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Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

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Nr. 8
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Der Hygrometer im Atelier
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Die Lebensdauer der modernen Gemälde
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Schwierige Beantwortung
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https://doi.org/10.11588/diglit.36593#0036

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32

Münchner kunsttechnische Biätter.

Nr. S.

Raume den Hygrometer auf dem Stande normaier
Feuchtigkeit zu erhalten. Bei Oefen älteren Systems
mit zwei oder drei Durchsichten zum Aufstellen der
Verdampfschalen lässt sich die obige Verbesserung
der Luft leicht bewerkstelligen — durch Lüftung
allein wird ja manches erreicht, an Heizmaterial jedoch
viel verschleudert —, schwieriger ist dies aber in mo-
dernen Ateliers mit Zentralheizung, mit Parkettböden,
die nicht feucht gewischt werden dürfen, oder die
mit Teppichen belegt sind. Ein befreundeter Kollege
ist auf folgende einfache und ingeniöse Idee gekommen:
Einen Meter oberhalb seines Heizkörpers hat er über
eine Rolle ein wollenes Tuch so befestigt, wie Hand-
tücher in Toiletten; der untere Teil taucht in ein
breites Behältnis von Zinkblech, wie sie etwa für
Blumentische gemacht werden. Dieser Behälter wird
mit Wasser gefüllt und das über die Rolle abwärts
gezogene Tuch wird nach Bedarf 2—3 mal täglich ganz mit
Wasser getränkt. So verdampft immer eine genügende
Menge Wasser, die Prozedur des Tuchtränkens ist sehr
vereinfacht, denn durch die Kapillarität des Wollen-
stoffes wird von selbst stets Wasser in die Höhe steigen
und das verdunstete durch neues ersetzt." C. F.
Die Lebensdauer der modernen
Gemälde.
Unter dieser Ueberschrift ist die folgende Notiz
in einigen Tageszeitungen erschienen.
Aus London wird berichtet: In einem fesselnden
Vortrage im Bedford College untersuchte George
Thomson auf Grund physikalischer und chemischer
Versuche die modernen Malmittel und gab dabei lehr-
reiche Aufschlüsse über manche Mängel des modernen
Farbenmaterials, die so manches Kunstwerk der Gegen-
wart zu schneller Farbenveränderung oder Farbenzer-
setzung verurteilen. Bei dem heute gebräuchlichen
Scharlachrot und dem modernen Bitumen geht die
rasche Farbzersetzung auf rein chemische Ursachen
zurück. Die gefährlichsten Farben für die Unsterblich-
keit unserer modernen Maler sind jedoch jene Farben-
gruppen, in denen Farbstoffe wie Bleiweiss, Chromgelb
oder Verdigris enthalten sind und die sowohl für Licht
als auch für rein atmosphärische Einflüsse, wie z. B.
die Luft in grösseren Städten sehr empfindlich sind.
Sehr wichtig für die Erhaltung der ursprünglichen
Farbenharmonie neuerer Bilder ist das Fernhalten der
Feuchtigkeit; Experimente haben gelehrt, dass Bilder,
die sorgsam trocken gehalten werden, ihre Farben-
eigentümlichkeiten nicht verändern. Wenn es also ge-
länge, ein Firnis- oder Deckmittel zu finden, das die
Wirkungen der Feuchtigkeit fernhält, so würden die
Werke dem schädigenden Einflüsse des Schwefelwasser-
stoffes entgehen und wahrscheinlich auch längere Zeit
den Lichteinwirkungen widerstehen. Aber fast keine
der heute gebräuchlichen Firnisse oder Oele erfüllen
diese Anforderung, sie alle bedeuten einen nur sehr
relativen Schutz gegen die Feuchtigkeit. Dem Professor
Laurie*) ist es nach längeren Versuchen gelungen,
derartige Bindemittel herzustellen, und auch John Cocke
aus Chelsea hat auf diesem Wege einen wichtigen
Schritt vorwärts getan. Es wurden dann interessante
praktische Experimente vorgenommen, in denen auf
verschiedene Weise präparierte Farbenflecken der
Einwirkung von Schwefelwasserstoff ausgesetzt wurden,
die mit Leinsamenöl, mit Kopal und mit Bernsteinfirnis
geschützt waren. Nach kurzer Zeit bereits zeigte sich
die Wirkung auf die weissen Flächen, sie dunkelten
stark nach, während die mit einem neuen Malmittel
von Thomson übermalten Flächen ihre schneeweisse
Farbe beibehielten.


