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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Künstler und Kunsthändler
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0128

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Venezianerin. von Iuana Romani.

Li ün stier und Kunsthändler

n der Meinung der vielköpfigen also auch viel-
denkenden Menge gehören die Kunsthändler so
ungefähr in die Kategorie der Menschen, die, wie
die Löwen in der Wüste nach Raub ausgehcn, zum
mindesten den Raubtieren ähnlich sind, die hungrig und
daher beutegierig in die Ateliers schleichen und — Mar-
der genannt werden. Die Redensart: Haben Sie das
vom Künstler direkt? ist bezeichnend für den Kredit der
indirekten Erwerbung. Namentlich bei uns in Deutsch-
land bewappnet sich ein verehrliches kunstliebendes Publi-
kum mit einer starken Dosis von Argwohn und Miß-
trauen, wenn es einem Kunsthändler gegenübertritt. Es
ist an und für sich die Benennung „Händler" schon
bezeichnend für das Gewerbe. Man spricht vom Pferde-
händler, Butter-, Käse-, Kleiderhändler — und

vom Bilderhändler. Die Herren, die mit der Kunst

ihr Brot erwerben, werden schon im Namen „Händler"
so klassifiziert, daß man einen reellen Verkauf ohne Auf-
schlag und Dingen nicht annehmen kann. Sonderbar,
Kaffee, Thee, Zucker, Käse, das sind respektable Handels-
waren — die Erzeugnisse der bildenden Künste dagegen
— so hoch man sie an und für sich zu schätzen ver-
mag — bringen den ehrlichsten Makler nicht auf den
grünen Zweig der Hochachtung seiner Mitmenschen. Wir
wollen einmal Künstler und Kunsthändler einander gegen-
über stellen und sehen, ob a priori der Händler ge-
zwungen ist, sein Licht unter den Scheffel der Künstler

zu stellen, ob er nicht vielmehr eine Berechtigung hätte,
aus der Schule seiner Erfahrungen zu schwatzen, um
den Nachweis seiner Existenzberechtigung zu liefern.
Gesetzt den Fall, der Künstler — das Licht — hätte
keinen Vermittler — keinen Schallen -— wir wollen
einmal so paradox anfangen — so könnte er mit un-
getrübter Reinheit glänzen und seinen Genius leuchten
lassen. Der Künstler steht allein. Im Atelier ent-
stehen unsterbliche Werke, ein Blendrahmen fügt sich
zum andern, der Schaffenstrieb erzeugt ein Werk nach
dem andern — eine Galerie vereinigt sich in den
Räumen, wo der Genius seine Flügel breitet und das
Talent den Nimbus des Ruhmes durch das Prisma
selbstgefälliger Befriedigung um sich sammelt. Die
Herren Mäeene werden erwartet, sie mögen schauen und
kaufen — für die Lexika und die Kunsthistoriker sind
die Ausstellungen ein ergiebiges Feld kritischer Beobach-
tung. Vermittler gebrauchen die Herren der Kunst
nicht. Die Preise werden aus der Luft gegriffen, je
nach dem Bedürfnis oder der Beschaffenheit der Geld-
tasche, die zufällig im Gebrauch ist. Tie am Firmament
der Kunst zur Zeit glänzenden Sterne werden in den
Handbüchern der ansichtigen und reisenden Kunstliebhaber
als besuchenswert registriert stehen, die übrigen, deren
Glanz noch nicht so bewunderungserweckend geworden
ist, die sogenannten ausgehenden Sterne, müssen sich auf
die Ausstellungen vertrösten, da sich ihnen geringere Ge-

Pie Kunst für Alle XI, 7. I. Januar 1896.

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