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Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

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Nr. 15
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Täuber, Ernst: Ueber die Risse in der Bildschicht von Oelgemälden, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36593#0061

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Inh ait: Ueber Risse in der Biidschicht von Oeigemäiden. Von Prof. Dr. E. Täuber. (Schiuss.) — Das
Zeichnen für Iiiustrationszwecke. Von Joh. Mai-Tiisit. — Einiges über Gemäideerhaitung und Gemälde-
renovierung. Von Kari Strempei-PfaHendorf (Rhein). (Schiuss.) — Zum Thema: Leonardos „Abend-
mahi". Von Adoif Hering-Beriin.

Ueber Risse in der Bildschicht von Oeigemäiden.
Von Prof. Dr. E. Täuber. (Schiuss.)

Es ist auch zu bedenken, dass gerade durch
Bedeckung mit einer neuen Farbschicht der
Oxydationsprozess in der unteren Schicht erheb-
iich verzögert werden soiite, weii die ihn ermög-
iichenden Einflüsse, nämiich Licht und Luft, nun-
mehr grösstenteils fern gehalten werden.
Eine meines Erachtens mehr befriedigende
Erkiärung wäre vieiieicht in der Annahme zu
finden, dass durch Wechselwirkung gewisser
Pigmente unter den ermittelten Bedingungen, d. h.,
wenn das Oel der unteren Schicht noch nicht
voliständig oxydiert ist, elektrische Ströme hervor-
gerufen werden, welche in der noch weichen
oberen Schicht Spannungszustände bezw. dadurch
bedingte Bewegung erzeugen. Damit steht die
Tatsache im Einklang, dass in manchen Fällen
die Zerklüftung der oberen Schicht schon dann
eintritt, wenn sie noch ganz weich und verwischbar
ist. Ob dies immer der Fall ist, kann ich nicht
sagen, weil ich dieser Frage bisher meine Auf-
merksamkeit nicht besonders zugewendet habe.
Dass elektrische Ströme bei dem Trocken-
prozess eine Rolle spielen, scheint auch aus der
Beobachtung hervorzugehen, dass gleich dicke
Anstriche mit ein und derselben Farbe auf ver-
schiedenen nicht saugenden Gründen unter sonst
durchaus übereinstimmenden Bedingungen eine
ganz verschiedene Trockendauer aufweisen. Am
auffälligsten zeigte sich dies bei Zinkweiss in
Mohnöl, das überhaupt zu den am langsamsten
trocknenden Oelfarben gehört. Eine ziemlich
starke Schicht davon erforderte zum Erhärten auf
Kupferblech 9, auf Messingblech 18 Tage, auf
Porzellan 6 Monate und auf Zinkblech ein ganzes
Jahr. Wenn man Porzellan als neutralen Grund

auffasst, was wohl berechtigt ist, so übt das
Kupfer augenscheinlich einen beschleunigenden,
das Zink einen verzögernden Einfluss auf den
Trockenprozess von Zinkweiss in Mohnöl aus.
Mau wird den vorstehenden Ausführungen
entnehmen, dass auf dem Gebiete der Malchemie
sichere Ergebnisse, die zur Aufstellung von
Regeln für die praktische Malerei berechtigen,
nur mit grosser Mühe und Geduld gewonnen
werden können. Das ist leicht zu verstehen,
wenn man bedenkt, dass die in der Malerei be-
nutzten Materialien fast durchweg Gemische von
wechselnder Zusammensetzung darstellen, deren
hervorstechendste gemeinsame Eigenschaft das
Fehlen der Kristallisationsfähigkeit ist. Man darf
also niemals auf Einzelbeobachtungen erheblichen
Wert legen, sondern muss solche immer wieder
nachp'rüfen, bevor man allgemeine Schlüsse daraus
zieht und weiteren Kreisen bekannt gibt, sonst
wird die ohnedies vorhandene Verwirrung nur
noch gesteigert. Dass der Künstler, der bei
mangelnden chemischen Kenntnissen diese
Schwierigkeiten gar nicht genügend zu würdigen
vermag, und der zu systematischen Arbeiten für
gewöhnlich nicht erzogen ist, für sich allein, also
ohne Mitwirkung des erfahrenen Chemikers, nicht
berufen ist, geordnete Zustände zu schaffen, leuchtet
ohne weiteres ein, aber andrerseits ist davor zu
warnen, dass der Chemiker auf Grund seiner all-
gemeinen Fachkenntnisse und ohne sorgfältige
Spezialversuche dem Maler praktische Ratschläge
erteilt; sie könnten leicht nur den Erfolg haben,
das Vertrauen zu erschüttern, das erst in neuerer
Zeit von ernsten und erfahrenen Künstlern der
Arbeit des Chemikers in technischen Fragen der
 
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