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Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

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Nr. 5
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Church, Arthur H.: Die Erhaltung von Bildern und Zeichnungen, [4]
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Ziegler, Walter: Herstellung von Bunt- und Vorsetzpapieren
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https://doi.org/10.11588/diglit.36593#0023

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Nr. 5.

Münchner kunsttechnische Blätter.

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die Wirkung der Schwefelsäure gebildet wird, die
sich in der Luft von Orten befindet, wo Gas und
Steinkohle gebrannt wird. Beim Entfernen dieser
ziemlich undurchsichtigen Schicht mit Wasser
gehen gewöhnlich Farbstoffteile mit ab. Nach-
dem ein Fresko abgestäubt und dann mit Wein-
geist gereinigt worden ist, muss man es voll-
ständig trocknen lassen und dann mit dem Parafhn-
Kopalbindemittel behandeln; dies Bindemittel muss
jedoch stark mit Terpentingeist verdünnt werden,
oder noch besser mit reinem Toluol, ehe man es
auf das Fresko bringt. Durch diese Behandlung
wird die matte Oberfläche der Malerei gewahrt,
die undurchsichtigen Schichten werden wieder
durchsichtig, und das Bild kann bei einer späteren
Reinigung ohne Gefahr mit reinem Wasser oder
schwachem Weingeist abgewaschen werden.
Das erwähnte Ceresin (es muss einen Er-
starrungspunkt von nicht weniger als 69 0 G
haben) lässt sich zum Schutze eines restaurierten
Freskos auf folgende Art verwenden: Man schmilzt
4 Teile Ceresin und setzt 1 Teil Terpentingeist
oder Lavendelöl zu. Während das Gemisch warm
gehalten wird, fügt man dann unter ständigem
Umrühren 15 Teile Toluol dazu. Die klare Flüssig-
keit wird beim Erkalten fest werden und eine
Art von Salbe bilden, welche sich mittels eines
steifen Pinsels oder eines Palettenmessers auf die
Bildfläche auftragen lässt. Nach ein oder zwei
Tagen, wenn Toluol und Terpentingeist verdunstet
sind, wird das auf dem Bilde gebliebene Ceresin
unter mässiger Erwärmung geschmolzen und dringt
so in die obere Schicht ein. Man wird oft finden,
dass ein Kalkbewurf, auf welchem ein Fresko
ausgeführt worden ist, durch die Wirkung der
schwefligen Säure in unreiner Luft weich und
mürbe geworden ist. Eine Behandlung mit Ceresin-
salbe, wie schon oben beschrieben, genügt, um
solch einen umgewandelten Grund zu härten und
macht ihn auch für die ergänzenden Farbaufträge
wieder empfänglich.
HersteÜung von Bunt- und Vorsetz-
papieren.
Von Walter Ziegler.
Man unterscheidet einfarbige Papiere und Bunt-
papiere. Erstere sind entweder in der Masse gefärbt
oder oberflächlich gestrichen, letztere auf irgendwelche
Weise mit Farbenflecken bemustert. Solche Papiere
dienen in erster Linie dem Buchbinder zum schmücken-
den Bekleben von Bucheinbänden und verschiedenen
Kartonagearbeiten.
Aus der Anwendung dieses Verzierungsmittels er-
gibt sich die Art der Bemusterung. Für rechtwinklige
Formate, bei denen ein Oben und Unten, ein Rechts
und Links aus dem Gebrauche, schon ersichtlich ist,
kann ein aufsteigendes oder querlaufendes Ornament
oder Reihenanordnung von Ornamentelementcn häufig
angebracht, ja nötig sein, meist aber werden abstrakte
Linien und Fleckenformen, in beschränkter Grösse auf
der Fläche verteilt, generell tauglicher erscheinen.
Wir unterscheiden zweierlei streng getrennte und