Damit im Zusammenhang scheint eine reklamenartige
Ankündigung neuer Oelfarben für Künstler zu stehen,
die von der englischen Künstlerfarbenfabrik von
Madderton & Co. in Laugthon, Essex, England,
als „Cambridge-Farben" angezeigt und nach spe-
ziellen Angaben von Dr. A. P. Laurie fabriziert werden.
Das Pariser Depot ist bei William Bazé & Co., 48 rue Vavin.
Schwierige Beantwortung.
Unsere Aufforderung in Nr. 5 dieser Blätter war
insofern von Erfolg, als zwei Zuschriften eintrafen,
die sich auf obige Beantwortung beziehen. Die dem
Fragesteller seinerzeit unsrerseits erteilte Antwort
stimmt inhaltlich völlig mit den in den beiden Zu-
schriften erteilten Auskünften überein, denn wir hatten
Herrn R. B. die besten uns bekannten Bücher über
Restaurierung zum Studium empfohlen, u. zw. das bei
Karl W. Hiersemann, Leipzig 1899 erschienene Buch:
„Bilderpflege", Ein Handbuch für Bilderbesitzer.
Die Behandlung der Oelbilder, Bilderschäden, deren
Ursache, Vermeidung und Beseitigung, von Porträt-
maler Eugen Voss, Königsberg i. Pr. (Preis 4 Mk.),
ein Werk, das sehr viel Treffliches enthält und auf das
uns der Verfasser so freundlich war, in seiner Zuschrift
aufmerksam zu machen; dann wurde noch empfohlen:
Lucanus, Vollständige Anleitung zur Erhaltung, Rei-
nigung und Wiederherstellung der Gemälde usw.,
4. AuH., Halberstadt 1S81 (Preis 2,20 Mk.), Petten-
kofer, Ueber Oelfarbe und das Regenerations-
verfahren, II. Auf!., Braunschweig 1902, und Frimmel,
Handbuch der Gemäldekunde, Leipzig 1894, wo sich
ausführliche Literaturnachweise finden; endlich das
ausführlichste von allen diesen Büchern, nämlich
Secco-Suardo, 11 Restauratore dei Dipinti, Milano
1894, 2 Bde. (Italienisch. Preis 6 Lire.)
Die zweite Zuschrift lautet:
„In bezug auf den Brief unter der Rubrik .Schwierige
Beantwortung' möchte ich Herrn Maler R. B. Vor-
schlägen, solche Bücher zu lesen, welche eingehenderen
Aufschluss über seine Fragen enthalten, als er in irgend-
einer Zeitschrift finden kann; dann sollte er an einem
wertlosen Bilde Versuche machen.
Frage 1. ist in Viberts Science de la Peinture und
auch teilweise in Lucanus über Restaurierung
behandelt.
„ 2. Es ist äusserst schwierig und gefahrvoll,
Kopallack zu entfernen; es ist am besten, ihn
auf dem Bilde zu lassen. — Nur wenn es
ganz unumgänglich ist, sollte die Entfernung
von einem geschickten und geübten Manne
unternommen werden. Das Verfahren über
Beseitigung von Essenzfirnissen ist in jedem
Handbüch zu finden in Merimëe, Köster,
Bouvier, Vibert, Lucanus usw.
„ 3. ist ebenfalls in den obigen Büchern völlig
beantwortet.
Ich sehe nicht ganz klar, wie durch Beantwortung
dieser Fragen .allen Malern gedient sein sollte', da
keines dieser Verfahren in ihr Fach kommt.
F. B. in Freiburg i. B."
Den Herren Einsendern sagen wir besten Dank.
Wir können noch hinzufügen, dass uns von einem
Fachmann eine ausführlichere Besprechung einzelner
Abschnitte der Bilderrestaurierung in Aussicht gestellt
worden ist. Gelegentlich wollen wir auch unsere
eigenen Erfahrungen über das Thema des Bilderrestau-
rierens bekannt geben, denn es kann nicht verschwiegen
werden, dass die obigen Bücher nur als Anregung zu
betrachten sind, die eigentliche Erfahrung aber erst
durch fortgesetzte Uebung gewonnen werden muss.
Die Schriftleitung.

Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
 
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