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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Die Frhr. v. Bielsche Stiftung für Fresko-Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0359

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Die Frbr. v. Bielsche Stiftung für Fresko-Malerei.

nicht genannten deutschen Staaten (Akademie in Dresden).
Kommt eine Akademie an die Reihe, so hat sie (wie
es in diesem Jahre von Düsseldorf aus geschehen ist,
vergl. unsere Notiz auf Seite 222 d. l. I.) die in
ihrem Bezirk wohnenden Einwohner auf die Stiftung
aufmerksam zu machen und zur Beteiligung aufzufordern.
Wer ein Fresko zu haben wünscht, hat sich bei der
Akademie schriftlich zu melden und Mitteilung zu machen
über: 1. den darzustellenden Gegenstand und das ge-
wünschte Genre der Darstellung (Figuren, Landschaft,
Dekoration); 2. Größe, Gestalt und Lage des auszu-
schmückenden Raumes resp. der Wandfläche; 3. die
Höhe des Betrages, den er unter Umständen für die
Herstellung des Gemäldes beizusteuern gewillt ist. Die
Kosten für die Vorbereitung der Wandfläche, Herstellung
der Gerüste, sowie sonstige sachliche Ausgaben hat der
Besitzer zu tragen.

Aus den auf diese Ausschreibung hin eingegangenen
Anmeldungen wählt die Akademie die ihr am meisten
zusagende und beauftragt entweder direkt einen ihrer
Schüler mit der Ausführung, oder sie schreibt darüber
eine Konkurrenz unter der Gesamtheit ihrer Akademiker aus.

Wenden wir uns nun zu einem Bericht über das
in den letzten fünf Jahren aus der Stiftung Geschaffene
beziehungsweise zu einer Charakteristik der noch laufenden
Aufträge, so ist vor allen Dingen zu sagen, daß die
geschehenen Bewerbungen mehr und mehr in dem vom
Stifter eigentlich gewollten Sinne erfolgen und die zu
lösenden Aufgaben in der That dazu beilragen können,
die Fresko-Malerei im geschlossenen Raum zu befördern.
1891 hatte, wie in unserem letzten Bericht bereits
erwähnt wurde, die Akademie in Düsseldorf die Stiftung
zu vergeben. Gemeldet hatte sich Herr Ummo Lübben,
früher Lübbo, in Schmalenfletherwurp bei Brake a. d. Weser.
Er wünschte einen Vorfall aus der Geschichte seiner
Vorfahren gemalt zu haben, den schon der bekannte Marschen-
dichter Hermann Allmers in seiner Ballade „Dedo und
Gerold" als eine Episode aus der Zeit der Kämpfe
der Friesen mit der Stadt Bremen besungen hat. Ein
edler Friese, der mit seinem Bruder gefangen genommen
worden ist, zieht nach dessen Hinrichtung den Tod der
Aussöhnung mit der Stadt Bremen vor. Ausgeführt
worden ist dies Bild von dem Maler H. Zieger, der
die nicht leichte Aufgabe glücklich gelöst und den Vorgang
dramatisch dargestellt hat, ohne das Grausige einer Hin-
richtung in widerlicher Weise zu betonen. 1892 kam
die Stiftung an die Kunstschule zu Karlsruhe. Von
den Eingaben wurde die des Herrn Felix Bassermann
in Mannheim gewählt: „Ansicht des Mannheimer
Hafens" und diese durch den Maler Franz Hein in
ziemlicher Größe, 6 m Länge, ausgeführt. Der nämliche
Künstler wurde daraufhin von Herrn Bassermann mit
der Ausführung von vier weiteren Darstellungen betraut,
die sich auf die Familie des Bestellers beziehen. Die
1893 an die Reihe kommende Dresdener Akademie gab
der Eingabe des Grafen Ferdinand zur Lippe-
Biesterfeld auf Baruth den Vorzug. Das ge-
wünschte Bild „Bewillkommung des Kaisers Rudolf
von Habsburg auf Schloß Baruth" wurde vom Maler
Paul Herrmann, einem Schüler Hermann Prells
ausgeführt. Im Jahre 1894 wurde, da die bisherigen
Bilder in den seltensten Fällen eine monumentale d. h.
der Eigentümlichkeit des Raumes entsprechende Auf-

fassung zeigten, Professor Friedrich Thier sch in
München ersucht, in seinem Hause und unter seiner
Leitung etwas aus den Einkünften der Stiftung, welche
in dem Jahre von der Münchener Akademie zu vergeben
waren, malen zu lassen. Es ist daraufhin vom Maler
Georg Waltenberger der Vorplatz des Thierschschen
Hauses durch einen Fries teils allegorischen Inhalts,
teils Darstellungen von Familienporträts geschmückt
worden. 1895 kam die Stiftung nach Berlin. Der
Rittmeister Karl von Heyden-Linden auf Stretense
bei Anklam, wünschte im Treppenhause seines Schlosses
zwei Darstellungen zu haben, von denen die eine die
Wappensage seiner Familie behandelt, die andere sich
auf Lukas Cranach bezieht, der ein Vorfahr der Familie
seiner Frau ist. Die Ausführung dieser Gemälde ist dem
Maler Ludwig Fahrenkrog, einem sehr begabten
Schüler Anton v. Werners, anvertraut worden, dessen
bisherige Leistungen etwas Gutes erhoffen lassen. Für
das Jahr 1896 ist, wie unsere Leser wissen, die öffent-
liche Ausschreibung von seiten der Düsseldorfer Akademie
bereits erfolgt.

Kann man auch einzelne der hier erwähnten
Schöpfungen als tüchtige Leistungen junger Künstler
bezeichnen, so ist es diesen immer noch nicht recht geglückt,
die Eigentümlichkeit des Freskos als Wandschmuck, als
Raumkunst aufzufassen, d. h. sie haben die Beschaffenheit
der Wand, welche durch das Fresko geschmückt werden
soll, sowie dessen Umgebung nicht genügend berücksichtigt.
In einem Falle ist durch zu groß entworfene Bilder
ohne nötige Umrahmung die Wirkung des an und für
sich schönen Raumes beeinträchtigt worden: er erscheint
geradezu kleiner als früher. Ein andermal hat man
bei der Umrahmung eines dreiteiligen Bildes statt diese
in Fresko mit Arabesken zu malen, wie ja früher
üblich war, eine Holzeinfassung hergestellt und darauf
die Arabesken gemalt. Der begangene Irrtum hat sich
schon gerächt: das Holz hat Risse bekommen.

Es wäre zu wünschen, daß die jungen Akademiker
mehr auf die besondere Eigentümlichkeit des Freskos als
monumentale Kunst, im Gegensatz zum beweglichen
Staffeleibilde, aufmerksam gemacht werden würden. Die
höchste Genugthuung aber würde der hochherzige Stifter
empfinden, wenn seine Anregung die begüterten Kunst-
freunde Deutschlands zu Fresko-Aufträgen veranlassen
würde.

Villa des Freiherr» von Biel aus Kalkhorst
in Mecklenburg.
 
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