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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 11,2.1898

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Heft 15 (1. Maiheft 1898)
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Avenarius, Ferdinand: Festschmuck für Städte
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Bartels, Adolf: Adolf Sterns "Studien"
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https://doi.org/10.11588/diglit.7956#0082

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und derglcichen, nicht errichtet werden sollten, als wollten sie Stein und>
Erz nachahmen, sondern mit offener Betonung dessen, was sie eben sind.
Jn dieser Beziehung sehlt das künstlerische Verständnis noch bis weit in
die Kreise derer hinein, die auch für den obrigkeitlich hergestellten Fest-
schmuck maßgebend sind. All diesen größten und höchsten Aufgaben der
Straßendekoration kann überhaupt nur ein Künstler und zwar ein Künstler
von besonderer Begabung genügen.

Damit möchte ich darauf hinweisen, daß wenn einmal die Gemeinde
als solche dekoriert, nicht ohne weiteres ihr behördlich angestellter Archi-
tekt für diesc Aufgabe „der gegebene Mann" ist, weil er sonst in Hoch-
und Tiefbau Vortreffliches leisten mag. Ein Wallot z. B. ist auch als
Dekorateur großen Stils sehr bcgabt, und ich kcnne noch andre Archi-
tekten, die vortreffliche Dekorateure sind. Daß aber diese Aufgaben den
Architekten als solchen näher liegen als andern bildenden Künstlern,
das anzunehmcn ist nicht der mindeste Grund, denn bekanntlich ist der
Sinn fürs Dekorative keinesfalls diejenige Begabung des Architektcn,
die beim Urteil über seine Befähigung am schwersten wiegt und ihm ge-
gebenen Falls zu amtlichen Stellen verhilft. Jm Allgemeinen dürften
starke Talente, wie wir sie hier brauchen, häufiger bei den Malern
zu finden sein. Gerade Maler aber zieht man nur äußerst selten zur
Leitung städtischen Festschmucks heran. A.

Ndolk Lterns „LtndLeu".

Adolf Sterns „Stndion zur Literatur der Gegenwart" sind vor einiger
Zeit in zweiter, ncu bearbeitcter und vermchrter Auflage erschienen (Dresden
C. A. Koch), und damit ist wicder einmal ein Beleg dafür erbracht, daß das
deutsche Publikum gute Bücher doch noch dann nnd wann kauft. Jch gestehe,
ich meinerseits haltc Stern für den bedeutendsten deutschcn Literaturhistoriker,
der unter uns lebt; lange, che die Universitütsprofessoren für Literatur und
chrgeizige Privatdozcnten sich auf die moderne Dichtung warfen, hat er für
dcrcn Lebensrccht gekämpft, und er hat de» meisten der Großen, die heute un-
bestrittcn als die Ersten seit Goethe und Schiller gelten, Hebbel und Ludwig,
auch Wagner, soweit er für die Geschichte der Poesie in Betracht kommt, Mö-
rike und Storm, W. Alexis und Keller dic Bahn brechen helfen. Wenn er sich
der allerncuestcn Entwicklung hier und da krüftig entgegonstemmte, so geschah
es nur, weil er dic Vcrnichtung der in ihni lebendigen hohen Jdeale von
groß er deutscher Poesie und der gesunden Kräfte des deutschcn Volkes durch
sie bcsürchtete; sobald der ncue Sturm und Drang Lebensfähiges geboren,
war auch Sterns Anerkennung dnfür wiedcrum da. Selbst hat er nicht all-
zuviel Anerkcnnung für seine Lebcnsarbeit gehabt. Am wcnigsten bei seincn Be-
rufsgenossen, denn bis zum Jahre ^88v oder noch weiter hinaus galt ja die
Beschäftigung mit ncueren Dichtern cinfach als unpassend, und die neue Gene-
ration aus Schcrers Schule, die scitdcm die herrschendc gcworden ist, ist von
der Unfehlbarkeit ihrer Alethodc ja in so hohem Gradc überzeugt, daß sie sich
einbildet, auf dic ästhctische Kritik hochmütig herabblicken zu können. Doch ist
Stern auf weitc Krcisc der Gebildeten und um das Heil unscrcr Kunst wahr-
 
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