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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 11,2.1898

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Heft 24 (2. Septemberheft 1898)
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Batka, Richard: Allerlei von Franz Schubert
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Schultze-Naumburg, Paul: Ueber Kunstpflege im Mittelstande, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7956#0376

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komponicren. Wenn er auf die Ausgabe Schubertscher Liedcr subskribierte,
Gedichte zur Komposition lieserte, die Grabinschrift verfaßte u. dgl., so sehe ich
darin nicht viel mchr als eine Gefälligkeit gegen die ihm so nahc stehenden
Schrvestern Fröhlich, die ihn eben in den Dicnst ihres eifrigen Schubertkultus
zu ziehen wnßten.

Solche Reminiszenzen rust das Schmidsche Bild in dem historisch auf-
gclegten Betrachter wach. Aber auch wer die Menge der hier vereinigten Per-
sonen, die Bauernfeld, Pyrker, Raimund, Mosel, Kiesewetter, Podleska, Pichler
u. s. w. nicht näher, oder doch nicht in ihren wechselseitigen Verhältnissen kennt,
wird von der Mittelgestalt der Gruppe, Franz Schubert, angezogen, der, nach-
dcm er eben Josephinc Fröhlich zu einem Lied von sich am Klavier bcgleitet
hat, sich unter dem Beifall der Versammlung zu der stnncnd dasitzcnden Kathi
wendet, wie um deren Urteil einzuholen. Eine recht gemütlich wirkende Szcne,
die geeignet ist, uns Schubert und scinen Kreis menschlich näher zu rücken.
Wie wär's, wcnn einmal jemand die eingangs genannten Bilder aus Schuberts
Leben von Kupelwieser, Schwind u. s. w- in gutcn Wiedergaben — vielleicht
untermischt oder im Verein mit bezüglichen Liedern — zu cinem Schubert-
album, zusammcnstellte? Auch die neueren Leistungcn könnten darin Aufnahme
findcn und das Ganze crgäbe ein wertvolles Buch für den dcutschen Familien-
tisch. R. B.

Meber lirunstpüege lm /Mttelstunde.

7.

Nehmen wir das Beispiel wieder auf, von dem wir ausgingen,
das Beispiel von einem Manne, der schon seinen Hausstand hat und
ihn nun nach ästhetischen Gesichtspunkten umgestalten will. Er sieht
vollkommen ein, daß ein großer Teil seiner Möbel eitel Plundcr ist,
und die Erfüllung seines Wunsches, diesen los zu werden, ist ihm cin
Bedürfnis geworden. Die alten Familienerbstücke, die sich im Hause
befinden und die man damals, als man mit den „eleganten" Mübcln
den Hausstand gründete, in die Hinterzimmer oder in die Mansar-
denräume geschoben, fangen nun an, im Werte wieder zu steigen, ja
man erkennt, daß diese einfachen Gebäude aus dem bürgerlichen
Zopf und dem Empire aus gesundem Kunstgefühle heraus entstanden
sind. Dieses feine Abwägen der Verhältnisse, dieses schlichte zum Aus-
druck Bringen des Materials, diese geraden dem Wachstum des Holzes ge-
mäßen Formen, die früher dem noch ungebildeten Auge als Langeweile,
Aermlichkeit und Plumpheit erschienen, werden jetzt geschätzt, die Mobel,
welche von ihnen zeugen, werden jetzt als die besten Stücke, die man
überhaupt besitzt, erkannt und rücken so an die ihnen gebührende Stelle.
Seitdem man seine Aufmerksamkeit diesen Dingen zugewandt, macht man
tüglich neue Entdeckungen. So geht eincm etwa eines Tages auf, daß
ein Schrank, der sich unter den Wirtschaftsmöbeln befindet und den wohl
ein einsacher Tischler vor fünfzig Jahren gebaut haben mag, ein Tischler,
den die damaligen „Fortschritte der Zeit" noch nicht angekränkelt hatten,
noch heraus aus eincr alten Tradition entstanden sein muß, dcnn Soli-
dität und gute Proportionen zeigcn keine Gemeinschaft mit den für jene
Jahre typischen Gerätcn. Er ist gar kein Kunstwerk, dicser Schrank,
 
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