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Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

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Nr. 3
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Ransonnet, Eugen von: Eine praktische Methode, die Färbung des Lichtes zu bestimmen
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Manchen, 2. Nov. 1908.

Beilage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint i4tägig unter Leitung von Maier Ernst Berger.

Y.Jahrg.Nr.3.

Inhatt: Eine praktische Methode, die Färbung des Lichtes zu bestimmen. Von Baron E. Ransonnet. — Die
Erhaltung von Bitdern und Zeichnungen. Von A. H. Church. (Fortsetzung.) — Verhinderung des
Kiebrigbieibens der Oeigemäide. Von L. Kainzbauer. — Schiusswort zu „Makarts Maitechnik".

Eine praktische Methode, die Färbung des Lichtes zu bestimmen.
Von Baron E. Ransonnet.

Wenn die Dämmerung in die Täier schieicht
und die Berggipfel giühen, da schweigt der Maier
im Zauber des schönsten Farbenspieies, weiches
die Gebirgsnatur zu entfaiten vermag. Versucht
ein begabter Koiorist aber, die flüchtigen Farben-
effekte auf der Leinwand festzuhaiten, so bemerkt
er am foigenden Morgen nur zu oft, dass er, un-
geachtet der grössten Gewissenhaftigkeit, ganz
faische Farbentöne gemischt hat. Aehniiche unan-
genehme Ueberraschungen eriebt man auch im
Ateiier, wenn man abends, obschon noch bei an-
scheinend genügender Heiiigkeit, eine Farbenskizze
entwirft, oder ein nahezu fertiges Biid zu stimmen
beflissen ist. Man arbeitet da eben unter dem
Einflüsse der „biauen Stunde", wie die Franzosen
sehr richtig sagen, nämiich inmitten des biauen
Abendiichtes, dessen Vorhandensein wir oft nicht
bemerken, weiches aber die Farbtöne auf Palette
und Biid verändert erscheinen macht.
Erfahrungen dieser Art haben mich schon vor
längerer Zeit angespornt, ein praktisches Mittei
aufzufinden, mit dessen Hiife ich die Färbung
des jeweiiigen Tages- oder künstlichen Lichtes,
bei weichem ich maite, sofort erkennen kann,
damit ich keine vergebliche Arbeit beginne, aber
auch eine begonnene nicht verderbe, sobald das
Licht sich verändert haben soiite.
Meine Versuche haben mich schiiessiich zu
foigendem Auskunftsmittei geführt:
Ich fertigte ein Farbenspektrum an, indem ich
die sechs Spektraifarben in Form einer Windrose
auf ein Stück Papier auftrug, wobei jede der drei
Normaifarben ihrer komplementären Farbe gegen-
überzustehen kam. Die Farben waren sämtlich
gleichwertig, nämiich in gleicher Tiefe und
Kraft aufgetragen, so dass keine derselben beim

gewöhnlichen hellen Tageslicht dunkler oder heller,
stärker oder schwächer als die andere erschien.
Auf der genauen Beobachtung dieser Bedingung
beruht die Empfindlichkeit dieses Spektrums und
die Genauigkeit, mit welcher es die Farbe des
herrschenden Lichtes anzuzeigen vermag. 1st nun
z. B. die „blaue Stunde" im Anzug, so wird so-
fort das blaue Feld des Spektrums heller und das
gegenüberliegende orangefarbene Feld dunkler
scheinen; bei Mondlicht endlich verblasst das
Blau beinahe ganz zu Weiss, während Orange
nahezu schwarz wird. Betrachten wir das Spek-
trum dagegen bei Lampenlicht, so sehen wir so-
fort die umgekehrte Erscheinung. Orange wird
zum hellsten, Blau hingegen zum dunkelsten Farb-
ton des Spektrums. Sogar das anscheinend weisse
elektrische Bogenlicht und Azetylenlicht erweist
sich bei dieser Untersuchung als nicht weiss,
sondern entschieden gefärbt, was Dekorationsmalern
hinreichend bekannt sein dürfte.
Die sechs Farben des gedachten Spektrums
genügen, um zwölf und mehr Nuancen des Lichtes
zu prüfen; auch ist es unbenommen, die Zahl der
Abstufungen der Spektralfarben zu vermehren,
und die Anwendbarkeit der Methode auf beliebig
viele Farbtöne des Lichtes auszudehnen. Im
praktischen Leben des Malers genügen zumeist
zwei Farben, nämlich Blau als ausgesprochen
kalter Ton und Orange als der wärmste Ton der
Farbenskala, welche beiden Farben ganz gleich-
wertig nebeneinander auf einem etwa 4X4 cm
grossen Stück Papier aufzutragen wären. Ein
solches Stückchen Papier kann jeder im Malkasten
oder Skizzenbuch mitführen und wird damit einen
verlässlichen Ratgeber besitzen.
Wollen wir aber der Sache exakter zu Leibe
 
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