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Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

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Nr. 22
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Anfragen und Beantwortungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.36593#0092

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88

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 22.

Nur einige Beispiele:
S. 104: ,,Der Träger der deckenden Eigenschaften
der Ocker ist der Ton."
S. 146: „Die künstiichen Ocker sind weniger
deckend ais die natüriichen Ocker, weit ihnen das
Substrat Tonerde fehlt."
Abgesehen von dem Versehen „Ton und Tonerde"
dürfte diese Erktärung nicht ausreichend sein und
muss auch auf die Struktur usw. des färbenden Bestand-
teils des Eisenoxydes bezw. Eisenhydroxydes Rück-
sicht genommen werden usw.
Die Einführung des Begriffes der „Substratfarben"
ist mir nicht sehr sympathisch ; denn erstens, wo ist
die Grenze zwischen den Adsorptionserscheinungen
und dem Substratbegriff? Zweitens, Substratfarben
sind nur vorhanden, sotange man die Bedingungen
nicht kennt, unter welchen eine chemische Verbindung
in einer bestimmten Modifikation hergestellt und fest-
gehalten werden kann. So richtig es z. B. ist, dass Kad-
miumfarben im Handel sind, die man als Substratfarb-
Stoffe auffassen kann, so richtig ist es auch, dass selbst die
hellsten Nuancen, wie auch das rote Kadmiumsulfid, rein
hergestellt werden können und auch rein im Handel
gefunden werden; denn die wenigen Prozente adsor-
bierter Stoffe dürfen nicht als Substratstoffe angesehen
werden. Uebrigens ersehe ich aus den Darstellungen
der „Kadmiumfärben" und aus dem S. 70 über das
Kadmium als Substratfarbstoff gesagten, dass der Verf.
bezüglich der Kadmiumfarben nicht genügende Kennt-
nisse besitzt. Dieses Kapitel erforderte eine eigene
Besprechung. Wir finden in diesem Buche vielfach
Meinungen des Verf. so hingestellt, als ob es sich um
begründete Tatsachen handelte.
Nur ein Beispiel. S. 126 sagt Eibner:
„Das Zinkweiss wirkt manchmal auf das Oel in der
Art ein, dass starke Erwärmung usw. eintritt. Die Ur-
sache hiervon ist der Eintritt von Verseifung des Oeles."
Die Umstände, unter denen die von mir beob-
achtete Erhitzung von Leinölfirnis, der mit Zinkweiss
lose überschichtet war, eintritt, sind von mir gedeutet
worden und lassen eine Verseifung des Oeles direkt
ausgeschlossen erscheinen. Der Verf. nimmt es manch-
mal mit dem Zitieren nicht genau genug; bei Zinnober
(S. 110) führt derselbe aus: „Das rote Schwefelqueck-
silber ist kristallinisch, das schwarze amorph. Das
Schwarzwerden des .Zinnobers' ist also durch seinen
Uebergang in die amorphe Modifikation des Schwefel-
quecksilbers verursacht. Diese ist nach den neuesten
Untersuchungen von K. A. Hofmann ausserdem (!)
in Molekulargewicht und Struktur verschieden." Hier-
durch, durch das fälschlich angebrachte „ausserdem"
ist aber der Sinn der Hofmannschen Arbeit entstellt.
In dieser Arbeit wendet sich Hofmann gegen die
alte Annahme, dass die Ursache der verschiedenen
Farbe des Schwefelquecksilbers durch den amorphen
und kristallinischen Zustand bedingt werde.
Die Darstellungen unter „Wasserglas" (S. 248),
„dass Fuchs das Wasserglas wieder entdeckte", ist
unrichtig. Fuchs stellte t8i8 als erster diese Ver-
bindung dar; früher kannte man nur die Kieselfeuch-
tigkeit, also ein Silikat mit grossem Ueberschuss an
Alkali. Eine einfache Prüfung des Wasserglases dürfte
vielleicht in der nächsten Auflage Platz finden:
Reines, mit Kieselsäure gesättigtes Wasserglas
wird beim Vermischen mit gleichem Gewichte Wein-
geist körnig gefällt; bei Gegenwart von freiem Alkali
ist der Niederschlag schmierig, das Filtrat alkalisch.
Bei den weissen Farben dürften die Arbeiten von
Dr. Beck, „Ueber weisse Mineralfarben und die soge-
nannten Bleiweissersatzmittel" (Chem. Industrie 1907),
und die Veröffentlichungen von G. B. Henderson,
„Blei- oder Zinkfarben" (Lack- und Farbenindustrie
1906), und Bronn, „Bleifarbenersatzmittel" (Chem. In-
dustrie t9o6), erwähnt sein. In letzterer Zeit sind

