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Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

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Nr. 15
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Täuber, Ernst: Ueber die Risse in der Bildschicht von Oelgemälden, [4]
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Mai, Johann: Das Zeichnen für Illustrationszwecke
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https://doi.org/10.11588/diglit.36593#0062

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$8 Münchner kunsttechnische Blätter. Nr. 15.

Malerei hier und da entgegengebracht wird. —
Nur durch gemeinsame Arbeit des Künstlers und
des Chemikers wird man dahin gelangen können,
aus der immer wachsenden Menge von Materialien
die besten herauszufinden und für ihre rationelle
Anwendung zuverlässige Regeln aufzustellen.
Das Zeichnen für IHustraiionszwecke.
Von Johann Mai-Tilsit.
Für alle Künstler, die sich mit dem Zeichnen und
Entwerfen für Illustrationszwecke befassen oder be-
fassen wollen, ist eine eingehende Erläuterung, wie
derartige Kompositionen beschaffen sein müssen, jeden-
falls sehr erwünscht, denn es handelt sich um ver-
schiedene Bedingungen, die absolut erfüllt werden
müssen, damit die Herstellung der Druckplatten auf
photomechanischem Wege anstandslos vor sich gehen
kann.
Sollen demnach die Vervielfältigungen durch den
Druck die möglichste Naturtreue der künstlerischen
Kompositionen aufweisen, und ist der Künstler, wie
das zumeist der Fall ist, nicht selbst der Hersteller
der Druckplatten, dann müssen die Kompositionen in
der Mehrzahl auf photomechanischem Wege auf die
Hochätzmetalle oder den lithographischen Stein über-
tragen bezw. in Druckplatten umgewandelt werden,
und es müssen hierzu die Originalkompositionen so
beschaffen sein, dass sie sich für die photographischen
Reproduktionen in jeder Beziehung eignen. 1st da-
gegen der Entwurf oder die Zeichnung nur deshalb
angefertigt, dass sie entweder den Xylographen oder
den Lithographen gewissermassen nur als Vorlagen
dienen sollen, dann bedarf es mehr der skizzenhaften
Ausführung, weil dann die eingehende Durcharbeitung
eben den graphischen Künstlern, d. h. den Xylo-
graphen oder Lithographen überlassen bleibt. In
diesen Fällen jedoch kann der entwerfende Künstler
nicht mehr verlangen, dass die xylographischen oder
lithographischen Nachbildungen die naturgetreuen
Strichführungen, also überhaupt die Eigenarten des
entwerfenden Künstlers, aufweisen, weil bei der manu-
ellen Handarbeit in der Xylographie oder der Litho-
graphie diese charakteristischen Eigenarten zum grössten
Teil verloren gehen, genau so wie dies bei allen
anderen Nachzeichnungen stets zu geschehen pflegt,
die von zweiten Personen angefertigt werden.
Mir sind in der Praxis sehr oft derartige Fälle vor-
gekommen, dass lithographische Gravierungen oder
Federzeichnungen, für die von verschiedenen Künstlern
die Entwürfe geliefert wurden, eine haargenaue Nach-
bildung dieser Entwürfe geradezu gefordert wurde,
ein Verlangen, welches unmöglich erfüllbar ist, denn
selbst bei der genauesten Pause und Nacharbeit auf
lithographischen Stein unterlaufen Abweichungen, was
dem Xylographen bei seiner Arbeit auf Holz ebenfalls
nicht erspart bleibt. Allerdings kann man im Holz-
schnitt der Naturähnlichkeit des Entwurfes auf leich-
tere Weise näher kommen als bei der Lithographie,
wenn die Künstler ihre Handzeichnungen statt auf
Papier direkt auf die Holzplatten zeichnen, worauf die
Xylographen den Schnitt annähernd genau nach den
Vorzeichnungen auszuführen in der Lage sind. Schon
zur Zeit Albrecht Dürers und der verschiedenen
anderen Meister der Holzschneidekunst scheint dieser
Weg betreten worden zu sein, denn vielerlei Ab-
bildungen aus jener Periode rühren der Vermutung
nach von weniger tüchtigen Holzschneidern her, wäh-
rend die Originalzeichnungen auf Holz unzweifelhaft
von den Meistern selbst angefertigt worden sind.
In der Lithographie dagegen ist eine derartige
Arbeitsteilung unmöglich, hauptsächlich aus fachtech-

