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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Neujahrskarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0153

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Neujahrskarten.

N?

sich ihren Freunden und
Gönnern ins Gedächtnis
rufen. Längst ist es in
Künstlerkreisen Sitte, ihre
Gäste mit Tischkarten, von
der Hand des Hausherrn
gezeichnet, zu erfreuen, die
in besonderen Fällen sogar
mit Originalzeichnungen
desselben versehen sind,
oder Anzeigen eines freu-
digen Familienereignifses
in künstlerischem Gewand
zu versenden. Die Er-
weiterung dieses schönen
Brauches auf die Neu-
jahrskarten ist deshalb
freudig zu begrüßen.

Düsseldorfer Künstler sind mit dem guten Beispiel
vorangegangen; voriges Jahr hat auch bei uns in
München der liebenswürdige Darsteller der Empirezeit,
Franz Simm, hierin den Anfang gemacht, und wie
aus der nebenstehenden Nachbildung ersichtlich ist, mit
vielem Glück. Einer Kalesche entsteigt die reizend jugend-
liche Gestalt des neuen Jahres, in ihrer Hand ein
Körbchen mit all dem Wertvollen und Ersehnten, das
es bringen kann, gefüllt; ein Lakai öffnet dienstbereit
den Wagenschlag, während der alte Kutscher die Zügel
hält. In den Strahlen der Wagenlaterne, welche die
Gruppe beleuchtet, stehen die den Zweck der Darstellung
erläuternden Worte. — Unter den Zusendungen von Neu-
jahrskarten, welche die Redaktion dieses Blattes infolge
ihres Aufrufes erhielt, befindet sich auch eine reizvolle
Radierung von H. v. Berlepsch, eine schneebedeckte
Winterlandschaft mit einer Pappelallee, die sich endlos
im fernen Nebel verliert; im Vordergründe ist die
Jahreszahl in den Schnee gezeichnet. Ähnlich sehen
wir es auf der reproduzierten Karte von A. Beyer

(Tarmstadt). Auch
G. Dieckmann
(Hannover) hat
zu seinem Neu-
jahrsgruß die Ra-
dierung gewählt,
eine Technik, die
zu diesem Zweck
die am besten ge-
eignete zu sein
scheint; sie ist ja
unter allen Repro-
duktionsarten die
künstlerischste und
kostbarste. Vielen
Künstlern liegt die
Federzeichnung,
als die einfachste,
näher, wie die hu-
morvollen Karten
von C. Gehrts
(Düsseldorf) und
R. Eddelbüttel
(Berlin) zeigen;
Larl Gcbrts sec. der elftere läßt sein

Heinzelmännchen aus dem
beschneiten Nistkästchen auf
gut plattdeutsch „Prrost
Neejoar" rufen, der letz-
tere bringt einen kleinen
Bengel, der, militärisch
grüßend, sich dem alten
Uhraufzieher mit den
Worten: „Herr Zeitjeist,
ick melde mir!" echt Ber-
linerisch als neues Jahr
vorstellt.

Jutz, der bekannte
Maler des Hühnerhofes,
giebt in seiner Karte auch
noch Knittelverse zum
Besten; seine Freunde
Adolf Beyer l-c. würden aber gewiß mit
Vergnügen sehen, wenn er wieder, wenn auch nur
gezeichnetes, Federvieh zum Jahreswechsel ins Haus
fliegen ließe.


Lnte gut, AlleF gut!

Sagt künftig Jemand, der Inh ist wieder los
Mit Neujahrsvögeln, ist's 'ne Lnte blos l
Denn ein für alle mal „Glück auf bis ;goo!"
Kräh' ich Luch an und sag', wenn Ihr Luch wundert:
„Die Reichspost nicht — die Briefträger zu entlaste»,
Sperr' ich mein Federvieh jetzt in den Lasten,

Und „Lnte" wird fortan, merkt's Luch, Ihr Lieben,
vom Freunde Jutz mit zartem d" geschrieben!".

Den übrigen Zusendern sei hier wiederholt gedankt;
eine Reproduktion sämtlicher Karten mußte wegen Platz-
mangels leider unterbleiben. Ihre Neujahrskarten haben
uns alle hoch erfreut und wenn wir auch nicht Gleiches
mit Gleichem vergelten können, so rufen wir ihnen nicht
minder herzlich „Prosit Neujahr" zu, und Vivnnt
seiguentes! denjenigen, welche durch das gegebene Bei-
spiel dazu angeregt werden, in den nächsten Jahren sich
dem kleinen Kreise anzuschließen. c. ^v.
 
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