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Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

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Nr. 12
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Grünwald, Julius: Der Kampf gegen die gewerbliche Verwendung von Bleiweiss
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Noch einmal Leonardos "Abendmahl"
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https://doi.org/10.11588/diglit.36593#0051

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Nr. n.

Münchner kunsttechnische Blatter.

47

Deshalb trachtete man schon seit 1902, die
gesetzgebende Versammlung zum Erlasse eines
diesbezüglichen Gesetzes zu bestimmen. Ein-
stimmig wurde am 4. Februar 1902 anlässlich der
Beratung des Budgets dem Ministerium das Ver-
trauen votiert unter der Voraussetzung, dass die
Regierung schleunigst Massregeln behufs Verbotes
der Verwendung von Bleiweiss treffe.
Die Frage des gesetzlichen Verbotes der
Bleifarben dreht sich nunmehr nur um Neben-
sächlichkeiten, nämlich ob das Verbot ein momen-
tanes sein soll und ob die Fabrikanten von Blei-
weiss zu entschädigen seien. Eine Kommission,
die eingesetzt wurde, beschloss, eine zweijährige
Frist zur vollständigen Abschaffung des Bleiweisses
zu gewähren. Die Angelegenheit wurde bis in die
letzte Zeit dank der Rührigkeit der Fabrikanten
von Bleiweiss verschleppt, und erst 1907 wurden
die letzten Schritte getan, um ein endgültiges
Verbot der gewerblichen Verwendung von Blei-
farben herbeizuführen. Dass dieses Verbot in
ganz kurzer Zeit zum Gesetze erhoben werden
wird, steht ausser Zweifel.
Die von den Anhängern des Bleiweisses ins
Treffen geführten Gründe sind dreierlei: Für sie
ist die Bleivergiftung bei der heutigen fabriks-
mässigenHerstellung des Bleiweisses eine Legende.
Sie verwechseln dabei die Gefahren der Fabrikation
mit jenen der Anwendung. Erstere mögen tat-
sächlich auf Grund der gefundenen Fabrikations-
fortschritte restringiert sein, letztere aber bestehen
nach wie vor fort. Die offiziellen statistischen
Daten des französischen Handelsministeriums be-
weisen dies.*) Die Vergiftung mit Bleifarben kann
eintreten beim Abschaben alter Bleifarbenanstriche
mittels Schmirgelpapier (das Abschaben unter
Befeuchtung mit Wasser wird der höheren Arbeits-
kosten wegen selten durchgeführt), ferner beim
Drucken, Anstreichen und Malen, indem die Maler
unwillkürlich mit der Farbe in Berührung kommen.
Das Bleikarbonat tritt durch die Epidermis in den
Organismus ein, dies um so leichter, als kleine
Hautabschürfungen sowie Kratzwunden im Gewerbe
oft nicht zu vermeiden sind. Selbst die Anhänger
des Bleiweisses geben diese häufigste Vergiftungs-
möglichkeit zu. Bei aller Vorsicht wird der
Arbeiter nicht verhindern können, dass Farbteile
ins Gesicht oder auf die Hände spritzen, oder
dass durch den Kontakt mit den Arbeitsgeräten
eine allmähliche Bleifarbenvergiftung eintritt. Von
der giftigen bleiigen Ausstrahlung in frisch ge-
strichenen Räumen wurde schon gesprochen.
Es kann behauptet werden, dass die Gift-
wirkung des Bleies eine langsame, schleichende,
unsichtbare ist, und dass dessen Opfer häufig oft
schon schwer vergiftet sind, bevor dies in einer
bemerkbaren Weise zum Ausdrucke kommt. Wie
*) „Les Foisons industriels", publié par M. Fontaine,
directeur au ministère du Commerce.

mancher Arbeiter, der über I $ Jahre mit Bleiweiss
manipulierte und über die Gefahren desselben
lachte, fiel bald darauf dem heimtückischen Gifte
zum Opfer. Er war bleikrank, ohne sich dessen
bewusst zu sein, und als er zur Erkenntnis ge-
langte, war es zu spät. Wenn auch durch die
Vorschrift, Bleiweissfarben nie in Pulverform,
sondern als gebrauchsfertige Oelfarbe von der
Fabrik zu beziehen, manches erreicht wurde, so
kann eine wirkliche diesbezügliche Kontrolle schwer
durchgeführt werden.
Wie will man in der Praxis verhindern, dass
der Arbeiter die Vorsichtsmassregeln auch wirk-
lich einhält, nämlich die Oelfarbe nicht mit den
Händen zu berühren, nicht zu rauchen, seine mit
Bleifarbe verunreinigten Finger nicht an den Mund
zu bringen, sich vor jeder Mahlzeit gründlich zu
reinigen usw.? Der Arbeiter in seiner Sorglosig-
keit wird sich der Gefahr leider oft erst bewusst,
wenn es zu spät ist. Aber nicht nur die weisse
Bleifarbe, sondern alle anderen Farben, die als
Basis Bleiweiss haben, sind giftig. Daher kann
nur durch Verbot der Anwendung von Bleifarben
wirklich Abhilfe geschaffen werden.
Was die technische Seite der Frage anbelangt,
so wurde schon gesagt, dass die gegnerische
Behauptung von der Minderwertigkeit der Zink-
oxydfarben durch eingehende offizielle Versuche
und Daten des französischen und belgischen Arbeits-
ministeriums widerlegt wurde.
Im Jahre 1903 schon konnte der Direktor im
belgischen Eisenbahnministerium berichten, dass
die Arbeiten mit Zinkweiss sowohi auf metallischen
als auch nichtmetallischen Oberflächen gute Re-
sultate ergeben haben. Was den Grundanstrich
mit Bleiminium anbelangt, so war letzteres voll-
kommen durch Eisenminium ersetzbar.
Man behauptete auch, dass das Bleiweiss eine
wirkliche Verbindung mit dem Leinöl eingehe,
während Zinkweiss mit Leinöl nur ein Gemisch
darstelle. Man folgerte daraus die Ueberlegen-
heit des Bleiweisses. Breton bewies aber auch
in diesem Falle, dass sowohl der eine als auch
der andere Farbstoff keine chemische Verbindung
mit dem Oel bilde, indem man in beiden Fällen
das Oel aus der Farbe mittels Benzin entfernen
könne, und dass Aether das Oel eines bereits
trockenen Anstriches aufzulösen vermag.
(Schluss folgt.)
Noch einmal Leonardos „Abendmahl".
1. Zuschrift von Ed. Hübner.
Von Herrn Kollegen Ed. Hübner in Düsseldorf
erhalten wir nachstehende, Leonardos „Abendmahl" be-
treffende Notiz:
„Vielleicht möchte es manchen interessieren,
folgende Mitteilung über Leonardos .Abendmahl' zu er-
fahren, die von einem Zeitgenossen herrührt und noch
wenig bekannt sein dürfte.
Antonio de Beatis, der die Reise des Kardinals
Luigi d'Aragona durch Deutschland, Niederlande,
 
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