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Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

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Nr. 6
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Gerhardt, Paul: Behandlung von Putzflächen als Malgründe
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https://doi.org/10.11588/diglit.36593#0025

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München, 14. Dez. 1908.

Beitage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint i4tägig unter Leitung von Maier Ernst Berger.

Inhait: Behandiung von Putzflächen ais Matgründe. Von Paut Gerhardt-Düssetdorf. — In Angetegenheit des
Knotterschen Freskogemätdes. Von E. B. — Herstettung von Bunt- und Vorsetzpapieren. Von Watter
Ziegter. (Fortsetzung.) — Leonardos „Abendmaht".

Behandlung von PutzHächen als Malgründe.
Von Paut Gerhardt-Düssetdorf.

Obwoht man in unserer Zeit immer mehr
wieder zu einer mehr oder weniger reichen oder
künstlerisch durchgeführten Innendekoration zu-
rückkehrt, so ist doch mit diesem Bestreben die
Herstellung eines dazu erforderlichen und vor
altem eines dazu geeigneten Matgrundes keines-
wegs auf gteicher Höhe gebtieben. Es ist dies
um so eigentümticher, da es doch wahrtich nicht
an Vorbildern aus Kunstperioden mangett, in
denen man auf die Herstettung und Behandlung
eines sotiden Mörtetputzes ein Hauptgewicht tegte,
und die sich aus den geschichttich ältesten
Perioden bis in unsere Zeit auffattcnd gut erhalten
haben.
Es mag daran liegen, dass die malerischen
Ausschmückungen und Innendekorationen zu lange
geschlummert haben, dass andere Kunstrichtungen
kein oder wenig Gewicht auf monumentale Male-
rei und Dekoration gelegt haben und dass mit
der Technik der Monumentalmalerei auch die des
dazu erforderlichen Putzes verloren ging.
Erst im Anfang des 19. Jahrhunderts wurde
die Freskomalerei durch Peter von Cornelius
wieder in unserem Vaterlande eingeführt und
doch hat auch dieser gewaltige Meister seiner
Kunst trotz seiner langen Studien an den italie-
nischen Meisterwerken scheinbar mehr Gewicht
auf die künstlerische Behandlung der Monumental-
malerei gelegt, als auf die Technik und Be-
handlung des dazu dienlichen Mörtelmaterials.
Kirchen, öffentliche Gebäude, Privatgebäude, fast
überall Anden sich heute wieder entweder künst-
lerisch ausgeführte Wandmalereien oder dekora-
tive Ausschmückungen, mehr oder minder reich
nnd wertvoll oder bedeutend bis zum einfachsten
Anstrich, der doch auch immerhin kostspielig ist

und eine nicht zu kurz bemessene Zeit überdauern
soll. Natürlich soll das besonders bei künst-
lerisch ausgeführten Monumentalmalereien der Fall
sein und muss besonders bei diesen Wert darauf
gelegt werden, da sie späteren Geschlechtern den
kulturellen Gesichtspunkt ihrer Zeit überliefern
sollen, bei Kunstwerken, die, wenn sie verfallen
sind, nicht mehr ersetzt werden können. Wenn
erst solche Werke knapp das Leben ihres Schöpfers
überdauern, wo bleiben wir dann mit den Ueber-
lieferungen unserer Zeit im Gegensatz zu denen
früherer guter Kunstperioden, wie kläglich wird
dann ein so blühendes und tatkräftiges Zeitalter
wie das unsrige vertreten sein.
Der oberflächliche Beobachter schiebt in sol-
chen Fällen häuAg die Schuld kurzweg der Farbe
zu, manchmal ja auch mit gewisser Berechtigung,
insofern, als oft ein ungeeignetes, zu billiges
Farbmaterial Verwendung gefunden hat, ein Farb-
material, das weder die Einwirkungen des Kalkes
noch sogar die des Lichtes verträgt und von der
Bildfläche in kürzester Zeit verschwindet. Sehr oft
ist aber die wahre Ursache des Uebels die un-
verstandene Zubereitung des Mörtelmalputzes.
Gehen wir nun der Entstehung einer für
spätere Malerei bestimmten Fläche auf den Grund,
so Anden wir in den wohl weitaus grössten Fällen,
dass der Verputz der Wand durch Submission
vergeben wird. Derjenige, der mit der Arbeit
am billigsten ist, bekommt die Ausführung, und
da der Betreffende um sein Verdienst arbeitet,
aber auch von der Beschaffenheit solcher Putz-
Aäche für seine spätere Bestimmung keine Ahnung
hat, arbeitet er auf gutes Aussehen der fertigen
Fläche. Er verwendet Zement, ja sogar häuAg
Gips, weil er gewohnt ist damit zu arbeiten und
 
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