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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Barth, Hans: Die Römische Kunstausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0199

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^5-4 vr. kan

Farbengebung und mit ihren rothaarigen, berückenden
Nixen. Nicht vergessen sei übrigens auch das der
Odyssee entnommene und markig und derb durchgeführte
Marinesujet von I. Hoffmann (Neapel) mit auf dem
Felsriff hockenden Sirenen, die durch Fackelschein und
das Blasen auf Muschelhörnern den dahersegelnden Drei-
ruderer ins Verderben locken — ins Verderben, wie so
viele andere Schiffe vor ihm, deren Gerippe gespenstig
aus der Brandung hervorragen. Zwischen Landschaft
und Genre stehen Benlliures im architektonischen De-

Wieland der Schmied, von lkloriz von Schwind Jsso).

tail geradezu meisterhaft durchgeführte Studien aus Assisi,
Tusquets „Kirchportal", „Nach der Messe" u. a. Den
Reigen im Genre eröffnen zwei Maler der Antike, be-
ziehungsweise des Mythologischen: Enrico Colemann
mit seinem Aquarell-Karton über den Fluß setzender
Amazonen (ein kraftvoll aufgefaßtes und durchgeführtes
Bild) und Bompiani mit seinen Volksscenen aus dem
alten Rom. Es folgt das moderne Genre, das, wie
immer, durch Dall'Oca Bianca, Joris, Lance-
rotto u. a. vorzüglich vertreten ist. Von dem Römer
Joris bewundern wir wieder eine Reihe seiner so un-
endlich fein und fleißig ausgeführten charakteristischen
Genrebildchen aus Rom, Frascati u. s. w. Lancerotto
zaubert uns seine sinnverwirrenden Venezianerinnen vor
die Augen — dralle Weiber aus dem Volke, den Säug-
ling an der Brust, Damen der Gesellschaft mit all dem
süßen, gefährlichen Gifte der italienischen »lamme cke
trente UN8«. Dann Angelo dall'Oca Bianca, der

s Barth.

junge Veroneser, dessen Name in Deutschland längst zu
den angesehensten und geachtesten gehört: diesmal bringt
uns Dali' Oca Bianca neben einem goldhaarigen Modell-
chen mit entblößtem Oberleib zwei Genrebilder: ».-^mme
assolte«, ein paar von der Beichte kommende und die
Kirchenstufen herabtrippelnde junge Dirnen mit herzlich
vergnügten Gesichtchen: dann einen Sonnenuntergang, ein
wahres Juwel. Die letzten Strahlen der Abendsonne
leuchten noch auf dem rötlichen Marmor eines Kirchen-
portales, das sich bereits langsam in Schatten zu hüllen
beginnt, während müden Schrittes ein greiser Geistlicher
über den Platz hinschreitet. Ein Bild, das — ein
Meisterstück im Kolorit, wie in der unglaublich feinen
Ausführung des Architektonischen — auch außerhalb
Roms Aufsehen erregen wird. Als einziger Deutscher
stellt hier Max Fleischer aus, von dem die „Kunst für
Alle" s. Z. mehrere Werke reproduziert hat. Der seit
einem Jahr in Rom ansässige Künstler, seiner Natur
nach der geborene „Secessionist", bietet diesmal treff-
liche Volkstypen aus Capri und Aktstudien dar. — Im
Porträt finden wir gleich einen .... Alma Tan-
dems. Weiß der Himmel, wie das natürlich vortreff-
liche Porträt des Bildhauers Amendola in diese römische
Ausstellung kommt! Neben den alljährlich wiederkehrenden
übrigens recht tüchtigen Italienern Mancini, Vannu-
telli, Ferrari u. a. begegnen wir einem genial gezeich-
neten und ebenso gemalten Tamenporträt von Schuster-
Woldan (München), einigen köstlichen Mädchenbildnissen
von Soldaticz, weiteren guten Damenporträts von
Thiele, Roß u. a. Ob des Neapolitaners Vincenzo
Jerace Michelangeleske, mystische gewaltige Phantasie-
gebilde hierher gehören? Eine Reihe von Stilleben und
Blumenstücken — die zum Teil dem Pinsel Herminc
von Preuschens, zum Teil auch dem der Norwegerin
M. Bödtker entstammen — mögen unsere durch den
Raum beschränkte, flüchtige Übersicht beschließen.

In der Skulptur ist es diesmal der Name des
jungen, aber mit Recht bereits mehr als bloß „bekannt"
gewordenen Süditalieners Cifariello, der das haupt-
sächlichste Interesse auf sich vereinigt. Cifariello — der
im Vorjahre wegen angeblichen Plagiats von der Venezia-
nischen Kunstausstellung Ausgeschlossene — hat seine Re-
vanche genommen, und was für eine Revanche! Nach
Venedig hatte der Künstler einen Fakirkopf gesandt,
den seine Neider als Naturabguß nach dem Kopfe eines
im Spital gestorbenen Negers bezeichneten; Cifariello
modellierte nun ein 40 cm hohes Fakirfigürchen, das
nicht nur bis ins allergeringste Detail die Züge jenes
Kopfes trägt, sondern in der Ausführung des ganzen
Körpers das Beste, realistisch Vollkommenste ist, was
jemals in dieser Art geleistet worden. Cifariellos Feinde
beeilten sich nun, öffentlich Abbitte zu thun, um nicht
unter den Verleumdungsparagraphen zu fallen. Einige
leicht bemalte, fast unheimlich lebenswahre Büsten, sowie
die Statue eines Ringers, ebenfalls von Cifariello, ge-
hören unstreitig zu den besten nicht nur der römischen,
sondern der letzten italienischen Ausstellungen überhaupt.
Von dramatischer Wirkung ist ferner Meirichs Gruppe
von „Adam und Eva mit dem toten Abel", sowie die
Statue „Des Mägdleins Klage" von Josef v. Kopf, der
außerdem eine Reihe seiner vortrefflichen Porträts
(Björnsterne Björnson, Barabino, Gerhardt u. a.) aus-
stellt. Weitere Porträts — wir führen nur die ge-
 
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