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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Pecht, Friedrich: Weihnachtsbücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0144

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Weihnachtsbücherschau.

N0

doch dem Werke der Ruf zur Seite, daß es eine der sorgfältigsten
Zusammenfassung alles dessen ist, was wir über die griechische
Plastik als der Haupt-Repräsentantin des derzeitigen Kunstlebens
wissen. In der Neuausgabe sind die Resultate der stets fort-
schreitenden Forschung bis auf die Jüngstzeit berücksichtigt und
verarbeitet worden daraufhin, ob sie unter Umständen zu neuen
für die Entwicklungsgeschichte der griechischen Plastik wichtigen Ge-
sichtspunkten führen könnten. Von Seiten des Verlegers ist
dem Werke, was den illustrativen Teil anbelangt, eine besondere
Aufmerksamkeit zugewendet worden. Die Zahl der Abbildungen
ist gegen früher erheblich vermehrt und manches unzulängliche
Bild ist durch ein neues, besseres ersetzt morden.

Eigentlich etwas spät erscheint
ein neues (7.) Separatheft der
unseren Lesern bestens bekannten
Zeitschrift „Liebhaberkünste"

(München, R.Oldenbourg, 3M.),
das erst in seiner Nutzbar-
machung so recht für den Weih-
nachtstisch geeignet sein kann.

Es beschäftigt sich nämlich mit
Kindermöbeln u. Spiel-
sachen und bietet in 12
Blättern größten Formats
ausgezeichnete Vorlagen
für deren Herstellung.

Allen denen, welche die
„Liebhaberkünste" noch
nicht kennen, sei bei
dieser Gelegenheit die
von R. von Seydlitz
trefflich geleitete
Zeitschrift auf das
Wärmste empfoh-
len. Allen dilet-
tierenden Männ-
lein und Weib-
lein, ob groß
oder klein, bietet
sie so vielerlei
Anregung, daß
sich ein Abonne-
ment bestens
lohnt. — Mit der

Gestaltung und Ausschmückung des modernen Hauses in all seinen
Einzelheiten beschäftigt sich eine Publikation des bestens bekannten
kunstgewerblichen Verlages von Alexander Koch in Darmstadt.
Die „Moderne I n n e n - D e k o r a t i o n" ist vor allen
Dingen ein Vorlagenwerk für solche, welchen weniger an Text-
Abhandlungen gelegen ist, wie daran, durch das Studieren von
Vorlagen mannigfaltigster Art einen vielseitigen Ueberblick über
das moderne Kunstgewerbe, wie es zur Einrichtung und Aus-
schmückung der Wohn- und Nutzräume herangezogen wird, zu
gewinnen. Die einzelnen Tafeln des Werkes entstammen den
letzten Jahrgängen der im gleichen Verlage erscheinenden „Zeit-
schrift für Jnnen-Dekoration"; eine Fortsetzung der Publikation,
die auch für den Laien großes Interesse hat, welcher der modemen
Wohnung-Einrichtungsfrage nicht teilnamslos gegenübersteht und
sich in dieser Beziehung vorkommendensalls nicht nur auf den
ihm gerade zur Verfügung stehenden Handwerker verläßt, ist in
etwa zweijährigen Zwischenräumen geplant.

Der Verlag von Gebrüder Paetel in Berlin publizierte
eine Neuausgabe der Erzählung „Und sie kommt doch!", von
WilheImine von Hillern (5 M.). Das Erscheinen der vierten
Auflage ist allein schon ein Beweis dafür, daß dieses Buch,
das eine der besten historischen Erzählungen in der modernen
Belletristik bedeutet, eine nachhaltige Aufnahme beim Lesepublikum
gefunden hat. „Titellos" hat Billamaria einen Novellen-
band (4 M.) in die Welt gesandt. Eme wohlthuende Behag-
lichkeit umfängt den Leser bei der Lektüre der darin enthaltenen
sechs Erzählungen, die in ihrer Verschiedenheit ein gutes Charak-
terisierungsvermögen der Verfasserin bekunden. Daß sich unter
dem Pseudonym AdalbertMeinhardtwie auch bei Billamaria
ein Schriftsteller weiblichen Geschlechts verbirgt, ist seit Jahren
bekannt. Unter dem Titel „Mimen" (4 M.) veröffentlicht Mein-
hardt jetzt eine Anzahl Novellen, welche die Form von Zwie-
gesprächen tragen und dadurch für den Leser einen ungemein
lebendigen Charakter haben und für ihn wie Selbsterlebtes
ivirken. Einen neuen Autor von starkem Talent hat der Paetelsche

Drr Dornausxirher.