mustergültige Arbeiten auf dem Gebiete der Mineral-
farben erschienen, ich meine die Untersuchungen von
Dr. R. Jablezynski, „Ueber Bleichehromat und die
Aenderung seiner Farbe" (Chem. Industrie 1908) und
von L. Wöhler und W. Becker, „Ueber Farbe und
Zusammensetzung des Guignetschen Grüns" (Zeitschrift
für angewandte Chemie 1908). Aehnliche Arbeiten
zu liefern wäre eine dankenswerte Aufgabe für die
Münchener maltechnische Versuchsanstalt, insbesondere
auch die Schaffung einwandsfreier Monographien der
einzelnen Farbkörper.
Wenn ich bisher auf das hingewiesen habe, was
mir unzulänglich oder verbesserungsbedürftig erscheint,
so soll damit dem Werte des grosszügig angelegten
Buches keinerlei Abbruch geschehen. Im Gegenteil,
es soll dadurch die Entwickelungsfähigkeit dieses
Werkes gezeigt werden. Den Schwächen des Buches
stehen grosse Vorzüge gegenüber; der grosse Stoff
ist übersichtlich zur Darstellung gebracht; insbesondere
ausgearbeitet sind die Farbkörper, die Nomenklatur
und die Mischbarkeit der Farben, die Binde- und Be-
deckungsmittel, also die Oele, Harze, Firnisse und
Lacke; ferner finden die Herstellung der Künstler-
farben, die Beschreibung der verschiedenen Maltech-
niken, wie Tempera-, Oel-, Fresko-, Wasserglasmalerei
usw., die Malgründe, Bilderschutz und Bilderhygiene
u. a. eingehende Behandlung. Die Bestrebungen der
„Gesellschaft zur Beförderung rationeller Malverfahren"
finden in dem Buche eine anerkennenswerte Förderung.
Einen breiten Raum nimmt in diesem Buche die histo-
rische Seite der Maltechnik ein. Inwieweit der Verf.
dieses ausgedehnte, schwierige Gebiet beherrscht, und
ob derselbe geeigenschaftet ist, auch rein künstlerische
Fragen zu behandeln, darüber werden andere Kreise
zu entscheiden haben. Es liegt ein gutes Stück Arbeit
in dieser Zusammenfassung, welche in diesem Umfange
den betreffenden Kreisen, meines Wissens, bisher
noch nicht geboten wurde. Aber gerade deshalb
nützt dem Verf. und seinem Erstlingswerke eine offene,
sachliche Kritik mehr als einige allgemeingehaltene
„Rezensionsphrasen". Vielleicht weiss uns der Verf.
Dank für die Fingerzeige, welche ihn aufmerksam
machen, in welcher Richtung besonders seine Arbeit
einsetzen soll, damit man das Buch, dem zweifellos
eine führende Rolle zukommen wird, noch höher wird
bewerten können. Meiner Ansicht gehört dazu eine
eingehende kritische Durchsichtung und ein strenges
Trennen der feststehenden, wohlbegründeten Tatsachen
von den Erklärungen, welche lediglich Vermutungen
des Verf. darstellen, damit in dem nicht sachkundigen
Leser nicht die Vorstellung auf komme, es handle sich
in allem um einwandsfrei festgestellte Tatsachen.
München. Georg Büchner.
Anfragen und Beantwortungen.
Herrn M. F. in Graz (Oesterreich). — Das von
Ihnen gemeinte Buch „Stil-und Kompositionslehre"
hat Franz Schmid-Breitenbach zum Urheber;
es ist im Verlag von Paul Neff (Max Schreiber) Ess-
lingen a. N. 1903 erschienen. Wie Sie richtig vermuten,
ist der Autor mit dem 1. Vorsitzenden unserer A. D. K. G.
identisch. Nächst Burnetts, durch seine schematischen
Illustrationen bekanntem Buche ist die „Stil- und Kom-
positionslehre" gewiss das beste, das wir besitzen.
Der Wert des Buches wird durch eine grosse Zahl
von trefflich gewählten Erläuterungsbeispielen unter-
stützt. Am meisten werden Sie naturgemäss durch
eifriges Vergleichen der älteren und neueren Meister-
werke lernen können; leider fehlt es Ihnen dort an den
geeigneten Originalen. Sie müssten dann mit den jetzt
auch in ausgezeichneten farbigen Nachbildungen erschie-
nenen Bildern der grossen Galerien vorlieb nehmen. B.
Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
 
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