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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 11,2.1898

DOI Heft:
Heft 21 (1. Augustheft 1898)
DOI Artikel:
Batka, Richard: Melodramatisches, [2]
DOI Artikel:
Schultze-Naumburg, Paul: Ueber Kunstpflege im Mittelstande, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7956#0282

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Zusammenfallen einzelner Worte mit gewissen Noten ergsbt, bezeichnet er dies
durch eine punktierte Linie unter der bstreffenden Textstelle. Wörter, auf denen
bsi richtigem Vortrag der Ton liegt, wcrdcn durch Unterstreichung hcrvorge-
hoben. Diesc Methode hat in ihrer Einfachheit und in der Freiheit, die sie
dem Deklamator läs;t, wohl etwas für sich, wogegcn die Humperdincksche sin-
nenfälliger und genauer ist, da sie zugleich den charakteristischen Tvnfall der
Sprache andeutet. Beide aber laufen schließlich auf dasselbe, vom Wert oder
Unwert ihrer Wcrke ganz unabhängige Kunstziel hinaus, auf die schriftliche
Fixierung der Deklamation. Das neuestens einem ungenannten
Berlincr Regisseur in den Mund gelegte Gutachten über die „Undurchführbar-
keit" im besonderen der Hunrperdinckschen Vorschriston findet durch den Himveis
z. B. auf die Frankfurter Ausführungen seine schnelle und schlagende Abfer-
tigung.

Unter dcn immer wiederkehrenden Einwändcn gegcn daS Melodrama be-
findet sich an erster Stelle der: eS sei cin u n kü n st l e r i sch e s Gcnre. Was
kann das hcißen? Doch wohl, datz kein wahrhafter Künstler darin ernstlich
schafft oder es crnstlich billigt, aber dem widerspricht die geschichtliche Erfah-
rung, vom alten ArchilochoS und den griechischcn Tragikern bis zu Benüa,
Goethe, Weber, Mcndelssohn, Schumann u. s. w. Wir rönnen uns nun recht
wohl dcnken, daß solche Meister auf Jrrweaen gehen, absr nimmermehr, daß
sic etwas thuu odcr nachdrücklich gutheißen, was dem Begriffc des Künstleri-
fchcn, der ja geradc von ihrcm Wirken mit abgezogen ist, schnurstracks zu-
widerläuft. Soll dcr Ausdruck „unkünstlerisch" aber soviel wie „verfehlt" oder
„mangelhast" bcdciücn, dann führt seine Anwcndung uns irre, weil er, ob-
zwar bloß Zeichen einer blinden ästhctischen Vcrwerfung, doch scheinbar als
festcs Ergebnis geschichtlichsr Erfahrung auftritt.

Also hinweg mit dicsem täuschendcn Schlagworte, woinit man den Un-
befangenen im vorauö das Gruscln leyren möchte — und glcich herausgesagt:
daß man das Melodram sür cine, wiewohl künstlerische, Verirrung haltc.
Darüber wollen wir unS ein nächstes Mal in aller Nuhe üesprechen. R. B.

Aeber Ikuustpüege im /Ditteistlmde.

Z.

Wenn man eine Wohnung cingerichtet hat und die Vorarbeiten
des Immobilen sind beendct, so beginnt man wohl mit üen Vvrhängen
und den Tcppichen. Mit den crstcren ist bis auf den heutigen Tag
viel Unfug getricbeu worden, und man muß schou fchr suchcn, bis man
einmal die Frage der Vorhange vernünftig und schön zugleich bchandelt
findet. Die gestärkten Tüllgardiuen von ehemals sind gcwichen, abcr
dic „drapierten" Lappen, die man hcut aufsteckt, sind kaum besser. Ehe
mau au das ästhetische Element denkt, solltc mau doch wohl zuerst das
praktischc regelu und aus dicsem jenes hervorgehen lassen. Was sollen
also Vorhänge? Des ersten: am Tagc den Blick von autzen in das
Zimmer hindcrn , dagegen von innen nach autzen den Durchblick cr-
lauben. Zum zweiten: am Abend die Autzcnwelt vollstündig abschlietzen
und das behagliche Gefühl, „zwischen seinen visr Wünden" zu seiu, ver-
stärken. Den ersteren Zweck erfüllen dünnere, durchsichtige Stosfe, deu
zweiten dicke odcr doch undurchsichtige. Das ist uichts Neues; doch mutz
man davon ausgehen. Die Aufgabe gestaltct sich also meistens so: zwei
 
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