unterschiedene Gruppen von Bemusterung, und zwar
erstens gedruckte Papiere, bei welchen ein verhältnis-
mässig kleines Motiv als Ornamentelement dient, das
in irgendwelcher rythmischer Wiederholung oder auch
Spiegelverkehrung nebeneinandergestellt ist, und zwei-
tens Papiere, welche mit unregelmässig, aber doch
gesetzmässig geformten, verschieden grossen Farben-
flecken, die hart abgegrenzt stehen oder verschwom-
men ineinander verlaufen, bedeckt sind. Zur Her-
stellung dieser letzteren dienen ungezählte Techniken
und Praktiken, die ich als „Zufallsformenerzeugung"
bezeichnen und in diesem Aufsatz besprechen will.
Massgebend für die Schönheit der Bemusterung
ist bei allen Buntpapieren der harmonische Farben-
zusammenklang und die anregend interessante Form
der Farbenflecken.
Die Natur als einzige Lehrmeisterin für unser
Schönheitsempfinden in der Kunst und dem Kunst-
gewerbe zeigt uns in unerschöpflichem Reichtum ihr
Schmückungsbestreben in ihren organischen und an-
organischen Gebilden. Ich möchte nur erinnern an
die Farbenpracht der Schmetterlinge und des Vogel-
gefieders, an Marmordurchschnitte und Holzmaserung,
an die herrlichen Eisblumen und die natürliche Pati-
nierung der Bronze.
Räumlich wenig ausgedehnte Flächen zeigen oft
ungebrochene Farben in kräftigem harmonischen Neben-
einander, dann finden wir aber auch Farbenzusammen-
stellungen von ernstem, schwermütigem, feierlichem,
zartem, heiterem Charakter. Baumrinde, bemooste
Steine, der prächtige Abendhimmel mit seinen bunten
Wolkenmotiven, die wellenbewegte Wasserfläche, sind
nicht zu übersehende Beispiele. Die mikroskopische
Weit in ihrer Kleinheit, der Sternenhimmel in seiner
Unendlichkeit, liefern dem suchenden Künstler immer
wieder neue Anregung. Es ist als läge im Urstoff
selbst der Wille, eine gesetzmässig schöne Lagerung
seiner Teile herbeizuführen.
Was durch physikalische und chemische Vorgänge
oft für reizvolle Erscheinungen erzielt werden, davon
weiss selbst mancher verständige Handwerker zu be-
richten. Das Material wird während der Bearbeitung
seine Wesenheit zur Sichtbarkeit bringen und das
Bestreben jedes Schaffenden sollte darauf gerichtet
sein, die Eigenheiten seines Arbeitsmittels zur
Schmückung zu benützen.
Bei der Buntpapiererzeugung ist die Schmückung
Selbstzweck, hier bietet sich der weiteste Spielraum,
der Phantasie schrankenlos die Zügel schiessen zu
lassen und Variationen und Kombinationen abstrakter
Linien und Fleckenformen zu schaffen.
Zufallsformen werden nicht erfunden und ge-
zeichnet, sie entstehen durch irgendeinen physika-
lischen Vorgang auf automatisch-mechanische Weise;
allerdings kann der Arbeitende die Formenbildung
zweckentsprechend beeinflussen.
Die resultierenden Gebilde sollen nicht den Ein-
druck eines sinnlosen Liniengewirres machen, es soll
aus dem Entstandenen sichtbar, oder wenigstens fühl-
bar sein, dass bei der Formierung der Schmückungs-
elemente eine gesetzmässig ordnende Kraft tätig war.
Meist wird dann auch beim Beschauer die Er-
innerung an irgendein Naturgebilde wachgerufen und
dadurch Interesse an der Erscheinung erweckt. Un-
willkürlich wird der Wunsch zutage treten, zu er-
gründen, wie solch reizvolle Wirkung technisch er-
zielt sei.
Eine der ältesten Techniken, um Buntpapier, das
auch türkisches Papier genannt wurde, herzustellen,
ist das Marmorierverfahren. Heute bezeichnet
man solche Erzeugnisse präziser als Tunkpapiere. Der
Vorgang beruht darin, dass man auf einer schleimigen
Flüssigkeit vegetabilischer Herkunft, Farbe, die mit
Galle und Alkohol versetzt ist, auftropft. Die Färb-
 
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