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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Graul, Richard: Adolph Menzel: zum 80. Geburtstag des Meisters, 8. Dezember 1895
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0110

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von vr.'Richa rd^G'rau l.

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Frirdrich der Große aus Reisen, von Adolph Menzel (4354).

worden ist, so boten sie dem Künstler doch keine rechte Befriedigung. Er erkannte, daß der malerische Charakter,
den die Ätzkunst fordert, seinem mehr zeichnerischen Fühlen entgegen war.

Auch in Menzels Malerei herrschten besonders in den 40 er Jahren die zeichnerischen Qualitäten vor.
Wenn er malt, malt er mit zeichnerischem Bedacht, aufmerksam auf das Kleinste, auf jede Besonderheit, wie in
der Charakteristik seiner lebendigen Köpfe, so in der deutlichen Durchführung des Gerätes. In den Bildern
der Fünfzigerjahre, in den großen wie „Die Schlacht bei Hochkirch", wie in den kleinen „Tafelrunde", „Flöten-
konzert" herrscht eine etwas beschränkte monotone Farbenskala vor. Später heitert sich seine Palette auf und
mit sichtlicher Freude stellt sich der Künstler Lichtprobleme. In all feinen gemalten Werken tritt Menzels
Freude am Ausdrucksvollen, am charakteristischen Detail hervor, und zuweilen ist diese Vorliebe am Ausmalen
der Bewegungen größer als es die geschlossene Bildwirkung, die Harmonie, verträgt.

Als Zeichner hat sich Menzel die Herrschaft über die malerischen Mittel erworben; zu den Malern
aus rein malerischer Anschauung gehörte er nicht. Am besten malt er daher auch, wo der Pinsel zum Zeichnen
verleitet, im Aquarelle, in der Gouache und was er darin geleistet hat, wird allezeit Bewunderung finden.
Und ebenso malerisch wirken auch Menzels berühmte Versuche mit Pinsel und Schabeisen, jene Lithographien,
oie 1851 in Berlin herauskamen. Was in diesen wenigen Blättern auf dem lithographischen Stein geleistet
worden ist, stellt das Vollendetste dar, das die deutsche Originallithographie überhaupt hervorgebracht hat. Be-
säßen wir es nicht, die Geschichte der künstlerischen Lithographie in Deutschland gliche einem Feldzuge ohne Siege.

Von welcher Seite wir auch an das Werk Menzels herantreten, die unverbrüchliche Wahrheitsliebe
wird uns immer gefangen nehmen. Der Mann, der, um gut vorbereitet zu sein, die Uniformknöpfe mit dem
Zirkel maß, wird, was immer ihn künstlerisch reizen mag, gewissenhaft, gründlich, wahrhaftig zu erfassen
suchen. Nichts entzieht sich seinem künstlerischen Freimut, er am wenigsten wird schmeicheln, selbst wenn
er anmutiger Weiblichkeit gegenübersteht. Der nüchternen Schärfe seines Auges entgeht nichts, und vor keiner
Schwierigkeit scheut seine Meisterschaft zurück. Aus allem und jedem, das sich ihm bietet, macht er sich eine
Aufgabe, die zeichnerisch zu bezwingen er sein Bestes einsetzt. Mit dem Sinne eines wissenschaftlich analysirenden
Forschers geht er an die Dinge, und ruht nicht eher, bis seine Hände — Menzel arbeitet ja mit der Linken
so geschickt wie mit der Rechten — ein Dokument künstlerischer Anschauung mehr niedergeschrieben haben. Wer
so wie Menzel durch die Welt geht und an allem die Schärfe seiner Auffassung übt, macht nichts Verlorenes.
Mit Anspannung seiner ganzen geistigen Kraft beobachtet er und zeichnet er; er zeichnet bewußt, geistvoll und

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