geschwebt. Gar manche haben ihn ihr Lebtag nicht vergessen. Die Liebschaften
in jenem weichen, eingehüllten Winter waren sv zart, so frisch, so glückselig,
so weltvcrborgen und wie nuf weichen Sohlen, dio Träume mit wachcn Augen
in jenem Winter waren so ungestört, das Wandeln zwischen den hohen Schnee-
wällen so köstlich, so versteckt, und wie gut ließ es sich grübeln — Gott weitz,
was alles da geschah.
Ein jedcr hatte den Trieb nach Gcselligkcit, nicht nach rnuschender, glän-
zender Gescllschaft, nach heimlichem Beieinanderhocken, wenn draußcn der
Schnee fiel.
So war es auch der Kummerfelden ergangen: die Absnde mit der Fa-
bianen und der Mamsel Muskulus und den Natsmädchcn, als sie das Damen-
gärtchen banten, hntten ihr so wohl behagt, daß sio meinte, cs wärc hübsch,
wenn ihre bcidcn alten Kameradinnen, die Fabianen und die Muskulusen,
manchmal angetappt kämen und mit ihr zusammensäßen, und auch die beiden
Rackcrsmädchen Rösc und Marie sollten ihr willkommen sein, und daß sie
allerlei auftischen wollte, das war selbstverständlich. Schüttchen hatte sie bei
Orthelis einen Vorrat backen lassen, der gut den ganzen Winter durch reichen
mußte, und Kaffce für die Ratsmädel, Nüsse und Schnurpsäpfel, an all dem
sollte es nicht fehlen.
Der weiche, weißc Winter, dcr tiefhüngende Schneehimmel, der gleich-
mäßige, wie ewig andauernde Mollton in der Natur, dcr übcr Stadt und Land
lag, hatte es nuch der Kummerselden angethan. Wenn sie so allein im Enten-
fang saß, da kamen dic Erinncrungen wie große, lautlosc Vögcl angeflogcn,
durch die Schneeluft hindurch, und sanken weich auf die alte Frau niedcr, datz
es ihr bang und wch um ihr lebensfrohes Herz wurde.
Die Erinnerungen bei stillem Schneewetter im einsamcn Stübchen bei
Dämmerlicht, das will durchgemacht scin. Da fragt einmal bei den alten
Leuten an, die werden es euch sagen.
Wenn die längst vcrstorbenen Gcstalten zur Thür hercinkommen, ohne
sie erst öffnen zu müsscn und ohne anzuklopfcn, und die längst vergangenen
Freuden im armen stillen Herzen erwachen nnd die liebe gute Jugend aufer-
steht, und von allcm, was einst war, nur das verrunzclte Menschcnkind noch
da ist — ganz allein — alles andere wehmütige Schatten.
Die Stunde in der Schneedümmcrung, wenn draußcn dic Flocken fallcn
und kein Ton ins Stübchen dringt, die brnuchen die, welche jung sterben, nicht
zu durchleben — wohl ihnen ...
„Sichste," sagte die Kummerfeldcn mit ciner etivas wacktigcn Altweiber-
stimme zur Fabiancn und der Muskulusen, „laßt uns hübsch zusammenhalten.
Wenn meine Nähstunde zu Ende ist, da kommt ihr eben dic Woche ein paar-
mal herüber zu mir."
Vorn
Litcvtttu».
* Die Literarische Gesell-
schaft zu München hat, nachdem
sie mit dem „Notturno" von Piper
ein ganz unroifes Anfängerstück, wer
Tage.
weiß warum, auf dic Bühne gebracht,
nun unterWolzogenscherRegie „Troi-
lus und Cressida" gegoben. Wer
weiß, warum? Die Frage drängt
sich nuch hier auf. Denn die vvn
Georg Brandes dem Shakcspcrc ab-.
in jenem weichen, eingehüllten Winter waren sv zart, so frisch, so glückselig,
so weltvcrborgen und wie nuf weichen Sohlen, dio Träume mit wachcn Augen
in jenem Winter waren so ungestört, das Wandeln zwischen den hohen Schnee-
wällen so köstlich, so versteckt, und wie gut ließ es sich grübeln — Gott weitz,
was alles da geschah.
Ein jedcr hatte den Trieb nach Gcselligkcit, nicht nach rnuschender, glän-
zender Gescllschaft, nach heimlichem Beieinanderhocken, wenn draußcn der
Schnee fiel.
So war es auch der Kummerfelden ergangen: die Absnde mit der Fa-
bianen und der Mamsel Muskulus und den Natsmädchcn, als sie das Damen-
gärtchen banten, hntten ihr so wohl behagt, daß sio meinte, cs wärc hübsch,
wenn ihre bcidcn alten Kameradinnen, die Fabianen und die Muskulusen,
manchmal angetappt kämen und mit ihr zusammensäßen, und auch die beiden
Rackcrsmädchen Rösc und Marie sollten ihr willkommen sein, und daß sie
allerlei auftischen wollte, das war selbstverständlich. Schüttchen hatte sie bei
Orthelis einen Vorrat backen lassen, der gut den ganzen Winter durch reichen
mußte, und Kaffce für die Ratsmädel, Nüsse und Schnurpsäpfel, an all dem
sollte es nicht fehlen.
Der weiche, weißc Winter, dcr tiefhüngende Schneehimmel, der gleich-
mäßige, wie ewig andauernde Mollton in der Natur, dcr übcr Stadt und Land
lag, hatte es nuch der Kummerselden angethan. Wenn sie so allein im Enten-
fang saß, da kamen dic Erinncrungen wie große, lautlosc Vögcl angeflogcn,
durch die Schneeluft hindurch, und sanken weich auf die alte Frau niedcr, datz
es ihr bang und wch um ihr lebensfrohes Herz wurde.
Die Erinnerungen bei stillem Schneewetter im einsamcn Stübchen bei
Dämmerlicht, das will durchgemacht scin. Da fragt einmal bei den alten
Leuten an, die werden es euch sagen.
Wenn die längst vcrstorbenen Gcstalten zur Thür hercinkommen, ohne
sie erst öffnen zu müsscn und ohne anzuklopfcn, und die längst vergangenen
Freuden im armen stillen Herzen erwachen nnd die liebe gute Jugend aufer-
steht, und von allcm, was einst war, nur das verrunzclte Menschcnkind noch
da ist — ganz allein — alles andere wehmütige Schatten.
Die Stunde in der Schneedümmcrung, wenn draußcn dic Flocken fallcn
und kein Ton ins Stübchen dringt, die brnuchen die, welche jung sterben, nicht
zu durchleben — wohl ihnen ...
„Sichste," sagte die Kummerfeldcn mit ciner etivas wacktigcn Altweiber-
stimme zur Fabiancn und der Muskulusen, „laßt uns hübsch zusammenhalten.
Wenn meine Nähstunde zu Ende ist, da kommt ihr eben dic Woche ein paar-
mal herüber zu mir."
Vorn
Litcvtttu».
* Die Literarische Gesell-
schaft zu München hat, nachdem
sie mit dem „Notturno" von Piper
ein ganz unroifes Anfängerstück, wer
Tage.
weiß warum, auf dic Bühne gebracht,
nun unterWolzogenscherRegie „Troi-
lus und Cressida" gegoben. Wer
weiß, warum? Die Frage drängt
sich nuch hier auf. Denn die vvn
Georg Brandes dem Shakcspcrc ab-.