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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Vincenti, Carl Ferdinand von: Die Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause
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von^Tarl von Vincenti.

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bleibt auf der Höhe, Clemens v. Pausinger, Trentin,
Mehoffer erhalten sich in Gunst, Alois Schornböck
ist derzeit der gesuchteste Porträtist der ungarischen
Aristokratie geworden.

Auch die zwei Frühlings-Panneaux von Johann
Krämer (Mitglied der Kommission) sind durch frühlings-
hafte Bildnisgestalten belebt; lieber wären mir seine
beiden anderen, koloristisch so ganz anders behandelten
Bilder aus Taormina, das inbrünstige Liebespaar bei
Mondaufgang und
die lesende Taormine-
sin. Temples ge-
lungene Atelier-In-
terieurs haben gleich-
falls ernsthaften An-
spruch auf Bildnis-
Hastigkeit ; sowohl
Bildhauer Weyr als
Medailleur Scharst
mit ihren Freunden
bilden lebensvolle
Porträtgruppen; in
der Bildnerwerkstatt
ist die Wirkung, dem
Ton entsprechend,

Heller, lauter, im
Kat.nett des Me-
dailleurs gedämpfter,
gehaltener. Molls
Lübecker Motive (aus
dem Versorgungs-
hause, im Hafen u.

. w.) sind vortrefflich
in Beobachtung und
Ton. Veith bringt
ein reizvolles Bild
„Jungbrunnen":'
der alte König, dem
blühendste Weiblich-
keit zugeführt wird, in
einem berauschenden
Märchen-Interieur
mit goldener Tiefe,
funkelnd, wie von
Edelsteinen, wo-
runter der köstlichste
ein schwanenflaumi-
ger Mädchenleib an einen Geharnischten geschmiegt;
Stachiewicz, der Grisaillemaler anmutiger Marien-
legenden, ist mit einem Polnischen Säemann vertreten,
derbere Kost als sonst, aber gesund. Die rauchenden
Asylgreise des Antwerpens Dierckx in ihrem Ver-
sorgungs-Interieur sind eines der besten Sittengemälde
der Ausstellung; ich möchte noch Kurzweils „Genesen",
Bernatziks stimmungsvollen „Abschied", Baron
Merodes „Töpfer", Thieles flammende sizilianische
Prozessionsscene, Wodzinowskis Münchener Modell-
markt, Dieffenbachers „Verstoßen" (fast gemaltes
Anzengruber) hervorheben. Alois Schönn, der Siebzig-
Jubilar von neulich, hat sich mit dem Markt am Wiener
Schanzl eingestellt. Ueber die seiner Zeit von Kunst-
händler Schwarz lancierten „Jungen" vom Wiener
Genre, die Anton Müller, Zewy, Gisela, Kauf-

mann ist nicht gerade viel zu sagen; sie trauen sich
noch nicht zu secesfionieren.

Bartels beherrscht mit seinem großwirkenden Macht-
bilde „Brandung" die Marine, der Aufruhr der am
Ufergestein in Gischt zersprühenden Wellen ist groß dar-
gestellt, der violettgraue Tang verwegen über Geröll und
Tümpel gespachtelt. Sonst treten noch mit See- und
Wellenmalerei auf den Platz: LeMayeur, Carlos
Grethe, Hamacher, Hirschl, Petersen, Dücker,

Heimes. Grethes
„Finale" (Seeweiber,
den Schiffbrüchigen
mit Todesküssen zur
Tiefe ziehend) packt,
Hirschls „Meerleuch-
ten" sprüht Wellen-
funken über Nixen-
leiber, auch „Bran-
dung" ist besser ge-
schaut als des Künst-
lers erstes seifen-
schaumiges Strand-
bild vor einigen
Jahren. In der Land-
schafterei stehen der
Münchener Strützel
und unser Robert
Ruß zuerst; des erst-
genannten „Sommer-
abend" ist ein Ka-
binetsstück an Stim-
mung und Kolorit;
an Ruß' Regenbild
mit Prächtiger Luft
und dem über den
aufgeweichten Boden
unter Regenschirmen
sich trollenden Land-
volk kann man sich
nicht sattsehen; der
Hafen vor Riva ist
musterhaft traktiert,
doch das Wasser mit
der schmutzigen
Schillerhaut sieht wie
gefroren aus. Dar-
naut ist sehr gut ver-
treten, insbesondere mit einem über dem Erntefeld auf-
ziehenden Gewitter; ebenso Ditscheiner und Zettel,
dessen Mondaufgang tiefe Abendruhe atmet. Ich nenne
noch Scherres' „Landschaft mit Friedhof", Maccos
„Dämmerung in der Eiswelt", Hellwags „Kloster",
Oenikes „Moor bei Tölz". Landschaft und Tierbild
verbindet Kuhnert wahrhaft monumental mit seinen
„Elephanten in der Massaisteppe"; auch der Elch F r ieses
ist von guter Wirkung; Henriette Ronners Katzen,
Franz v. Paus in g ers „Hochwild", Am es ed ers ungarische
Büffel kommen sonst für das Tierstück erfolgreich auf. Hugo
Charlemont bringt zwei Stilleben, ein tiefgestimmtes
aus der Gelehrtenstube und ein Helles „Gute Früchte", mit
einer Frühlingsblüte dazu: Darnauts Blond-Töchterlein.
Das gibt für heute einen guten Schluß. Ueber „Menzel
im Künstlerhaus" wird nachzuberichten sein.

Bildnis, von Albert Keller.

Zrükjabr-Ausstellung ^896 des Vereins bildender Künstler („Secession") in München.

Die Kunst für Alle XI.

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