nischen Gründen, denn die Behandlung der Litho-
graphiesteine erfordert seitens der Künstler eine ziem-
lich eingehende Kenntnis in der Behandlung der Steine
schon dann, wenn es sich nur um Vorskizzierungen
der betreffenden Zeichnungen handelt, die später
in Gravier- oder Federmanier ausgearbeitet werden
sollten.
Durch die Indienststellung der Photographie bei
der Druckplattenherstellung ist man jedoch auf dem
Gebiete des Holzschnittes der naturgetreuen Wieder-
gabe der künstlerischen Originalzeichnungen sehr nahe
gekommen, wobei das direkte Zeichnen auf die Holz-
platten in vorher erwähnter Weise ganz in Wegfall
kommt, weil durch die photographische Aufnahme der
Originale und durch das direkte Kopieren der dabei
erhaltenen Negative auf das Holz ganz genau dasselbe
geleistet wird, als beim direkten Zeichnen. Gleich-
viel nun, ob die Zeichnungen oder Entwürfe einfach
oder kompliziert sind, lassen sie sich in der Photo-
xylographie weit originalgetreuer herstellen als auf
dem früheren umständlichen Wege, und weil vermöge
der Hochätzung auf den verschiedenen Metallen, wie
Zink und Kupfer, die mühsame Handarbeit des Holz-
schneidens wieder umgangen werden konnte, so
wurden die vermittelst der Photographie erhaltenen
Negative direkt auf die Hochätzmetalle kopiert und
die freien Räume durch das Aetzen vertieft, also statt
der Hochdruckplatten in Holz solche aus Metall er-
halten.
Aber auch die Lithographie hat sich dieses neue,
auf photographischer Grundlage beruhende Verfahren
zunutze gemacht, denn statt, dass die Negative auf
Hochätzmetall kopiert und so auf photochemigraphi-
schem Wege Hochdruckplattenklischëes erzielbar sind,
die in der Buchdruckpresse abgedruckt werden, ko-
piert man die Negative auf lithographische Steine, um
davon nach entsprechender chemischer Behandlung
des Druckfeldes genau so hohe Auflagen im Flach-
druck zu vervielfältigen, wie von direkten Federzeich-
nungen oder Gravierungen. Diese Arbeitsmethode
bezeichnet man als Photolithographie, und eignet sie
sich besonders für grosse und viele freie Flächen auf-
weisende Zeichnungen, die bei den Aetzungen in
Metall eine zu langwierige Behandlung erfordern, oder
für solche, die mit verschiedenen andersfarbigen Tönen
beim Druck noch versehen werden sollen.
Dass also die Photographie bezw. die photo-
mechanischen Uebertragungsverfahren eigentlich die
Künstler den verschiedenen Druckarten näher gebracht
haben, was früher nicht der Fall war, steht als Tat-
sache da; denn erst von dem Zeitpunkt an, als die
Photographie ausgiebiger zur Illustrationsplattener-
zeugung benutzt werden konnte, lässt sich eine grössere,
ausgedehntere und vielseitigere Betätigung der zeich-
nenden und malenden Künstler für die Illustrations-
fächer nachweisen. Den Einfluss, den dadurch diese
Künstler auf das ganze Illustrationswesen gewonnen
haben, ersieht man daraus, dass die starren Fesseln,
in denen die älteren Holzschnitte und Lithographien
gebannt waren, abgestreift, und eine freiere, flottere
und selbsttätigere künstlerische Auffassung platzgreifen
konnte, so dass man von einer Wiedergeburt der
graphischen Künste im allgemeinen sprechen kann.
Nach dieser Einleitung wende ich mich zu den
Entwürfen und Zeichnungen selbst, welche entweder
in Autotypie oder Phototypie reproduziert und auf
Metall zur Hochätzung oder auf lithographischen Stein
kopiert werden sollen, und will ich mich vorerst dem
Zeichenmaterial, also dem Papier und dann der Tusche
zuwenden, weil gerade hierin bei vielen Künstlern noch
recht oft gefehlt wird.
Es ist durchaus nicht gleichgültig, welches Zeichen-
papier verwendet wird, denn wenn man z. B. ein
 
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