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Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.36593#0105

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München, 8. Febr. 1909.

Beüage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint <4tägig unter Leitung von Maier Ernst Berger.

Y. Jahrg. Nr. io.

Inhait: Ein Brief Segantinis. Von E. B. — Die Künstiersteinzeichnung. Von Joh. Mai-Tiisit. — Zu dem
Artikel „Leonardos Abendmahi". Von Martin Schüz. — Maler mit farbenschwachen Augen.

Ein Brief Segantinis.*)


Aeusserungen von ausübenden Künstlern über
ihre Kunst haben stets den Charakter eines Doku-
mentes, durch das wir in die Lage versetzt
werden, in den Werdegang und die Entstehung
ihrer Werke Einblick zu gewinnen. Nicht nur
:n der Künstler zu
hier Kunst einge-
auch die Art und
es zuwege bringen,
Indet hierbei seine

}tler äusserst karg
!ene Kunst, so dass
gen angewiesen ist.
pstlerische Eigenart
bei Segantini
{ifiich, dass Fragen
9urch den Künstler
len. Einen solchen
!ussere Erscheinung
liters, die von der
reicht, und deshalb
rs als andere malt,
ssionen der Kunst-
r sachgemässe her-
lürich über Segan-
veizerischen Rund-
:ntlicht hat: „Diese
r bei Segantini an-
erfundene; sie er-
isame Mosaikarbeit,
setzt erscheint aus
folgten Eröffnung des
'ber-Engadin) bringen
Zeit in Malkowskys
) zuerst erschienenen
druck.

kleinen pastos nebeneinandergesetzten, verschieden
nuancierten FarbstricHen, Farbfäden sozusagen, die
jedesmal zwischen sich eine kleine Rille lassen.
Dennoch ist die Gesamtoberfläche glatt und er-
scheint wie mit dem Spachtel poliert, der aber
nicht so scharf aufgedrückt worden, um die Farben
breit zu quetschen und die Rillen auszufüllen. Es
wäre das eine Malerei, so kompliziert und mühe-
voll, dass zur Herstellung eines Bildes mittlerer
Grösse eine schier unermessliche Zeit nötig wäre.
Segantini erreicht dabei mit allen seinen Bildern
eine Naturwahrheit sondergleichen, seine Farben-
harmonien sind angenehme, dabei der Wahrheit
ungemein nahekommende, und schon auf ganz
kurze Distanz fliessen die Einzelheiten seiner
Pinselführung in einem einheitlichen Gesamtton
zusammen. Wäre nun seine Technik die oben
angenommene, unendlich komplizierte, so wäre es
kaum glaublich, wie er zu dieser Einheitlichkeit
kommt, ohne bei der Detailarbeit die Uebersicht
über das Ganze zu verlieren."
Ausserdem wäre es zu kleinlich, so führt
Dr. Carstanjen weiter aus, und angesichts der
grossen Wirkung von Segantinis Bildern für einen
mit dem Künstler Fühlenden nur begreiflich, wenn
er nach einer Erklärung der Technik sucht, denn
der Gedanke daran, dass die Arbeit dieser Bilder
eine so mühevolle wäre, könnte einem die Freude
an Segantini vergällen. Das peinliche Aneinander-
fügen fast gleichgrosser Farbenstrichelungen über
die ganze Malfläche habe etwas sehr Unkünstle-
risches an sich; man könnte jedoch, bei dem
meist parallelen Verlauf der Strichlagen, durch
ihr scharfkantiges Abgesetztsein gegeneinander,
und vor allem durch die unbezweifelbare Dünn-
flüssigkeit der nuancierenden Farbstriche zu
der Ansicht gelangen, der Künstler sei gerade
umgekehrt zuwege gegangen. Er bereite sich,
 
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