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Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

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Nr. 12
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Täuber, Ernst: Ueber Risse in der Bildschicht von Oelgemälden
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Grünwald, Julius: Der Kampf gegen die gewerbliche Verwendung von Bleiweiss
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https://doi.org/10.11588/diglit.36593#0050

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46

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. Ï2.

geiiefert werden, wurden in dieser Form für die
Versuche verwendet. Ais Maigrund diente eine
käufliche, nicht saugende, mit weisser Oeifarbe
präparierte Leinwand von giatter Oberfläche, die
nach Mitteilung von Praktikern die Bildung von
Rissen besonders begünstigen sollte.
Die Versuche wurden auf 42 verschiedene
Pigmente ausgedehnt, die sämtlich ziemlich dick
in grösseren Feldern auf den Malgrund aufge-
tragen und nach dem Trocknen wieder mit
kleinen Feldchen aller 42 Farben gedeckt wur-
den. Letzteres geschah mehrere Male nebenein-
ander, aber zu verschiedenen Zeiten, nämlich zu-
nächst unmittelbar, nachdem die Grundfarben
eben soweit getrocknet waren, dass sie an den
lose aufgelegten Finger nichts mehr abgaben, so-
dann etwa sechs Wochen später und endlich z. T.
auch noch ein drittes Mal nach weiteren sechs Mo-
naten. Dem beobachtenden Künstler ist nämlich
längst bekannt, dass ein unvollständig, nur ober-
flächlich getrockneter Oelfarbengrund die darauf
gelegten Farben besonders leicht zum Reissen
bringt; es galt daher festzustellen, ob mit zu-
nehmendem Trocknungsgrade die Gefahr sich
regelmässig verringert und ob sie schliesslich
ganz schwindet. — Die in den Kreis der Unter-
suchung gezogenen Pigmente waren in erster
Linie diejenigen, welche allgemein als die besten
der verfügbaren angesehen werden, in zweiter
Linie auch solche, die eine verschiedene Beur-
teilung erfahren oder als minderwertig erkannt sind.
Zum richtigen Verständnis der Versuchsergeb-
nisse muss ich die benutzten Pigmente einzeln
benennen; ich tue dies, indem ich sie nach Farb-
tönen ordne, weil dieses Einteilungsprinzip am
leichtesten durchführbar und dem Farbenver-
braucher am vertrautesten ist. Hinter jedem
Farbennamen findet sich in Klammer eine Zahl
in arabischen und eine solche in römischen Ziffern.
Erstere gibt an, wie viele von den 42 aufgelegten
Farben auf der betreffenden Farbe als Grund-
farbe gerissen sind, letztere, in wie vielen Fällen
diese als übergelegte Farbe Risse aufweist. Da-
bei ist aber nicht darauf Rücksicht genommen,
ob die Risse nur auf der unvollständig oder auch
auf der mehr oder weniger vollständig durch-
trockneten Grundfarbe entstanden sind. Es wurden
verwendet: Bleiweiss (26, II), Zinkweiss (30,
XXXIV), Lithopon (23, o), Cadmium hell (il, III)
und dunkel (12, XIII), Neapelgelb hell (7, XII)
und dunkel (6, VIII), Ocker (2, XII), Chromgelb
(O, XXV), Indischgelb (7, VII), Alizarinorangelack
(5, XX), Zinnober (8, V), Englisch Rot (il, IV),
Gebrannter Ocker (3, XI), Gebrannte Siena (1, VI),
Gebrannte italien. Erde (2, VI), Mennige (37, o),
Aiizarinlack (2, IX), Krapplack (4, IV), Carmin
(2, XXII), Preussisch Braun (O, IV), Umbra un-
gebrannt (6, V) und gebrannt (9, IV), Siena (5, II),
italien. Erde (7, VI), Kassler Braun (f, IX), As-

phalt (6, O), Mumie (3, II), Chromoxydgrün matt
(2, VI) und feurig (2, II), Kobaltgrün hell (31, O)
und dunkel (27, O), Blaugrünes Oxyd (2, XIII),
Grüne Erde (5, XII), Coeruleinlack (o, IV), Ko-
baltblau hell (7, XVIII) und dunkel (8, XVIII),
Ultramarin hell (7, VI) und dunkel (4, I), Preussisch
Blau (o, III), Indigo (o, IV), Elfenbeinschwarz
(I, V). Von diesen 42 Pigmenten waren Alizarin,
Alizarinorange, Coerulein, Kassler Braun und As-
phalt mit Leinöl, die übrigen mit Mohnöl an-
gerieben. (Fortsetzung folgt.)
Der Kampf gegen die gewerbliche Ver-
wendung von Bieiweiss.
Von ing. ehern. Julius Grünwald-Lafeschotte.
Die Frage des Verbotes des Bleiweisses und
der Ersatz durch Zinkoxyd ist nicht neu. Schon
1701 beschreibt ein italienischer Arzt, Romazzini,
die Bleivergiftung bei Handwerkern. Courtois
war der erste, der schon 1770 die Anwendung
von Zinkweiss vorschlug.
Gayton de Morveau fand 1786 eine rationelle
Methode zur Herstellung von Zinkweiss. Im
gleichen Jahre ordnete der französische Marine-
minister Marschall de Castries das Studium des
Ersatzes von Bleiweiss durch Zinkweiss an.
Leclaire gebührt das Verdienst, 1844 das
Zinkoxyd im grossen Masstabe zu billigem Preise
zuerst hergestellt zu haben.
Auf dem Kongresse der Vereinigung zum ge-
setzlichen Schutze der Arbeiter, der 1904 in Basel
stattfand, wurde die Behauptung der Anhänger
des Bleiweisses, dass letzteres durch das weniger
deckende Zinkoxyd nicht ersetzt werden könne,
durch Fontaine, den hervorragenden technischen
Direktor des französischen Handelsministeriums,
glänzend widerlegt. Er zeigte, dass seit 1848
für alle Arbeiten, die durch das französische
Arbeitsministerium ausgeführt wurden, das Blei-
weiss durch Zinkweiss ersetzt wurde, dass man
mit den Erfolgen sehr zufrieden sein und eine
sechzigjährige Erfahrung wohl als vollgültiger Be-
weis gelten könne.
Im Jahre 1901 hatte das französische Ministe-
rium für öffentliche Arbeiten die Frage neuerdings
seinen Ingenieuren zum Studium vorgelegt. Die
Berichte derselben waren fast durchweg dem
Ersätze des Bleiweisses durch Zinkweiss günstig.
Baudin und Millerand als französische Arbeits-
und Handelsminister erliessen auf Grund dieser
Berichte ein neuerliches Verbot der Verwendung
von Bleiweiss für Arbeiter ihres Ressorts. Ihrem
Beispiele folgten bald der französische Kriegs-
minister und Unterrichtsminister. Aber das Ver-
bot konnte nur teilweise von Erfolg begleitet
sein, solange die Verwendung der Bleifarben im
Privatunternehmen erlaubt war.
 
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