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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Voss, Georg: Hermann Hendrich, der Maler der nordischen Göttersage
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0314

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Hermann Hendrich, der Maler der nordischen Göttersage.

Der Mxensznrgel. Von Hermann Hendrich.

Hermann Hendrich, der Maler der nordischen Göttersage.

Von Or. Eeorg Voß.

seitdem die Tondichtungen Richard Wagners den

Blick des deutschen Volkes wieder einmal zurück-
gelenkt haben auf die Gestalten der nordischen Sagen-
welt seitdem hat auch die bildende Kunst hier und da
von neuem den Versuch gewagt, die Gestalten der Götter
und Helden der altgermanischen Dichtung in Gemälden
und Illustrationen der verschiedensten Art darzustellen.
Doch ähnlich wie auf der Bühne der Wagnerschen Oper,
so scheint auch in der Malerei nur selten das schlichte
Maß der menschlichen Figur mit den gigantischen Ge-
stalten des nordischen Götterhimmels zusammenzustimmen.
Die Gestalten eines Wodan oder Thor, welche die Phan-
tasie der nordischen Barden in Wolkenbildungen des
Himmels heranziehen glaubt, sind in den alten Gesängen
nur ganz phantastisch geschildert. Daher wird jede Illu-
stration zur nordischen Mythologie, welche das leise, un-
bestimmte Ahnen des Dichters in fest umrissenen, deut-
lich gezeichneten menschlichen Gestalten zu bringen sucht,
von vornherein nur selten dem Charakter der nordischen
Göttersage entsprechen. Völlig verfehlt waren die Jllu-
strationsversuche bei denjenigen Malern, welche ihre
Aufgabe erfüllt glaubten, wenn sie die alten Götter und
Göttinnen des griechischen Olymp in Bärenfelle steckten
und mit Büffelhörnern auf dem Haupte nach Walhalla
versetzten. In den Wandgemälden des neuen Museums
in Berlin zeigt sich das Verfehlte dieser Anschauungs-
weise besonders deutlich.

Neue Bahnen hat dagegen seit etwa zehn Jahren
der Maler Hermann Hendrich in der Darstellung

der nordischen Sagenwelt betreten. Hendrich ist vor
allem Landschaftsmaler. Hendrich ist der Erste, welcher
den Versuch gemacht hat, die Götter und Nixen der germani-
schen Dichtung nicht als festgeformte Gestalten, sondern als
phantastische Farbengebilde im Spiel der Wellen oder im Zug
der Wolken zu malen. Arnold Böcklin hatte dies mit den
Gestalten der griechischen Fabelwelt gethan, auch Max
Klinger und einige andere jüngere Maler. Böcklin hatte
z. B. den Prometheus dargestellt wie ein riesenhaftes
Gewölk, das auf den Höhen des Kaukasus lagert, Hen-
drich nimmt denselben Gedanken auf und malt die schlum-
mernde Brunhilde wie einen mächtigen, lang hingestreckten
Wolkenschleier auf den schneebedeckten Höhen eines nor-
dischen Felsplateaus. Der Sonnenstrahl, welcher in die
dunkle Tiefe einer Phantastischen Felsschlucht hineinfällt,
nimmt in den Augen Hendrichs Form und Farbe einer
Nixen- oder Feengestalt an. Aus der Höhe der Wolken
herab schwingt Thor den Hammer gegen das riesenhafte
Ungetüm der Midgartschlange, deren blaugrün schillernder
Schuppenpanzer aus den Wellen der Springflut hervor-
blitzt. Von demselben Geist erfüllt sind auch die Bilder,
welche Hendrich zu den Skaldengesängen des Grafen
Philipp Eulenburg gemalt hat. Eines der umfang-
reichsten dieser Bilder hat bereits vor mehreren Jahren
der deutsche Kaiser angekauft, der den Künstler auf
seiner dornenvollen Laufbahn überhaupt vielfach gefördert
hat. Einige für den Künstler besonders charakteristische
Bilder findet der Leser in diesem Hefte, eine weit aus-
gedehntere Auswahl aus Hendrichs Bildern zu den
 
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