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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Barth, Hans: Von italienischer Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0456

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von italienischer Kunst.

ZSO

Im Sonnenschein, von Max Thedy.

Von italienischer Aunft.

nd da jammert man über den Verfall des Geschmacks,
den Niedergang des Mäcenatentums, die Kunstfeind-
lichkeit und Prosa der Zeit, wenn im schönen Italien
die Städte sich in der Aufstellung immer neuer Denk-
mäler überbieten! Mag die Not noch so vernehmlich
an die Thüre pochen, der Horizont mit den Wolken
einer traurigen Notwendigkeit bedeckt sein — das fröh-
liche Völklein des Apenninenlandes hat sich bis auf den
heutigen Tag etwas vom heiligen Feuer des goldenen
Zeitalters bewahrt. Daß die Schule gewöhnlich im
Argen liegt, daß der biedere »popolano« — der Mann
aus dem Volke — kaum lesen und schreiben kann (wenn
er es überhaupt kann) — was thut's? Ist die Kunst,
die dem Volke tagtäglich vor Augen und Ohren geführt
wird, ist Kirche, Oper, ist Malerei und Plastik nicht
auch eine Schule? Vielleicht sogar noch eine bessere,
als jene andere; jedenfalls eine Schule, deren Lehren
dem Italiener aller Klassen in Fleisch und Blut über-
gegangen sind, die selbst dem Ungebildetsten, dem
»laacllinor und »carrettisre« verbieten, nach gutem
deutschen Plebejerbrauch die öffentlichen Statuen zu be-
schmutzen oder — exeinpla clocent — mit Steinen
und Knüppeln zu bearbeiten. — Item: es vergeht fast
keine Woche, ohne daß man von enthüllten oder zu ent-
hüllenden neuen Monumenten hört, die natürlich nicht
durchweg Viktor Emanuel oder Garibaldi gelten, sondern
auch kleineren und Lokal-Größen im Duodezformat, von

Nicotera abwärts .... Dem vortrefflichen Viktor
Emanuel-Denkmal Ercole Rosas in Mailand, über
das wir neulich berichtet, wird binnen kurzem ein soeben
von Bastianelli-Rom in Bronze gegossenes kolossales
Reiterstandbild des »Ue §alantuomo« von Alessandro
Balzico folgen. Das für die Piazza del Municipio
von Neapel bestimmte Denkmal (6,60 m) stellt den
König, wie üblich, in der piemontesischen Generalsuniform
dar, wie er plötzlich das galoppierende Pferd zurückwirft —
eine Haltung, die nicht eben sehr originell ist, aber durch
die großartige Ausführung von Reiter und Pferd wirkt.
Das erwähnte Viktor Emanuel-Standbild ist übrigens
das größte, das bisher in Italien gegossen wurde; an
die kraftvolle und geniale Arbeit Ercole Rosas in Mai-
land reicht es freilich nicht hinan. — Daß anerkannte
Meister oft ins Mittelmäßige fallen, hat Monteverde
leider schon im letzten römischen Salon gezeigt, wo er
eine geradezu unglaublich rohe Büste eines römischen Pa-
triziers — ich glaube, des alten Caetani di Sermoneta —
ausstellte. Der neue „realistische" Weg, den Monteverde
einschlug, schien ihm zu behagen, und so hat er denn für
Bologna eine Minghetti-Statue geschaffen, die Castans
Panoptikum alle Ehre machen würde. Der alte Ming-
hetti — der bekanntlich mehrfach Minister und nebenbei
Haupt der Rechten - im Parlament war — steht da, wie
ein methodistischer Reiseprediger, in der linken Hand die
Angströhre und den Überrock über dem Arm, die Rechte
 
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