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Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

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Nr. 4
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Church, Arthur H.: Die Erhaltung von Bildern und Zeichnungen, [3]
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Frische, Arnold: Petroso-Verfahren
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https://doi.org/10.11588/diglit.36593#0020

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Münchner kunsttechnische Blätter.

Kr 4.

[6

das seinen alten Firnis verloren hat. Ein Oel-
gemälde, in dem kein Retouchierhrnis verwendet
worden ist, und welches ein Jahr nach seiner
Fertigstellung einen dünnen Ueberzug von trocknen-
dem Oel mit etwas Kopalftrnis und dann nach
Verlauf von wieder zwölf Monaten seinen end-
lichen Schlussfirnis aus Mastix erhalten hat, kann
durch das eben beschriebene Abreibeverfahren
nicht beschädigt werden. Und selbst unter weniger
günstigen Bedingungen ist es die einzige Methode,
die zu allgemeiner Anwendung zu empfehlen ist.
Aber sie hat ihre Gefahren und lässt sich bei
Bildern schlecht anwenden, wo die Textur einer
groben Leinwand oder die Faser einer Holztafel
auf der Oberfläche deutlich sichtbar ist. Diesen
Bemerkungen über das Abreibeverfahren will ich
noch hinzufügen, dass es manchmal rätlich ist,
ein Bild neu mit frischem Mastix zu firnissen, ehe
man den alten entfernt; ein oder zwei Tage
später lassen sich beide Schichten zusammen ab-
nehmen.
Die Entfernung von altem Firnis durch die
Benutzung eines Lösungsmittels ist ein gewagtes,
wenn auch leicht auszuführendes Vorgehen. Die
für diesen Zweck gewöhnlich angewendete Flüssig-
keit ist Weingeist von ungefähr 60°, der mit ein
Viertel seines Volums destilliertem Wasser ver-
dünnt wird. Er wird mit Hilfe von Wattebäusch-
chen aufgetragen und die Wirkung des Lösungs-
mittels wird, wenn nötig, unterbrochen, indem
man die Stelle sofort mit einem in Terpentingeist
getauchten Wattebausch befeuchtet; in einigen
Fällen nimmt man Leinöl. Doch wenn Mastix-
Retouchierürnis als Malmittel gebraucht worden
ist, so kann dieser und ebenso die damit ver-
bundenen Farben durch die Anwendung dieser
Lösungsmittel zerstört werden. Auch sei daran
erinnert, dass manche Künstler in ihren Oelbildern
mit Wasserfarben ganze Stellen oder Einzelheiten
ausführen; diese werden fast mit Sicherheit vom
Weingeist angegriffen. (Schluss folgt.)
^Petroso-Verfahren.
Von Arnold Frische-Düsseldorf.
In der städtischen Kunsthalle zu Düsseldorf
sind gegenwärtig eine Anzahl Skulpturen bekannter
Künstler ausgestellt, die von dem Düsseldorfer
Bildhauer Carl Müller in einer von ihm erfundenen
und in allen Ländern patentierten Steingussmasse
„Petroso" hergestellt sind.
Die Versuche, den Naturstein auf künstlichem
Wege darzustellen, sind in zahllosen Fällen mit
mehr oder weniger Erfolg gemacht worden.
Unübertroffen und wohl kaum verbesserungs-
fähig ist die Müllersche Steinmasse. 1st doch
Müller durch das von ihm angewandte Verfahren
in der Lage, jedes Steinmaterial, ganz gleichgültig,
ob es sich um Sandstein, Marmor oder Granit
handelt, in jeder Farbe und Struktur herzustellen.

Diese Herstellung geschieht dadurch, dass die
zerkleinerten und auf ein beliebiges Korn ge-
mahlenen Mineralien mit einem Bindemittel zu
einer Gussmasse verarbeitet und in diesem
flüssigen Zustand in beliebigen Formen (Stück-
formen, Gelatine- oder verlorenen Formen) zum
Guss verwendet werden.
Auf diese Weise hergestellte Steingüsse er-
halten, „abgesehen von ihrer ausserordentlichen
Schärfe", eine Festigkeit, die derjenigen des
Natursteines völlig gleichkommt, auch ist sie be-
deutend leichter zu reinigen wie jener.
Durch die bedeutende Härte seiner Gussmasse
ist der Erfinder nun in der Lage, Hohlgüsse her-
zustellen, die nur eine mässig grössere Wand-
stärke beanspruchen wie Bronzegüsse. Ueberhaupt
hat das Petrosoverfahren eine grosse Aehnlichkeit
mit der Bronzegiesserei, nur hat es der letzteren
gegenüber den Vorzug der grösseren Vielseitig-
keit wie auch der Billigkeit. Dasselbe wird sich
daher auch für Museumszwecke, „als Ersatz für
Gipsabgüsse usw.", ganz besonders eignen.
Von unschätzbarem Wert ist das „Petroso-
verfahren" jedoch für die bildenden Künstler, da
dasselbe die Herstellung plastischer Werke in
jeder beliebigen Steinmasse ohne grössere Auf-
wendungen ermöglicht.
Die königliche Kunstakademie zu Düsseldorf
sowie der Verein zur Förderung der Bildhauer-
kunst in Rheinland und Westfalen haben in ihren
Gutachten übereinstimmend die vorzügliche Ver-
wendbarkeit und Vielseitigkeit der Erfindung
anerkannt und ist daher zu erwarten, das dieselbe
die gebührende Beachtung finden wird.
Lîtcraturanzeîge.
Bei der Schriftleitung eingetroffen:
Der praktische Farben-Dekorateur. Ueber
Dekoration, Ausstaffierung und Drapierung von
Schaufenstern, Ausstellungsräumen und Flächen
mit farbigen Stoffen aller Art, nach den Ge-
setzen der Farbenharmonie von Eduard
Kreutzer, Maler, vormals Zeichenlehrer am
Kgl. Gymnasium und am Realgymnasium zu
Wiesbaden. Mit vielen Zeichnungen und Farben-
tafeln. 2. Auflage. (Paul Neff Verlag [Max
Schreiber], Esslingen a. N.) In Ganzleinenband
Mk. 4-—.
Dieses Buch enthält eine leichtfassliche Darlegung
der Gesetze über die Farbenharmonie und gibt wert-
volle Fingerzeige für deren Anwendung auf allen Ge-
bieten, für die Zwecke des Handwerks und der Kunst.
In unserer Zeit, wo gesunder Sinn und Kunstgeschmack
glücklicherweise die Freude an frischen, kräftigen und
satten Farben wiedererweckt haben, tut ein solches
Buch gute Dienste, namentlich werden Dekorateure,
Maler, Kunstgewerbler u. dgl. m. Nutzen daraus ziehen
und es schätzen lernen.
Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
 
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