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Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

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Nr. 1
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Meyer, R. H.: Der Originalholzschnitt
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Noch einmal: Makarts Maltechnik
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https://doi.org/10.11588/diglit.36593#0006

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2

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. i.

négligeable betrachtet zu werden. Wer auf dem
Steine oder der Kupferplatte arbeiten will, muss
sich doch auch, will er etwas Gutes leisten —
mit den hier nötigen Techniken vertraut machen,
was oft viel Zeit, Mühe und Geduld kostet.
Die technischen Ausdrucksmittel des
Holzschnittes sind viel beschränkter als die
der anderen graphischen Künste. Was lässt sich
nicht alles auf der Kupferplatte und dem Steine
mittels der verschiedenen Verfahren für Grundierung
und Aetzung (Aquatinta) gewinnen, ganz abgesehen
vom Schaben, dem Arbeiten mit der kalten Nadel
und Stichel usw. Im Holzschnitt ist man einzig
und allein auf das von der Hand geführte Werk-
zeug angewiesen, mag es nun das Schneidemesser,
der Stichel oder das in letzter Zeit von einigen
herangezogene Hohleisen sein. Gestatten die
anderen graphischen Künste den weitesten Spiel-
raum bei allen Korrekturen und selbst im Druck
eine wesentliche Unterstützung der künstlerischen
Absichten des Ausübers, so muss der Holzschnitt
auf alles dies verzichten. An dem, was in das
Holz einmal geschnitten ist, lässt sich wenig ver-
bessern. Gewiss ist durch „Putzen", wie der
terminus technicus lautet, für den, der die
Technik beherrscht, noch viel zu erreichen. Die
in das Holz eingeschnittenen Linien lassen sich
durch eifriges verständnisvolles Nacharbeiten heller,
weicher und charakteristischer machen — Punkte
lassen sich nachstechen — über die geschnittenen
Linien lassen sich neue Lagen von Linien legen
usw. Das alles gilt aber dem Hellermachen
des Bildes oder der Veredelung der Linien
an sich. Je mehr eben Holz weggestochen wird,
desto mehr Weiss gelangt in das Bild — und
— was einmal wegeschnitten ist, ist fort, ersetzen
lässt es sich nicht, wie beim Metallstich durch
Schaben und Drücken, beim Arbeiten mit der
Nadel durch neue Linien — kein Ueberätzen,
kein Wischton beim Druck in der Presse wie
bei der Radierung und Tiefstich lässt zu hell
Gewordenes dunkler und Unruhiges ruhiger machen.
Der Holzschnitt ist eben eine Hochdruck-
platte, die eine vollkommen plane Druck-
fläche verlangt und eingeschabte Vertiefungen
würden unrein oder überhaupt nicht mehr mit-
drucken. Das Schaben ist hier nur zweck-
mässig bei ganz feinen Linien, und selbst da darf
nur ein kaum wahrnehmbarer Hauch vom Holz
geschabt werden. Die kleinste Vertiefung druckt
eben gleich weiss und geschabte Linien drucken
stets unrein. Man vermeide es daher.
Am besten und frischsten druckt der Holz-
schnitt, der in allen seinen Teilen sicher gleich
prima in die Platte geschnitten wurde und,
ausser etwas Lichtwirkung als „letzte Feile", keiner
weiteren Nachhilfe bedarf. Wer Messer und Stichel
mit derselben Sicherheit zu führen versteht wie den
Zeichenstift, der wird auch auf befriedigende

Resultate blicken können. Das ist aber nur
möglich bei vollem Vertrautsein mit dem Werk-
zeug und dem Holze selbst. Und nur viel und
richtige Uebung kann hierzu führen! Die Ge-
wöhnung an das „mit dem Weiss" arbeiten
ist die conditio sine qua non des Holzschnittes.
Alle anderen graphischen Künste arbeiten mit
dem Schwarz, eigentlich das Natürlichste und
am leichtsten Begreifliche, das auch das meiste
Verbessern zulässt. Es sieht sich leichter an als
wie es ist, das mit dem Weiss arbeiten, das Bild
gewissermassen aus der homogenen schwarzen
Fläche herausholen. Und weil es so leicht
erscheint, gehen so viele dreist in die Holzplatte
hinein, ohne ernstliches Vertrautsein mit Werkzeug
und Material. Sie sind dann enttäuscht und
wenden sich wieder ab vom Holzschnitt — oder
sie glauben doch etwas Grosses geschaffen zu
haben, womit aber die Kunst im Holzschnitt nur
diskreditiert wird.
Auch daran denken die wenigsten im An-
fänge, dass jede Linie, die im Holzschnitt schwarz
drucken soll, eigentlich zwei weisse Linien dazu
braucht, während auf dem Steine und der Kupfer-
platte eine genügt. Das ändert aber wesentlich
die ganze Sache und erschwert für den Anfänger
das Arbeiten. Nur Uebung bringt hier ein Daran-
gewöhnen. So ist da manches, was den „simpeln"
Holzschnitt doch zum Ernsternehmen zwingt.
Wer aber sich erst mit allem Technischen ver-
traut gemacht hat, wird auch kein dankbareres
und schöneres Verfahren so leicht wieder finden,
wie den Holzschnitt, das nicht bloss die grösst-
mögliche Ausdrucksfähigkeit zulässt, sondern
auch angenehmes Arbeiten bei wenig Bedarf
an Werkzeug und Einrichtungen erlaubt,
wenig Platz beansprucht und jederzeit aufgenommen
oder unterbrochen werden kann. Der Druck
geht schnell und ohne viel Umstände vonstatten,
da eine Glaspalette zum Verreiben der Druck-
farbe, eine kleine Lederwalze hierzu und ein
Falzbein zum Abreiben der Drucke von der
Platte genügen. Die Holzplatten selbst sind
nicht teuer und nach Gebrauch durch Abhobeln
wieder verwendbar, da ja für den Originalholz-
schneider comme il faut eine Handpresse gar
nicht notwendig, sondern der Druck mit der
Hand hier stets der beste, zuverlässigste und
wohlfeilste ist.
Das sind wiederum Annehmiichkeiten und
Vorteile, die der graphische Künstler gern sieht
und die ihm gerade den Holzschnitt willkommen
und angenehm machen. (Schiuss folgt.)
Noch einmal: Makarts Maltechnik.
Der Verfasser des Artikels über „Makarts
Maltechnik" schreibt uns nach Einsichtnahme in
die „Erwiderung" des Herrn Kollegen E. Kiesling:
*Der Aufforderung der Leitung dieser Blätter,
 
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