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Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

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Nr. 13
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Täuber, Ernst: Ueber Risse in der Bildschicht von Oelgemälden, [2]
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Grünwald, Julius: Der Kampf gegen die gewerbliche Verwendung von Bleiweiss, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36593#0054

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50

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 13.

steilen lassen. Man wird aiso versuchen müssen,
aus den Einzelbeobachtungen praktischen Nutzen
zu ziehen. Erwähnt sei gieich an dieser Steiie,
dass, ceteris paribus, die Neigung der aufgeiegten
Farbschicht zum Reissen um so grösser wird, je
dünner sie im Vergieich zu der darunter hegen-
den Schicht ist. Daraus und aus dem über den
Einfluss des Trocknungsgrades Gesagten ergibt
sich die für die Praxis wichtige Regel, dass man
Untermaiungen möglichst dünn ausführen soii und
dass dünne Lasuren erst nach sehr gutem Durch-
trocknen des Untergrundes aufgelegt werden
sollten. (Fortsetzung folgt.)
Der Kampi gegen die gewerbliche Ver-
wendung von Bleiweiss.
Von ing. chem. Julius Grünwaid-Lafeschotte.
Das Zinkweiss ergibt sogar einen viel homo-
generen Anstrich als das Bleiweiss. In der Tat
hat man festgestellt, dass dieselbe Menge von
Leinöl, zu gleichen Mengen von Bleiweiss oder
Zinkweiss zugesetzt, letztere Farbpaste viel dichter
macht als die Bleiweissfarbe. Bei gleichen Mengen
von Oel und Farbstoff wird daher die Zinkfarbe
viel opaker sein.
Um Farben von derselben Flüssigkeitsdichte
zu erhalten, muss man demnach zu Zinkoxyd
mehr Oel zusetzen wie zu Bleiweiss, aber in
diesem Falle ist die Zinkoxydmenge geringer als
die Bleikarbonatmenge bei gleichem Volumen von
Oelfarbe, was zugunsten der Zinkfarbe sprechen
würde. Wenn auch infolge der grösseren Dichtig-
keit der Zinkfarbe der Anstrich anfangs schwerer
gleichmässig zu erzielen ist, so wird der Arbeiter
nach kurzer Zeit an die neue Art der Farben-
verteilung mittels des Pinsels sich gewöhnen und
ebenso gleichmässig gestrichene Flächen erzielen
wie mit Bleifarbe. Der Preis von Zinkoxyd ist
im wesentlichen derselbe wie der des Blei-
karbonats.
Der Verlust der Fabrikanten von Bleiweiss
wird bei eintretendem Verbote der Verwendung
dieses Farbkörpers um so geringer sein, je rascher
er sich schon jetzt für die Fabrikation von Zink-
oxyd einrichtet. Da jedes neue Gesetz eine ge-
wisse Uebergangsperiode vorsieht, so wird der
Fabrikant genügend Zeit haben, seine vorhandenen
Materialien aufzubrauchen und die Werkzeuge
durch solche für die Zinkoxydfabrikation geeignete
allmählich zu ersetzen. Im französischen Gesetze
ist eine achtjährige Uebergangsperiode festgesetzt,
also reichlich genug, um die Werkzeuge zu amorti-
sieren.
In einem Gebäude des Pasteurschen Instituts
in Paris wurden offizielle Probeanstriche mit Blei-
weiss und Zinkfarben durchgeführt, deren Ergeb-

nis am II. Oktober 1905 vor einer Kommission,
bestehend aus Mitgliedern des Sanitätsrats und
der Gewerbekammer der Maler und Anstreicher,
wie folgt festgestellt wurde: Der dreifache An-
strich je einer Partie einer Giebelmauer mit Blei-,
resp. Zinkfarbe zeigte keinerlei Unterschied. Die
Anstrichproben am Dachboden zeigten ebenfalls
dasselbe Aussehen. Ebenso zeigte der Probe-
anstrich auf einer Blechtürfüllung keinerlei Unter-
schied bei der Verwendung der einen oder
anderen Farbe. Ferner wurde je eine Holztür
mit Blei-, resp. Zinkfarbe massig stark gestrichen.
Beide Anstriche verhielten sich ziemlich gleich.
Einige Partien des Bleifarbeanstriches schuppten
sich ab. Ausserdem ist die früher oder später
eintretende Schwärzung von mit Bleifarben ge-
strichenen Geräten infolge Bildung von Schwefbl-
blei als störend zu erwähnen.
Aus dem bisher Gesagten geht hervor, dass
es höchste Zeit ist, die Tausende von rührigen
Arbeitern und Gewerbetreibenden gegen die sie
bedrohende Bleigefahr zu schützen. Auf allen
Gebieten der modernen Gesetzgebung macht sich
ein edles Streben nach Arbeiterfürsorge und nach
Schaffung moderner Schutzvorschriften geltend.
Die Aussicht, durch entsprechende Gesetze die
Verwendung von Bleiweiss und dessen Präparaten
in einer Reihe wichtiger Gewerbe zu unterbinden
und dadurch Tausende fleissiger Gewerbetreibender
und deren Gehilfen vor Siechtum und Not zu be-
wahren, ist gewiss zu begrüssen.
Nachschrift: Ueber den Kampf gegen die
gewerbliche Verwendung von Bleifarben in
Frankreich schreibt die „Zeitschrift für Ge-
werbe-Hygiene" 1908, Bd. 15, S. 543 — 544:
Die offiziell zur Prüfung der Frage, in welcher
Weise den gesundheitsschädlichen Einwirkungen
der Bleifarben gesteuert werden könnte, ein-
gesetzte Kommission der Société de Médecine
Publique et de Génie Sanitaire beendete 1908
ihre fünfjährigen Arbeiten und Versuche und hat
festgestellt, dass die Malereien und Anstriche
mit Bleiweiss und Zinkweiss sich ähnlich ver-
hielten, demnach Schlussfolgerungen zugunsten
des einen oder des anderen Farbkörpers nicht
gezogen werden können. Die Kommission ist der
Ansicht, dass dem Ersatz des Bleiweisses durch
Zinkweiss nichts im Wege steht und dass vom
hygienischen Standpunkt dieser Ersatz wünschens-
wert erscheint. Demgegenüber wird in dem vor-
liegenden Artikel darauf hingewiesen, dass sich
die hygienischen Anforderungen niemals gegen die
unerlässlichen Existenzbedingungen einer Industrie
kehren dürfen, wie es bei einem Bleifarbenverbot
der Fall wäre, was bei der Beurteilung der Frage
nicht übersehen werden darf. -Ueberdies wird der
vollwertige Ersatz der Bleifarben durch bleifreie
insbesondere in der keramischen Industrie in Ab-
rede gestellt.
 
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