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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Walter Crane
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0253

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von B. L. von Berlepsch.

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Europa. In oligochromer weise ausgeführtes Velbild. von Walter Erane (gemalt ;88;)-

nirgends schwärzliche Tiefen, alles in einer gewissen Transparenz aufgelöst, die das Ganze, das keines-
wegs „auf Ton komponiert" ist, beherrscht. In einem andern, sehr bekannten Bilde »Omina vincit amor«
glaubt man einem bekannten Florentiner Meister aus dem Ende des Quattro-Cento zu begegnen. Ton und
Haltung gleichen ganz den Erscheinungen wie sie die Frührenaissancisten gaben, auch ist ein gewisses Lieb-
äugeln mit altertümelnder Erscheinung deutlich erkennbar. Das muß offenbar eine kurze Phase in des Künstlers
Anschauung gewesen sein, denn seine späteren Arbeiten haben davon nichts mehr an sich.

Walter Crane wird von George Destrse in der Broschüre über die präraphaelitische Bewegung, sowie von
anderen mit zum Bunde der Präraphaeliten gezählt. Genau genommen ist dies nicht richtig, denn die
Bewegung, die von Millais, Hunt und Rosetti ausging, begann schon 1846. Crane war damals ein Jahr alt.
Mit Beginn der fünfziger Jahre war die Bewegung bereits siegreich durchgedrungen, die Bezeichnung ?. 44. L.
hatte aufgehört zu existieren, und es begann nun ein Ausreisen der im Widerspruche zur akademischen Kunst
ausgestreuten Saat. Crane ist mithin unter den Nachwirkungen groß geworden, nicht unter dem direkten Ein-
fluß der Begründer einer jungen siegreichen Richtung; doch gilt sie ihm selbst als der eigentliche Ausgangs-
punkt der neuen künstlerischen Anschauungsweise, die sich in England Bahn gebrochen hat. Er sagt darüber
in einem Aufsatze: „Dke LnZlisll rsvival ok clscorakive art", veröffentlicht in der „UorrniAllrlv Ksvisvv":
„Der Ursprung unserer modernen Renaissance liegt im Präraphaelitentume, obschon keiner der Begründer,
Rosetti etwa ausgenommen, sich mit dekorativen Dingen speziell beschäftigt hat. Die volle Wiederaufnahme
des Symbolismus indes, dabei das strenge Studieren nach der Natur, gepaart mit gewissen poetischen, ja
romantischen Anschauungen, vor allem aber die liebevolle Ausgestaltung der Einzelnheit im Verhältnisse zum
Ganzen trieb notwendigerweise zur Durchbildung von Dingen, die außerhalb des abgegrenzten Gebietes der
„Staffeleimalerei" liegen.

Die hohe, man möchte sagen revolutionär große Bedeutung Walter Cranes hat indes ihren Schwer-
punkt nicht im Staffeleibilde, sondern auf dem Gebiete der angewandten Kunst. „Richtet eure Fenster so ein,
daß sie euch durch ihre Erscheinung freuen, schneidet eure Kleider so zu, daß ihr Anblick ebenso Wohlgefallen
erregt, als sie andrerseits die Formen jener heben, welche sie tragen; sucht beim Allergewöhnlichsten der
Wohnungseinrichtung, sei es papierene Wandbekleidung oder Farbenanstrich, eine gewisse Harmonie herzustellen;
stattet Betten und Stühle durch einfach geschmackvolle Linienbehandlnng aus, legt auf eure Tische Bücher,
deren Druck das Auge wohlthätig berührt, sodaß Form und Inhalt an künstlerischem Gehalt auf gleicher
Stufe stehen und mithin nicht bloß ein Sinn durch sie wohlthätig berührt wird, dann werdet Ihr empfinden
lernen, daß selbst der kleine Mann seine Umgebung so gestalten kann, wie sie zu anderen Zeiten nicht einmal
für Geld gestaltet werden konnte." So sagt der Künstler selbst in der schon einmal zitierten Arbeit: „Ille
LriZlisll rsvival ok ckscorativs art". Die Kunst für das Volk und durch das Volk, das ist es, wofür
er ebenso wie Watts, Morris und andere große Geister künstlerischer Art mit allen Kräften Antritt. Das
bisher Gewöhnliche, Alltägliche muß von edlem Geiste durchzogen sein, die Kunst darf nicht über dem Volke
stehen, sie muß mitten unter ihm wohnen. Man lese z. B. Morris' „llopss anck Isars kor arv", um zu
begreifen, in welch weitem Sinne diese Männer idealen Zwecken ihr Leben weihen. Der Erfolg hat ihnen
 
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