Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

DOI Artikel:
Ausstellungen und Sammlungen - Personal- u. Atelier-Nachrichten - Preis-Ausschreiben - Kunstlitteratur u. vervielf. Kunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0280

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ausstellungen und Sammlungen.

21-)

H Karlsruhe. Kunstverein. Die erste größere Aus-
stellung im neuen Jahre bot uns Professor Carlos Grethe in
einer ganzen Anzahl von Bildern und Studien, selbstverständlich,
wie es bei dem begabten Meister nicht anders sein kann, der
See und dem Leben und Treiben auf und an derselben ent-
nommen, was alles der Künstler in trefflichster Weise zu schildern
versteht. So in der recht farbigen „Studie aus dem Hamburger
Hafen", worin die Gegensätze von bleichem Sonnenschein, Kohlen-
dunst und Frühnebel in Lust und Wasser höchst frappant wieder-
gegeben sind. Auch das
ausgeführte Bild „Im
Schiffsräume" mit seinen
verschiedenen Lichteffek-
ten, von außen herein
volles Tageslicht, innen
warmer bräunlichroter
Lampenschein, der sich
über eine Gruppe echter,
derber Wasserratten er-
gießt, ist von großer
künstlerischer Vollen-
dung. Dann zwei aus-
schließliche Figurenbilder
„Kapitän in spe" und
„Alte Seebären", die
meisterhaft in die hier
mehr nebensächliche
Strandlandschaft hinein-
komponiert sind. Weni-
ger gut gefielen uns die
zwei neuesten Werke des
Künstlers „Ausgehender
Dampfer" und „Rau-
chende Matrosen", die
doch allzu sehr, bei aller
Virtuosität, nach derbem
Effekt Haschen. Rudolf
Hell wag ist ebenfalls
ein sehr geschickter Ma-
rinemaler — die be-
kanntlich gerade in dem
total wasserarmen Karls-
ruhe so zahlreich und ge-
diegen vertreten sind —
was er deutlich in seinem
dunstigen, nebelerfüllten
„Fischerdorf in Corn-
wallis bei Ebbe" und
seinen sonnigen „Giardini
publici" von Venedig be-
weist, auch FranzHoch
brachte in „San Fruttu-
oso" bei Genua ein recht
tüchtiges Marinebild,
das nur in manchem
gar zu sehr an seinen
Meister Schönleber ge-
mahnt, der dieses Motiv
in ähnlicher Auffassung
und Anlage früher uns
vorführte. Weit besser
erschienen uns des Künst-
lers Bilder aus der deut-
schen Heimat, das präch-
tige „Neckarthal", von
oben gesehen und der
idyllische „Spätnachmittag" mit dem stillen Wasserspiegel, in denen
er sehr geschickt auf den Spuren des farbenfrohen, naturfrischen
Talentes Hans v. Volkmanns wandelt. Ueberraschend groß-
artig trat der letztgenannte, einer der fleißigsten und talentvollsten
Landschafter der Karlsruher Schule, diesmal auf den Plan mit
einem halben Dutzend, mit schlichtester Naturwahrheit aufgefaßter
Werke, die vollkommen frei von jeder gesuchten und gequälten
Künstelei und Mache mit das beste bieten, was auf dem Gebiete
der deutschen Landschastsmalerei heutzutage geleistet wird. Be-
sonders schön ist der „Abend im Eifelgebirge" in seiner treuen
warmherzigen Schilderung der weiten Gottesnatur, aber auch die
„Einsame Halde", „Frühlingslüste", die „Straße am Berge"
und besonders das „Herbstgold" mit seiner Farbenpracht zeigen

die genannten Vorzüge der schlichten, gemütvollen Kunst des
Meisters. Ihr gegenüber fallen die Werke von Gustav Kamp-
mann in ihrer gesuchten Reduzierung und Abbrevierung der
Naturformen — die nur das Einfache und Große derselben wieder-
giebt und alles Zufällige, Vereinzelte darin als unkünstlerisch ab-
stößt — allerdings etwas ab, obgleich sich nicht verkennen läßt,
daß in ihnen etwas steckt, was nicht jeder Künstler sein eigen
nennen kann, wie dies bekanntlich ja auch bei Anselm Feuerbach,
um hier ein drastisches, noch viel zutreffenderes Beispiel anzu-
führen, der Fall war.

Auch Karl Otto
Mathaeihat mit seinen
Motiven aus der höchst
malerischen Hamburger
Gegend, dem Obigen
gegenüber, einen recht
schweren Stand, so viel
Fleiß und ernstes Stre-
ben sie auch verraten
mögen. Weit besser
kommt dagegen Adolf
des Coudres mit
seiner großen Zahl flott
und frisch aufgefaßter,
stimmungsvollster hol-
ländischer Studien weg,
die in ihrer Art zum
Besten gehören, was
wir seit langer Zeit hier
gesehen haben und die
auch des Künstlers aus-
geführte Gemälde an
Lebendigkeit und Natur-
wahrheit weit übertreffen.
Auch Alfred Zofs ist
ein feinfühlender, reich-
begabter Künstler, was
sich besonders in seinen
edel und weichgetönten,
stimmungsvollen „Cy-
pressen" aufs deutlichste
zeigt, desgleichen W.
Conz in seinem breit
durchgeführten, wir-
kungsvollen „Fischer-
hafen" und namentlich
E. Euler, ein begabter
Jünger der Worpsweder
intimen Landschasts-
schule, mit mehreren, der
dortigenmalerisch so reiz-
vollen Gegend entlehn-
ten koloristisch hochinter-
essanten Motiven. Daß
Alfred Schmidt zu-
mal mit seiner „Herbst-
sonne" hinter den Ge-
nannten in keiner Hin-
sicht zurückbleibt, versteht
sich bei einem so geschick-
ten, strebsamen Künstler,
der sowohl als Land-
schafter, wie auch als
Porträtist gleich Vorzüg-
liches leistet, fast von
selbst. Desgleichen auch
bei Max Roman mit seinen längst wohlrenommierten, italieni-
schen, und Hellberger mit seinen norwegischen Landschaften: als
ein schlechter Faschingsscherz erscheinen uns aber die „Roten Canti-
lenen" (?!) des Schwetzinger Schloßparkes von E. B. Weiß, die
der junge Schwärmer für grelle Farbeneffekte wohl kaum selbst für
ernst genommen haben wird. Auch W. Reuter liebt die Buntheit,
in der er bei dem Bildnis des türkischen Kriegsministers Riza
Pascha so recht nach Herzenslust schwelgen kann, wie A. O.
Seeligmann in seinem, auf die äußerste Spitze getriebenen
Pleinairismus, der aber, dank der gewandten und sichern, ziel-
bewußten Technik des Künstlers, überzeugend genug wirkt, so daß
der „Hafendamm" mit zu den besten harmonischen Bildern der Kunst-
vereinsausstellung zählt. Von Porträtdarstellungen ist diesmal

Kaiser Wilhelm-Denkmal in Görlitz, von Johannes Pfuhl.

28^
 
Annotationen