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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Schultze-Naumburg, Paul: Die Internationale Ausstellung 1896 der Secession in München, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0369

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Die Internationale Ausstellung ^896 der Secession in München.

Ans einer Lübecker Diele, von Gotthard Auch l.

ein so speziell deutsches Gepräge tragen, wie noch nie zu-
vor. Gerade deshalb möchte ich erst einen kurzen Überblick
über das Ausland geben, das zwar überall ausgezeichnet
gut vertreten ist, aber uns nicht mehr in den zwei Punkten
überlegen ist: dem Können und der ausgesprochenen natio-
nalen Eigenart, durch die sie uns sonst verblüfften. Mag
sein, daß das Verhältnis vom In- zum Auslande einen
anderen Grad annimmt, wenn die zahlreichen Nachzügler
der Franzosen, Briten und Amerikaner wie immer nach
Schluß der Salons anrücken — man weiß ja von den
Vorjahren, wie viel reicher dann immer die Säle nach
diesem Zuwachs erscheinen. Bis jetzt kann von einem
Siege des Auslandes noch durchaus keine Rede sein, trotz-
dem alle Nationen aufs beste vertreten sind.

Am zahlreichsten sind es die Holländer und
Belgier, die sich in Anbetracht des doch geringen Umfangs
der Ausstellung sogar ein wenig zu breit gemacht haben.

Um das zu rechtfertigen, sind sie lange nicht interessant
genug, und diese sich immer gleichmäßig wiederholende
Güte ohne Fortschritt Paßt nicht in den engen Nahmen der
Ausstellung. Die Hälfte wäre vollkommen genug gewesen,
um dem Programm „Vorführung des Besten, was inner-
halb des letzten Zeitraumes geschaffen", gerecht zu werden.

Doch zeigen sie diesmal doch im großen und ganzen ein
etwas weniger konservatives Gesicht, als sonst. Im
Kuppelsaal hängt ein sonderbares Bild vvnLeon Fradöric
„Die Altersstufen des Landmanns". Auf zwei langen,
schmalen Tafeln eine photographiemäßige, symmetrische An-
ordnung von fast lebensgroßen Bauerngestalten; Kinder,
junge Mädchen und Burschen, Männer und Frauen hinauf bis zum Greisenalter; alle unter freiem Himmel, auf
einer Blumenwiese sitzend, mit dem Dorf als Hintergrund. Das Bild ist keine Augenweide, wenn man den ersten

Blick darauf wirst; es wirkt unsympathisch, geschmacklos. Steht
man aber dann länger davor und hat man sich an das Bizarre
gewöhnt, dann fängt man an, sich dafür zu erwärmen. Wie
merkwürdig wahr und überzeugend erscheinen diese Gesichter,
welch innige Versenkung in ihr Wesen gehört dazu, sie so dar-
zustellen. Und allmählich erscheint einem das Ganze wie eine
großartige Allegorie auf das Leben des Bauern, der hier
zwar wie ein stumpfes Arbeitstier erscheint, aber doch auch
Mensch ist: in dem wie unter einer dicken Schicht alle
feineren menschlichen Gefühle schlummern und durch dieselbe
keinen Weg zu finden scheinen, so daß es nur einer Ver-
feinerung dieser Oberfläche bedarf, um den reichen Schatz
des menschlichen Herzens in ihnen zum Wachstum zu bringen.
Es ist eine Huldigung an die animale Kraft, die im Bauern
noch wurzelt und ans der heraus so oft die Blüte des
Geistes hervorgeht. Aber auch rein malerisch entdeckt man
dann viel Schönes. Trotz des öligen Tons, wie prächtig
stehen diese Köpfe in -der Luft, wie vorzüglich sind diese
knorrigen Hände gezeichnet, wie fein spielt die Atmosphäre
um die Dächer. Dies alles muß wohl auch der zugeben,
der das Bild sonst ablehnt. — Der eigentlichste Vertreter
des Mysticismus ist in Belgien Fernand Khnopff. Ein
älteres Bild von 1883 zeigt auch ihn noch auf den Bahnen
strengen Naturalisten: die Wiese mit dem ansteigenden
In der Mrchr. von I. F. Leenipocls. Terrain und den Landhäusern, ein Jäger im Vorder-

zu München. grund, ist ml Grunde em schlichter Naturauchchmtt, und
 
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