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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Walter Crane
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Rolfs, Wilhelm: Herkomers Maldrucke
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0254

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,98

Malter Trane. Ocm U. L. von Verlcpsch.

recht gegeben; er giebt ihnen heute noch recht. Hier wäre der Punkt, wo auch wir einzusetzeu haben in
Deutschland. Das benimmt der Kunst nichts, gar nichts von ihrer Höhe, Wohl aber schafft es ihr sichere
Fundamente, deren wir heute entbehren. Crane, wohl einsehend, daß mit Bilder-Ausstellungen allein nichts
erreicht werde, wandte seine ganze Kraft der Verschmelzung von Kunst und Handwerk zu. „Solche Bewegungen
freilich", sagt Sizeranne richtig, „machen sich nicht dadurch, daß man mit einigen Kollegen gleichen Sinnes ist
und mit ihnen jeden Abend im nämlichen Kaffeehause sitzt."

„^.rts unll crutts sxlübitions", das ist die Losung, mit der Terrain gewonnen wurde. Das Resultat
ist das schon zu Anfang dieses Aufsatzes erwähnte, selbst in Paris mit hoher Anerkennung betrachtete
Jneinandergreifen künstlerischer Kraft und praktischer Fragen. Freilich geschieht das dort immer unter Leitung
von Leuten, die selbst etwas können, selbst praktisch Hand anzulegen verstehen und als klar denkende Menschen
den Wert der künstlerischen Äußerung nur im Einwirken aus alle Gesellschaftsschichten erkannt haben. Weder
Bureaukratie noch versorgungsbedürftige Kräfte untergeordneten Ranges haben da mitgesprochen; die Tüchtigkeit
allein hat das Wort gehabt, weil sie im freien Wettbewerb das Richtige fand. Jury war das ganze Volk,
nicht ein Paar Auserkorene. Man durchgehe einmal unsere ganze deutsche Tapeten-Industrie. Findet sich
irgendwo Ähnliches, wie Crane es für diesen Kunstindustriezweig mit vollen Händen gegeben hat, und
zwar — das gerade giebt ihnen den wahren Wert — in der denkbarst reichen Abstufung. Er hat nicht bloß
jene, den besten Corduan-Arbeiten in nichts nachstehenden pompösen Tapeten geschaffen, die das Haus des
Reichen zieren, er hat vielmehr eine außerordentlich reiche Menge schöner Dessins in schlichtester Erscheinung
gegeben, die nicht um einen Penny teurer sind als das stellenweise entsetzliche Zeug, was man unter dem
Namen „Tapeten" bei uns in den Wohnräumen des Wohlhabenden, des Bürgers findet. Und weiter, trifft
man im deutschen Buchbiudergewerbe irgendwo auf jene schlichte, feine Art der Buchausstattung, wie sie heute
in England als etwas Selbstverständliches angesehen wird? Was haben wir, um gerade bei diesem Punkte zu
verweilen, z. B. an Vorlagepapieren für Bucheinbände im Vergleich zu den äußerst reizvollen, immer ein-
fachen, aber künstlerischen Dessins, die Walter Crane massenhaft geschaffen hat? Soll noch weiter gesprochen
werden von den köstlichen, farbig behandelten „Gessos", farbigen Stuccoreliefs, die Walter Crane bei Mr. William
Spottisworde, Pres. R. S., bei Mr. Jonidcs in Holland Park und an anderen Orten selbst ausgeführt hat, oder
von den Mosaiken, die in der arabischen Halle von s Lord Frederic Leighton nach seinen Entwürfen hergestellt
wurden? Unnötig! Nur eines noch sei allen empfohlen, die sich ernsthaft um die Sache bemühen, ein Stück
künstlerischer Selbstlosigkeit und Opferfreudigkeit, wie Walter Crane sie in reichstem Maße besitzt, in sich tragen.
Leset Walter Cranes Buch: „Ouiins ob cksLorativs urt".

Kunst und Handwerk!

Werden wir es auch einmal zur wahren Einsicht dieser Faktoren eines gesunden Volkslebens bringen?
Schwer! Solches kann nur aus dem Schoße des Volkes selbst hervorgehen; keine Schule vermag es ins
Leben zu rufen. Solche, wie wir sie zur Zeit haben, schon gar nicht. Walter Crane ist, wie schon bemerkt,
Autodidakt. Was er will, hat er, wie all seine bedeutsamen Gesinnungsgenossen, nicht durch theoretisches, schul-
mäßig organisiertes Vorgehen erreicht. Vielleicht gerade dadurch ist er zu einem der hervorragendsten Erzieher
der englischen Welt geworden, die, allem sichtbar äußeren Einflüsse unzugänglich, zeigt, was das zähe Festhalten
an nationaler Eigenart wert ist und wie man das Beste aller Zeiten, aller Länder in sich aufnehmen kann,
ohne seine Individualität einzubüßcn.

tzertzomerK Matdrucke.

m 28. Januar hielt Professor Herkomer in London
einen Vortrag über sein neues (patentiertes) Ver-
fahren zur Herstellung von Bildern in Schwarz und
Weiß. Proben dieser Kunst konnte man im verflossenen
Sommer in der Ausstellung der Secession zu München
und noch jüngst mit dem Porträt des Or. Jameson in
einer dortigen Kunsthandlung sehen. Sie zeigten in
überraschender Weise die Hand und Art des Meisters.

Das charakteristische Merkmal des Verfahrens, durch
das es sich von andern Schwarz- und Weiß-Künsten
wesentlich unterscheidet, besteht darin, daß der Künstler
mit einem von Herkomer erfundenen Pigment „malt",
also nicht wie bei der Radierung, Schabkunst u. s. w.
noch eine besondere Art Technik erlernen und zur An-
wendung bringen muß, sondern die eigene, gewohnte

Malweise mit allen ihren charakteristischen Eigentümlich-
keiten beibehalten kann.

Auf einer glatten versilberten Kupferplatte malt
der Künstler sein Bild mit dem Pinsel und einem der
Druckerschwärze ähnlichen Pigment; er bringt dabei mit
Hülfe anderer Mittel, des Fingers, eines Holzstäbchens
u. s. w. die beabsichtigte Wirkung in der ihm „liegenden"
Malweise hervor. Das Verfahren ist vollkommen positiv;
es erfordert also nicht die Umsetzung des Gegenstandes
in ein Negativ, wie es die Schwesterkünste verlangen,
was Herkomer selbst als einen „unschätzbaren Vorteil"
für den Künstler hervorhebt. — Die aus Elfenbeinschwarz
und „einem" Mineralöl hergestellte Farbe trocknet nicht,
was für das weitere Verfahren unbedingt nötig ist. Der
Künstler braucht sich also bei seiner Arbeit nicht zu über-
 
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