Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

DOI Artikel:
Der Amateur-Photograph
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0050

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Vie inlernslionale xholographtsche Aup-1
stcllunx in Salzburg.

Von Hans Schmidt (München).

>I^>enn hier auch nicht der Raum gebolen
ist, eine Ausstellung dieser Größe
ausführlich zu besprechen, so wollen wir
doch nicht versäumen, den Lesern dieses
Blattes in einem kurzen Auszuge das dort
Gebotene zu schildern.

Die Ausstellung, welche vom I. August
bis 15. September währte, hatte ihr Heim
in den prächtigen Sälen des Mirabell-
schlosses gefunden. Eine Sammlung von
einigen tausend Bildern bot sich hier dem
Auge des Besuchers dar. Aber nicht nur.
durch ihre Größe, sondern besonders durch
die Eigenart ihres Charakters unter-
schied sich diese Ausstellung von den
früher bereits abgehaltenen. Um näm-
lich den Teilnehmern der damals zugleich
tagenden Generalversammlung des
Deutschen und Oesterreichischen Alpen-
vereins eine angenehme Unterhaltung zu
bieten und durch Vorführung von Bildern
aus der Gebirgswelt den Alpinisten aus
so manche noch unbekannte Gegend auf-
merksam zu machen, wurde beschlossen,
eine Ausstellung alpinen Charakters zu
veranstalten. Und in der That scheint
auch kein schönes Fleckchen des Gebirges
von den Amateuren und Fachphoto-
graphen unberührt geblieben zu sein.

Aus allen Gegenden findet der Beschauer
Aufnahmen, die niedlichsten Plätzchen wie
die romantischsten Felspartien und Glet-
scher, zum Teil mit den ungeheuersten
Anstrengungen erreicht, sind im Bilde
festgehalten, und dem weniger geübten
Bergsteiger ist es dadurch ermöglicht,
hier in aller Ruhe und Bequemlichkeit die
kolossalen Reize, welche uns die Alpen-
welt bietet, genießen zu können.

Wir können nicht umhin, unseren
Argwohn auszusprechen, den wir schon
gleich von Anfang gegen die Ausstellung
halten, als wir von dem ausschließlich
alpinen Charakter derselben hörten. Denn
nichts ermüdet den Geist schneller, als die
stetige Behandlung ein und desselben
Gegenstandes. Unter den vielen Aufnahmen
folgt eine Bergspitze auf die andere, ein
Gletscher weicht dem andern, immer neue Fels-
partien häufen sich auf, Kiesrinnen, Wasser-
läufe, Wildbäche, das sind so die Hauptarten,
die sich in stets wechselnder Variation immer
wieder unserem Auge darbieten. Nun aber,
wie sie sich demselben zeigten. Nichts von
der Ruhe und Würde, nichts von dem
schlichten, künstlerischen Eindruck, wozu wir
durch den Eintritt in das Schloß zu hoffen
berechtigt waren. Ein Bild hängt am
andern, ein Panorama reiht sich an das
andere, meist das vorhergehende nur durch
seine Länge übertreffend. Krummgezogen,
gewellt und zerknittert, sind dieseAusstellungs-
kinder mit einigen Nägeln an die Wand
geheftet. Was hätte es den Ausstellern ge-
schadet, wenn sie einen steifen Karton ge-
nommen, wenn sie die Bilder fein säuberlich
aufgezogen und zugeschnitten, aber nicht,
wie meist der Fall, nur einige Millimeter

Rand lassend, sondern mit einer breiten das 9X12-Bild nicht schön sein kann, o
Umrahmung versehen und die Kopie in eine nein, einige Ausstellungsbilder dieser Art
zarte Umfassung gesetzt. Wie hätte man tragen sogar einen allerliebsten Charakter,
so ganz anderes erzielen können! Die aber 99 Prozent von ihnen besitzen gerade
schmale Umrahmung, wie sie der Fach- diesen Fehler. Die meisten von genannten
Photograph für seine Albumbilder ver- Aufnahmen sind Erinnerungsbilder, die wert

wendet, ist nicht für eine Ausstellung ge-
eignet. Die Kommission ist dadurch ge-

sind, in ein Album gereiht zu werden, um
sie alsdann an langen Winterabenden im

zwungen, ein Bild neben das andere zu trauten Kreise zu besichtigen, wo man dabei
hängen und erzeugt dadurch ein Kunterbunt, diese und jene Erinnerung auffrischt, aber
wie man es sich im Kaleidoskop nicht besser einen Ausstellungswert besitzen dieselben nicht
denken kann. Ein Bild beeinflußt das Die Art des Aufnehmens bringt es auch

andere, eine Farbe stört die andere. Hier meist mit sich, daß man dann da, wo man

