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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Schmidkunz, Hans: Der Dilettant
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0228

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Drillinge. Oon Julius Adam.

Pbotograpbieverlag der Photographischen Union in München.

Wer Dilettant.

von Or. tzanK

obald über ungünstige Verhältnisse in irgend einer
Kunst oder Wissenschaft, über ihre mangelhafte
Fortentwicklung oder ihren Verfall geklagt wird, wendet
sich der Unmut besonders gern gegen die sogenannten
Dilettanten und Pfuscher, die durch ihr falsches Urteil
und ihre unbefugte Mitwirkung das Beste verdürben.
Tie Klage ist heftig genug und der Anschein ihrer Be-
rechtigung groß genug, daß es geraten sein dürfte, der
Angelegenheit einmal auf den Grund zu sehen. Nun
giebt es aber Dilettanten überall, d. h. gegenüber allen
eigentümlichen Thätigkcitcn; und in den meisten von diesen
kehren die Feindseligkeiten der Meister gegen die Ein-
dringlinge wider. So verschiedene Thätigkeiten es hier
auch gilt, wird doch Wohl, was den Dilettanten zum
Dilettanten macht, in ihnen wesentlich das Gleiche sein.
Allerdings ist ein Gebiet der vorzügliche Tummelplatz
jener Eindringlinge und die häufigste Grundlage für
Verhandlungen über ihre Sünden und ihre Rechte: die
bildende Kunst. Danach wollen auch wir den Dilettan-
tismus zwar zunächst ohne Unterscheidung seiner Pro-
vinzen beleuchten, in der Hauptsache aber mit ihm auf
sein Lieblingsfeld, die Bildkunst, zurückkchren. Auf
diesem vornehmlich hat ihn ein Kenner behandelt, der
uns in der folgenden eigenen Darstellung unterstützen
soll: Goethe, der dazu wah-haft berufen war und der
fraglichen Erscheinung vielleicht gründlicher als je einer
zu Leibe gegangen ist („Über den Dilettantismus",
vom Jahr 1799).

Fragen wir, was man denn eigentlich meint, wenn man
von Dilettantismus, von einer dilettantischen Leiitungu. s. w.

spricht, so scheint darunter fürs erste ein niedrigerer Grad
im Geleisteten verstanden zu werden. Der Dilettant
mache eben schlecht, was der Meister gut macht. Allein
dadurch würde der Dilettant mit dem Schüler oder
Lehrling zusammenfallen, der sich auf dem Wege zur
Meisterschaft befindet. Ist schon dieses keineswegs ge-
meint, wenn der Dilettantismus genannt wird, so zeigt
sich bei einigem Zusehen auch, daß unser Eindringling
dem einheimischen Besitzer eines Gebiets zum Teil über-
legen sein kann und ihm in der That manchmal hier
oder dort überlegen ist, wie jeder weiß, der die Ent-
wickelung irgend einer Art von Können oder Wissen auf
ihre zeitweiligen Auffrischungen durch Außenstehende
prüft. Vielmehr scheint, soweit Dilettantenarbeit der
Meisterarbcit nachsteht, dies nur eine Nebenwirkung des
Wesens jener zu sein und dieses Wesen ganz wo anders
zu liegen. Am ehesten wird vermutlich unter dem
Dilettanten der Liebhaber zu verstehen sein, schon auf
Grund der Ableitung des Namens. Allein dies sieht
so aus, als bedeutete es einen Gegensatz gegen den, der
nicht aus Liebe, sondern etwa des Erwerbs wegen schafft:
der Künstler oder sonstige Meister aber steht dem Dilet-
tanten jedenfalls in der liebenden Hingabe an seine
Beschäftigung nicht nach, übertrifft ihn sogar gerade darin am
ehesten. Man will vielmehr den Dilettanten in Gegen-
satz stellen einerseits zur großen Masse derer, die der
Kunst mehr oder minder gleichgültig fernbleiben oder sie
gar geschäftshalber betreiben, andrerseits zum kleinen
Kreis der Auserwählten, die nicht nur Liebe, sondern
auch noch etwas darüber hinaus aufzuweisen haben: und

Die rinnst für Alle XI, 12. 15. März 18Y6.

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