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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Schumann, Paul: Die akademische Kunstausstellung in Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0044

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Die Akademische Kunstausstellung in Dresden.

von Paul Schumann.


7?^ie akademische Kunstausstellung in Dresden, die am
1. September feierlich im Beisein Sr. Majestät des
Königs von Sachsen eröffnet worden ist, hat zwar nur
örtliche Bedeutung, macht aber im ganzen einen ange-
nehmen, freundlichen Eindruck. Mau hat jetzt, was
früher nur ein oder zwei Dresdener Kritiker zu sagen
wagten, auch in den maßgebenden Kreisen eingesehen,
daß die Räume des neuen akademischen Ausstellungs-
gebäudes für eine große Ausstellung zu beschränkt sind
und daß es weiser ist, von vornherein nur auf eine
kleine Ausstellung zuzukommen, als die Wände in so
unschöner Weise mit Kunstwerken zu überladen, wie es
im vorigen Jahre geschehen ist. Diese Einsicht hat sich
gelohnt, die Bilder hängen diesmal in höchstens zwei
Reihen übereinander, so daß man sie sämtlich bequem
betrachten kann und das Ganze den Eindruck einer vor-
nehmen Weiträumigkeit macht. Von 500 angemeldeten
Kunstwerken sind angenommen worden 244 Oelgemälde,
61 Aquarelle, Pastelle, Zeichnungen und Stiche, sowie
39 Bildwerke. Die Ausstellung ist auf Deutschland
beschränkt worden mit dem Hauptgedanken, die sächsischen
Künstler sowie die in Sachsen lebenden Künstler in den
Vordergrund zu bringen. Leider haben nicht alle dem
Rufe Folge leisten können. Von der Ausstellung von
Werken der Baukunst und der monumentalen Plastik ist
ebenfalls — und zwar namentlich im Hinblick auf die
große internationale Ausstellung in Dresden 1897 —
abgesehen worden. In Bezug auf die Anordnung ist
die Verbesserung zu melden, daß jedes Kunstwerk den
Namen des Künstlers ausweist.

Das bedeutendste Bild der Ausstellung ist Max
Kling ers großes Parisurteil, sein bekanntes Erst-
lingswerk auf dem Gebiete der monumentalen Malerei,
das kürzlich ein deutscher Kunstfreund angekauft hat,
damit es nicht ins Ausland gehe. Weiter ist zu nennen
Hermann Prells großes Wandbild für das Rathaus
zu Danzig, darstellend den Polensturm auf Weichsel-
münde; leider ist die temperamentvolle Schilderung in
Komposition und Farbe so ins Knäuelhafte und Regel-
lose verfallen, daß der Genuß des Bildes dadurch
wesentlich beeinträchtigt wird. Die Dresdener Kunst-
akademie vertreten weiter Friedrich Preller und
Gotthard Kühl, jener durch zwei größere Gemälde,
„An der Gotthardstraße in der Schweiz" und „Der
Athenetempel auf Ägina", dieser durch dreizehn kleinere
Bilder meist älteren Datums, die Kühls bekannte Kunst-
weise wohl hinreichend kennzeichnen, aber im ganzen
hinter den in München ausgestellten neuen Bildern
zurückstehen.

Unter den Bildnissen steht Franz Sieberts
Kniestück eines Dresdener Malers obenan; es ist ein
Meisterwerk von sprühender Lebendigkeit und so frei,
natürlich und ungezwungen in der Auffassung, wie man
es selten sieht. Siebcrt hat gleichzeitig mit Hermann
Prell die Dresdener Kunstakademie besucht, später einige
Jahre in Paris und London zugebracht. Gegenwärtig
lebt er in Dresden. Daneben ist die vortrefflich durch-
geführte Freilichtbildnisstudie eines alten Mannes von
Paul Kießling zu erwähnen, auch das schlichte und
freundliche Bildnis Johannes Schillings von Franz

Kops. In das Gebiet der Bildniskunst schlägt auch
Robert Kraußes größere Schilderung, wie Kronprinz
Albert (der jetzige König) von Sachsen am 19. August
1870 auf dem Schlachtfelde von St. Privat den Befehl
zur Übernahme der Maaß-Armee — wie Augenzeugen
berichten: mit imponierender Ruhe — in Empfang
nimmt. Mehr als ein Dutzend Bildnisse halten die
Züge der bei dem historischen Ereignis gegenwärtigen
sächsischen Offiziere fest; besonders gut ist Kronprinz
Albert getroffen. Noch ist von den älteren Dresdnern
Erwin

Öhme zu
nennen,
dessen „Ju-
denkirchhof
bei Lichten-
städt" durch
die Kraft der
Stimmung
ersetzt, was
ihm an mo-
derner Tech-
nik abgeht.

Von den
jüngeren
Dresdner
Malern,
welche die
Vereinigung
bildender
Künstler
Dresdens
bilden, zeich-
net sich
iPaul
Baum
durch eine
groß und
ernst aufge-
faßte Stim-
mungsland-
schaft, die er
„Trauer"

benannt hat, ganz besonders aus. Das Bild zeigt
einzelne verstreute kahle Bäume auf weiter matt-
begrünter Fläche und ist in reifer impressionistischer
Technik sorgfältig gemalt. Streng sich an die Natur
haltend, hat der Künstler zugleich eine eindrucksvolle
Stimmung in das Bild zu legen verstanden, welche weit
über die Stufe eines bloßen Naturalismus erhebt. Sehr
ansprechend und frisch ist auch Wilhelm G. Ritters
Motiv bei Neuostra; von Carl Bantzer sehen wir
die bekannte, preisgekrönte „Abendmahlsfeier in Hessen",
von Paul Kießling das schöne Bild der „Drei
Grazien", von dem talentvollen Georg Müller-
Breslau einen Herbststurm mit einem in wilder Schlucht
dahinziehenden Reitersmann, ein kraft- und stimmungs-
volles Gemälde romantischer Art; weiter von Berthold
Paul Förster ein farbenfrisches Landschaftsbild mit dem
Blick auf einen Teil Dresdens im Hintergrund, dann

Minnesang.

Nach einer Radierung von Heinr. Vogeler (Worpswede).
Iabresausstellung (895 der Aänstlergenoffenschaft
im Rgl. Glaspalast zu München.

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