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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 11,2.1898

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Heft 14 (2- Aprilheft 1898)
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Vom Tage
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https://doi.org/10.11588/diglit.7956#0073

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Engelhardt. . .

Der Elfentanz
wurde rwn den
Damen Kraus,
Wendel, Blan-
den undMichel-
ly lieblich vorgc-
fiihrt.

Darstellung des
Waldschrats durch
Herrn Kunze...
Der Elfentanz
rourde von dcn
Damen deFryn-
ta, Groß.Wal-
den und Schloß
lieblich vorge-
führt.

Welch schöne Ausblicke auf Arbeits-
erleichtcrung bietet diese neue Mcthode
unsern überbürdeten Rezensenten! Aber
warum bei den Mimen bleiben, man
könnte mit genau demselben Recht
auch die altcn Dramenbesprechungen
besser ausnützen, die doch einmal da
sind. Nimm solch eine Kritik über ein
Shakesperesches Lustspiel, ändere die
Namcn, luck-luck, da paßt sie z. B. auf
den scherzendcn Fulda, den man doch
mit vollem Recht mit Shakespere ver-
glichen hat. Und auch die Herren Kol-
legen von der Bücherkritik könnten von
dieser wirtschaftlichen Erfindung pro-
fitieren: ein paar andere Namen in
eine sonst ohne Aussicht auf weiteren
Absatz lagerndc ältere Rezension z. B.
über Dickcns, Gottfricd Keller oderWil-
helm Raabe, und man hat, was auch
auf eincn derGroßen Modernen Humo-
risten wie Stettenheim oder einen der
berühmten Feuillcton-Plauderer paßt.
Sollte das etwa von Nörglern be-
stritten werden, so kann man die Sache
in vielen Fällen dadurch ganz cin-
wandfrei gcstalten, daß man als Ori-
ginalkritik immer eine nach dem Ori-
ginalwerk nimmt, das der betrcffende
Meister dcr Jetztzeit umgedichtet hat.

rnusir.

* Am Münchner Hoftheater kam
.Der tolle Ebcrstein" vou Arthur
Künnemann zur crsten Aufführung,
die drittc der s. Z. mit dem Luitpold-
preise ausgezeichneten Opern. Viel
Gutes läßt sich leider auch von diesem
„Tonschauspiele", wie der Verfasser sein
Werk zuglcich nichtssagcnd und ge-
schmacklos nennt, nicht melden, wenn
auch die musikalische Persönlichkeit
Könnemannö unbcstreitbar eine viel
interessantere ist als die Zimlinskys,
des Komponisten dcr gleichfalls preis-
gekrönten und zu Anfang dcr dies-
jährigenSaisonaufgeführten„Sarema".
Starkes Temperament und eine gewisse
dramatischo Verve tretcn wcnigstcns
zu Anfang dcr Oper in bemerkens-
wcrtcr und crfrculichor Weise hervor.

Auch ist nicht zu leugnen, daß der Kom-
ponist vieles kann und namentlich von
Wagner vieles gelernt hat: leider aber
auch nur Acußerlichkciten, gewissc Or-
chestrationseffekte und — was ja auch
für »wagnerisch' gilt — eine bedenk-
liche Vorliebe für „harmonische Kühn-
heiten", die bei ihm oft unmotiviert
genug sind. Der Hauptsehler aber, an
dem »Der tolle Eberstein"' leidet, ist
ein unglaublich ungeschicktcs, ja gerade-
zu kindisches Textbuch, — eine jeglichen
seelischen Jnteresses und jeglicher dra-
matischen Entwickelung entbehrende
Rittergeschichte mit der konventionellen
Figur des intriguiercndcn Bösewichts
und ähnlichen dramaturgischen Requi-
siten der alten Oper, die auch den
genialsten Musikcr unmöglich zu einer
wirklich dramatischen, d.h.dcn seelischen
Gehalt der Handlung zum Ausdruck
bringenden Musik hätte begeistern
können. Trvtzdem könnte man aus
Könnemann Hoffnungen sctzen, voraus-
gesetzt, daß es ihm gclängc, crst einmal
zu lernen, worauf es beim musikalischen.
Drama eigentlich ankommt. Denn
manches in seinem Wcrke ist entschieden
talentvoll sso namentlich der Anfnng
des erstcn Aktcs), und daß das Ganze
sich im Verlaufe immer niehr abflacht
bis zu dein trostlos öden und lang-
weiligen dritten Akte, das ist die Schuld
nicht des Musikers, sondcrn des Dich-
ters Könnemann, von dcm allerdings
auch in Zukunft kaum vicl zu erwarten
ist- Rudolf Louis.

*Possart undRichardStrautz
machen jetzt nlso die angekündigte Kunst-
reise; Possart deklamiert den „Enoch
Arden" und Strauß spiclt dazu am
Klavier. Seine Musik, die in derHaupt-
sache aus Zwischenspielcn besteht und
den Redner nur wenigc Male auf ein
paar Takte beglcitct, ist höchst reizvoll,.
zart und plastisch, und er spielt über-
aus diskrct und scelcnvoll, während
sein Jntendant bei Tennysons sauberer
Epigonenpoesie in den falschen Affekten
der alten Rhetorik schwelgt. Uns war's
in Dresden einfach traurig, diescr un-
seremGefühlnachunwürdigenMischung
von Falschem und Echtcm, von Kunst
und Virtuvsenkünstolei, von wirklicher
Wärme und bcrcchnetem Blenden zu-
zusehen, die auf das Publikum — lei-
der — wirkte. Jmmerhin ahnten unter
den Zuhörcrn wcnigstens einigc, rvo
hier die Kunst stccke und wo — das
andcre. Die Presse aber pries in,
Dresden „den großen Münchner Künst-
ler" aus Leibcskrüften. Es wäre falsch,.
 
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