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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Die Frühjahr-Ausstellung der Münchener Secession 1896
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0291

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Die Frükjakr-Ausstellung der Münchener Secession ,8<>k.

mehr den Stempel des absichtlich Auffälligen, des an die Grenze
der Bizarrerie reichenden, das mit der künstlerischen Aus-
bildung des Plakatwefens notwendig Hand in Hand gehen
muß. Sie tragen den Charakter des für den Augenblick
Berechneten an sich; sie sind wie geflügelte Worte, die im
Nn den Weg durch den Mund Aller machen, um binnen
kürzester Zeit durch anderes überboten zu werden. Sie ver-
halten sich zur ernsten, strengen Kunst wie sich Feuilletons
zu wahren Dichtungen verhalten; sie sind wie schillernde
Blumenbouquets, deren Bestandteile, an Drähten befestigt,
schnell verwelken, künstlerische Eintagsfliegen, die gleichwohl
in der Geschichte der Kunst unserer Tage ein reiches, vor
allem ein amüsantes Kapitel bilden. Dahin zählen die Blätter
von Aubrey Beardsley, deFeure, H. Paul, Toulouse-
Lautrec. Interessant wäre es zweifelsohne gewesen, ver-
wandte Arbeiten, wie sie gerade in letzter Zeit vielfach in
München durch die Anregung der „Jugend" und des „Sim-
plizissimus", der großen akademischen Kneipen u. s. w. ent-
standen sind, in Parallele gesetzt zu sehen. Gerade da hat
sich gezeigt, welcher Überschuß von künstlerischer Kraft bei
uns vorhanden ist, wenn die Möglichkeit der Verwertung
geboten ist. Stucks Plakat für die Secession z. B. braucht
keinen Vergleich zu scheuen.

In der nämlichen Gruppe sind auch äußerst inter-
essante Proben von Holzfarbendruck, die Henri Riviere

zum Autor haben,

Schäferin, von Fritz siegenbart.

Träumerei, von Rudolf Nißl.

Frübjabr-Ausstellung (896 des Vereins bildender Künstler
(„Secession") in München.

vorgeführt, wie
sich denn auch
eine Reihe von
Radisten mit be-
merkenswerten

Arbeiten angeschlossen haben, so Eugene Bejot, Valere Bernard,
M. Eliot (reizende, farbige Radierung), CH. Huard, Maxime
Maufra. Von deutschen Künstlern, die auf dem Gebiete der gra-
phischen Künste treffliches leisten, gibt in erster Linie die zahlreiche
Kollektion von Steindrucken Hans Thomas sehr schöne Proben; von
deutschen Aquafortisten wären zu nennen F. Hollenberg, Stuttgart,
Heinrich Eickmann, Fr. Krüger und Meyer-Cassel, München.
Als Zeichner ragt Otto Greiner, München, ganz besonders hervor.

Und nun noch ein Wort über die Bilder der Deutschen, be-
ziehungsweise der Münchener. Ich sag es noch einmal und möchte
das Wort gerade hier dick, knüppeldick, unterstrichen wissen: De Zustibus
non est ckispuwnckum. Man kann niemandem sagen: „Mal so oder
mal so". Eine Besprechung, die solcher Tendenz folgt, ist von Anfang
an auf dem Holzwege. Anderseits aber muß ebenso gut das vielfach
kategorisch durchzufühlende „Knie nieder und bet' an" manchen Arbeiten
gegenüber denn doch sehr in Erwägung gezogen werden. Überlegenes
Lächeln, wie es aus manchem Bildrahmen hervorzuwinken scheint, ist
nicht immer gleichbedeutend mit wirklicher Potenz. Noch sind ihr nicht
die Rechte aberkannt, aber doch will es scheinen, als sollte dem Im-
promptu — das übrigens auch Abstufungen hat — das erste Wort
bleiben, das Schauspielerhaste, dessen Vordringen aus der Bühne leider
mehr und mehr zum Faktum wird, auch in der bildenden Kunst zu
Amt und Ehren kommen, der wahre Ernst aber dagegen in den Hinter-
grund gedrängt werden. Wilhelm Diez, an den auch heute in München
wenige als Zeichner heranreichen, sagte gelegentlich zu einem Schüler:
„Schauns, wenn Sie die Sach halt nicht ernsthaft nehmen, so bleibens
 
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