Lrzstatuette im Besitz des Herrn von Rothschild in ssaris.
(Illustrationsprobe aus „Voerbeck, Geschichte

Verlag in Georg Bormann gewonnen, der seiner ersten in
der Renaissancezeit spielenden Geschichte „Am Hofe zu Mailand"
im Laufe dieses Jahres drei neue Bücher: „Bande des Bluts"

(5 M.), „Die Stunde kommt" (4 M.), „Meer und Heide"

(2 M-), hat folgen lassen. Die Stoffe aller drei Erzählungen
hat der Verfasser dem uns umgebenden, frisch pulsierenden Leben
entnommen und sie in feinen psychologischen Analysen mit außer-
gewöhnlichem Charakterisierungsvermögen zu Scköpfungen aus-
gestaltet, die eines tieferen Eindruckes bei der Lektüre nicht ent-
behren. — Einer besonderen Beliebtheit als Sammlung kleinerer
Geschenkwerke hat sich von jeher Paetels Miniatur-Aus-
gaben-Kollektion (pro Band gebd. 3 M.) erfreut. In Neu-
Auflagen liegen Heuer vor: Theodor Storms „Im Sonnen-
schein", Marie Petersen „Die Irrlichter", Gustav zu
Putlitz „Was sich der Wald erzählt" und Hermine von
Hillern „Höher als die Kirche", alle vier Werke Schöpf-
ungen, die sich ihr Bürgerrecht in der zeitgenössischen Belletristik
nicht erst zu erwerben brauchen. Unter dem Titel „Rote Erde"
von Julius Petri (4 M.) bietet Erich Schmidt, der dem
Autor zu seinen Lebzeiten als akademischer Lehrer nahe gestanden
hat, die litterarischen Erstlinge eines Frühvollendeten, der in
seinen Arbeiten manches Mal noch den ungegohrenen Geist der
Jugend zeigend, in ihnen doch ein kräftiges Talent erkennen
läßt. In seinem ganzen Wesen stark in der heimatlichen „roten
Erde" wurzelnd, hätte der junge Autor cs gewiß einmal zu
großen, nicht nur äußeren, sondern auch litterarischen Erfolgen ge-
bracht. — Aus dem Nachlasse Theodor Billroths hat Eduard
Hanslick unter drin Titel „Wer ist musikalisch?" (3 M.) eine
Schrift veröffentlicht, in der der Verfasser die litterarischen Früchte
von Studien sammelt, die ihn außerhalb seiner eigentlichen wissen-
schaftlichen Thätigkeit in den durch Ferien oder sonstwie gebotenen
Mußestunden beschäftigt haben. Für Billrolh war die Musik die
treue Begleiterin durchs Leben; gründlich musikalisch gebildet, war
er als großer Physiologe in besonderer Weise berufen, wie Hanslick
sagt, das geheimnisvolle Grenzgebiet zu beleuchten, auf welchem
musikalische Wirkungen mit unserem Nervenleben zusammentreffen.

Zwei ständige Gäste des Weihnachlsbüchertisches haben sich
auch Heuer mit neuen Gaben eingestellt: Georg Ebers und Paul
Heyse. Die Nebeneinanderstellung dieser beiden Namen bedeutet,
wie bisher einen litterarischen Gegensatz. Georg Ebers bietet
uns in seinem Roman, den er „Im blauen Hecht" betitelt
(Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt geb. 6 M.) ein Kulturbild
aus dem 16. Jahrhundert, das in seinen Einzelheiten mit all
der Meisterschaft gezeichnet ist, die den Werken dieses Schrift-
stellers ihren eigenartigen Reiz verleiht. Mit poetischem Blick
erschaut und mit der Hand des Meisters geformt, dient dieses
Bild als Folie einer Erzählung, die in ihrem romantischen Motiv,
der Liebe eines reichen Patriziers zu einer unglücklichen Seil-
tänzerin, einer menschlichen Anteilnahme von vornherein nicht
ermangelt. Die neueste Schöpfung Ebers ist reich an dichterischen
Schönheiten und wird allen Freunden und Verehrern des Meisters
ein echtes Entzücken bereiten. Nicht minder aber auch wird dies
der Fall sein bei Paul Heyses neuem Roman „lieber allen
Gipfeln" (Berlin, W. Hertz, geb. 6 M). Es ist schwer, in
knappen Worten etwas zu sagen, das den Zauber definierte, den
auch diese neueste Schöpfung Heyses auf den Leser ausübt. Der
Wohllaut der Sprache wirkt wie Musik; die vornehme Gesinnung,
von der die ganze Darstellung durchweht ist und die in der
Schürzung und Lösung des Knotens der an einem kleinen deutschen
Fürstenhose spielenden Handlung zur Geltung kommt, macht
den Inhalt des Romans zu einem höchst segelnden, der die alt-
bekannte Kunst des Erzählers und Dichters in Hellem Glanze zeigt.

Ihren früher publizierten illustrierten Ausgaben Gang-
hoferscher Schriften hat die Verlagshandlung von Adolf
Bonz L Co. eine Neuauflage von desselben Verfassers zwei-
bändigem Roman „Schloß Hubertus" (2 Bde. geb. 12 M.)
folgen lassen, dessen Illustration Hugo Engel besorgt hat.
Es ist unstreitig, daß das Talent dieses Künstlers mit jeder
neuen Aufgabe wächst, vor die er gestellt worden ist. In der vor-
liegenden Publikation bilden die Engelschen Zeichnungen einen ent-
zückenden Schmnck des Ganzen, schade nur, daß durch die Wahl eines
für Autotypie-Reproduktionen nicht gut druckfähigen Papiers der
Reiz der einzelnen Bilder in der Druckwiedergabe etwas gelitten hat.

Zwei recht gediegene belletristische Novitäten hat der Ver-
lag von Fr. Wilhelm Grunow in Leipzig gebracht. Die eine
davon, „Licht und Schatten" von Charlotte Niese (geb.
5 M.) ist eine Hamburger Geschichte aus dem Cholerajahr 1892.
Daß sie am Ort der Handlung stark begehrt werden wird, des
sind wir gewiß, ist doch den Bewohnern der alten Hanse-
 
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