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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Springer, Jaro: Die Internationale Jubiläums-Kunstausstellung in Berlin 1896, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0348

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Ilm Klavier, von Loiistanze von Breuning.

Die Internationale Jubllaum^-kkunstau^stellung in Berlin 1896.

von Iaro Springer.

nnHAan lädt uns selten ein, meine Frau und mich. Das mag an uns liegen. Gegen Ende des Winters
da sagt wohl einmal irgend eine Frau zu, ihrem Mann: mein Gott, Springers müssen wir ja noch einladen,
mit wem denn blos? ach, mit denselben wie im vorigen Jahr! So treffen wir alljährlich einmal in dem
gastfreundlichen Haus mit denselben Menschen zusammen, unsere Frauen haben, so fürchte ich, dieselben Kleidex
an und wir bekommen Wohl auch immer dasselbe zu essen, wir erzählen uns dieselben Geschichten und immer
mit derselben Herzlichkeit wünschen wir uns guten Tag und gesegnete Mahlzeit. Wer dem Moloch der Berliner
Geselligkeit ähnliche Opfer zu bringen genötigt ist, der wird ermessen, mit welchem Frohmut ich zu solchen
Gesellschaften eile. Aber mit derselben Empfindung, also mit einem geheimen Grauen vor tötender Langweile,
gehe ich auch jährlich am 1. Mai zur Eröffnung der Berliner Kunstausstellung. Ich weiß ziemlich genau,
was ich dort zu sehen bekomme, ich weiß bestimmt, daß mir neues dort nicht erzählt wird. Auch in diesem
Jahr nicht. Die besonders feierliche Gelegenheit, das Jubiläum der Kgl. Akademie der Künste, die Hoffnung,
daß die gleichzeitige Gewerbeausstellung viel Fremde herlocken wird und dadurch ein flotter Verkauf der Bilder
zu erwarten steht, haben die diesjährige Ausstellung nicht gerade ungünstig beeinflußt. So sind namentlich
vom Ausland einige beste Sachen eingeschickt worden. Schließlich sind es aber doch die Wirte und deren
Küche, die dem Diner den Charakter geben. Und da ist auch in diesem Jahr Berlin berlinisch geblieben.

Das Jubiläum der Akademie hat noch die weitere Folge gehabt, daß eine umfangreiche historische
Abteilung in die Ausstellung einbezogen wurde. In etwa 400 Kunstwerken werden uns hier 200 Jahre
Berliner Kunstgeschichte vorgesührt, soweit diese bei Mitgliedern der Akademie in die Erscheinung getreten ist.
Das nächste Resultat dieses historischen Rückblickes ist freilich kläglich. Aber die Erkenntnis ist unabweisbar,
daß es eine Geschichte der Berliner und auch der preußischen Kunst in den beiden letzten Jahrhunderten nicht
gibt und daß der in Berlin und in Preußen geübten Kunst eine feste Tradition und ein selbständiger Charakter
fehlt. Nur das ergibt sich beim Rückblick als Regel, daß der Berliner Kunst dann, wenn sie einmal schwächlich
wurde (das ist ihr häufig passiert), von fremden Künstlern neues Leben zugeführt wurde. Die Fremden haben
aber nachhaltig das Berliner Kunstlcben nicht befruchtet. So nicht der (im vorigen Jahrhundert) eigens her-
berufene, jetzt stark überschätzte Antoine Pcsne, ein gröblicher Maler von handwerklicher Fertigkeit. Als

Die Aunst für Alle XI. >8. 15. )uni >896.

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