine Besserung,
und ich will in dieser Hoffnung gern ein Vxfer dafür ge-
wesen sein."

H Karlsruhe. Die Wiedereröffnung des Zeutralpunktes
des hiesigen Kunstlebens, des freilich oft recht minderwertig be-
schickten, wie alle seine Leidensbrüder in wohliger Stagnation be-
findlichen Kunstvereins, wurde durch drei, zum Teil höchst inter-
essante und eigenartige Separat - Ausstellungen auswärtiger
Meister inauguriert, die bei ihrer sonstigen diametralen Ver-
schiedenheit doch das mit einander gemeinsam hatten, daß sie alle
drei recht stark in „Zukunftsmusik" machten. Natürlich müssen
wir dem Vertreter der Reichshauptstadt, Max Kuschel, hier den
Vortritt lassen, obwohl er es durch seine uns vorgeführten
schwachen Produkte ganz und gar nicht verdient. Denn dieselben
bieten in ihrer rohen, oft kindlich unbeholfenen Technik und
Zeichnungsmanier und ihrer überaus starken Anlehnung an unsere
modernen „führenden Geister" wie Böcklin, Stuck, Thoma und
Trübner durchaus nichts künstlerisch Selbständiges oder gar An-
ziehendes. Kuschel ist daher wohl nichts weiter als ein durch
unkünstlerische Extravaganzen Aufsehen erregen wollender Eklektiker,
wie solche die alle Originalität verflachende und nivellierende,
hyperkritische, unpoetische Weltstadt uns schon des öfteren als so-
genannte große Talente aufoctroyierte. Weit besser ist der Cyklus
der Werke, die Paul Schultze-Naumburg und seine Gattin
Ernestine, geborne Mack in München, die beide der hiesigen Aka-
demie, respektive der Maleriunenschule, ihre gediegene künstlerische
Ausbildung verdanken, uns Vorführern Das ungleich bedeutendere
Talent von beiden ist hier offenbar ausnahmsweise die Frau, die
auch in der Auswahl ihrer künstlerischen Motive viel reichhaltiger

als der Gatte ist, der sich zumeist auf an Trübner etwas ge-
mahnende, recht stimmungsvoll behandelte Landschaften, beschränkt.
Die Hauptforce der Künstlerin sind offenbar die Porträts, die
von verblüffender, alle technischen und künstlerischen Mittel in
virtuosester Weise beherrschender lebenssprühendster Gesamtwirkung
sind, wie uns solche in dieser Vollendung und großartigen Auf-
fassung schon seit recht langer Zeit nicht mehr zu Gesicht ge-
kommen sind. Daneben zeigt sie sich auch als gereifte Meisterin
des flott und effektvoll behandelten Stillebens. Der dritte,
respektive vierte im Bunde der auswärtigen Meister ist Hans
Olde v. Seekamp, den man auf Grund seiner hier vorgeführten
Werke nicht anders denn als einen krassen, dabei aber sehr
talentvollen Ultrarealisten bezeichnen kann, der vor den kühnsten
Farbenproblemen, die in derbster, rücksichtslosester Behandlung
vorgetragen sind, nicht zurllckschreckt. Gemälde wie das „Moor
im Schnee" oder „Blühendes Rübsamenfeld" sind von einem
fast brutalen Realismus, der die Natur noch zu übertrumpfen
sucht, während die „Regenstimmung" und „Nor Sonnen-
aufgang" viel zahmer und weicher in der Technik, und dabei
doch von naturwahrster, echt künstlerischer Gesamtwirkung sind,
sodaß es, unserer Ansicht nach, der reichbegabte Künstler eigentlich
gar nicht nötig hätte, um das, was er beabsichtigt zu erreichen,
eine Anleihe bei dem ehrsamen Maurerhandwerk zu machen. Wie
eine poefievolle Idylle muten uns gegenüber den vorigen die
Bilder von G. Tyr ahn an, in ihrer distinguierten Farben-
harmonie und vornehmen, eigenartigen Gesamlauffassung. Be-
sonders der meisterhafte „Sonnenuntergang" und die leise ver-
schleierte „Dämmerung", die uns lebhaft an die schwermütige
Lenausche Stimmungslyrik erinnern. Auch die „Cäcilie" zeigt
uns, wie der rüstig vorwärtsstrebende, unermüdliche Künstler sein
herkömmliches Modell zu einer fast ätherischen, idealen Erscheinung
zu vergeistigen und zu verklären versteht. Verwandte Wege, nur
in noch farbenreicherer, phantasiesprühenderer Ausfassung wandelt
R. Th oft, ein begabter Schüler Ferdinand Kellers, dessen
„Mondschein" und „buen retiro" uns in das ferne, zauberhafte
Land der Träume zu entrücken verstehen. Auch Edmund Ka-
noldt, der fleißige, talentvolle Schüler Prellers, gehört gewisser-

Die A-nst für Alle XI.
 
Annotationen