überschreit ein rotgetontes Bild alle in seiner auf ein 9><l2-Bild stößt, gleich aus eine

Nähe hängenden matten, dunklen Auf- Schlange von zehn Meter rechnen darf,

nahmen, dort spielt eine Fläche sämtliche Aber nun gut, die Ausstellung bot

auch Arbeiten von vorzüglicher Güte,
künstlerisch und technisch gleich gelungen.
Wir finden hier einige Aufnahmen, die
als wahre Kostbarkeiten bezeichnet werden
können, aus denen man so recht die Liebe
und das Aufgehen des Autors in seiner
Arbeit erkennt. Aufnahmen, bei denen
man sich frägt, wie es möglich ist, sie
auf mechanischem Weg ohne eine weit-
gehende Einwirkung der künstlerischen
Hand in solcher Weise vollkommen zu
schaffen. Diese allerdings nur spärlich
vertretenen Arbeiten bieten aber dann
einen so hohen Genuß, daß sie den Ein-
druck der weit größeren Anzahl minder-
wertiger Ware vollständig verdrängen und
durch ihre Einwirkung dem Besucher eine
neue, echte Schaffenslust in unserer so
schönen und vielseitigen Kunst geben
Zuletzt seien nun noch einige Worte
über die Ausarbeitung der Bilder selbst
gebracht. Während in früheren Ausstell-
ungen das Albumin vorherrschend war,
haben wir es heute mit einer solchen Fülle
von Positivprozessen zu thun, daß es dem
prüfenden Auge schwer fällt, das that-
sächlich angewandte Verfahren zu er-
kennen. Nicht verleugnen läßt sich aber,
daß Albumin vollständig verdrängt ist und
dem Celloidin und Mattkopierpapier, wie
Platin, Silberplatin rc., Platz geräumt hat.
In der That hat auch das Albuminpapier
einige sehr üble Eigenschaften, die sich
Farben, die man sich durch das Tonstxier- namentlich in seinem speckigen Ansehen und in
bad nur erzeugt denken kann. der unzureichenden Wiedergabe der Details in

Uebrigens hätten wir sehr gewünscht, den Schatten geltend machen. Bahnbrechend
daß die Jury bei der Annahme der Bilder ist die Amateurphotographie namentlich da-
nicht so schonend zu Werke gegangen wäre, durch geworden, daß sie das Publikum
Nicht die Menge, sondern die Güte bestimmt an die mattschwarzen, kupferdruckähnlichen
den Wert einer Sache. Daß aber unter Bilder gewöhnte und auch so auf die küust-
diesen großen Mengen eine nicht unbedeu- lerische Entwicklung der allgemeinen Photo-
tende Anzahl von schlechter Ware ist, graphie äußerst günstig einwirkte.

Verantwortlicher Redakteur dieser Abteilung:

Or. R. Neubauß, Berlin, 8^V., tandgrafenür.

Ledaktiollslchlllß 28. Sept. I8SS. — Ausgabe 10. Skt. 1895

Inhalt -es zweiten Leites: Ser«: Friedrich
Pecht. Die Jahresausstellung 18SS der Künstler-
genonenschaft zu München. (III.) — Ein Brief aus
Worpswede. — Mrs. W. K- Clifford. Die letzten
Pinfelstriche. (Forts.) - Paul Schumann. Tic
Akademische Kunstausstellung in Dresden. — Per-
sonal-u. Ateliernachrichtcn ic. -c. — Der Amateur-
Photograph. — Aikderöeikagen: Alexander
Frenz. Der Frühling küßt die Erde. — Fritz
Mackensen. Gottesdienst. — Otto Moder-
sohn. Herbstmorgen am Moorkanal. — S. Sey-
mour Thomas. Ein unschuldiges Lpser

Baurrichaus im Löffelthsl.

können wir nicht verhehlen; ferner sind wir
erstaunt, wie einige Aussteller so unver-
! froren eine Ausstellung beschicken können.
Ausstellen heißt mehr als Bilder schicken,
und wahrlich hat das zahlende Publikum
Recht, besseres zu verlangen, als einige Ar-
beiten bieten. Auch durch die Zulassung
des 9><12-Formates zur Ausstellung hat
sich mancher berufen gefühlt, auszustellen,
der so frohen Mutes täglich mit seiner
Handcamera spazieren bummelt und dann
aufnimmt, was ihm gerade ins Objektiv
läuft. Wir wollen damit nicht sagen, daß

Herausgeber: Friedrich Pecht. — Verantwortlicher Redakteur: Fritz Schwach.

Druck der Bruckmann'schen Buch- und Kunstdruckerei in München.
 
Annotationen