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Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

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Nr. 24
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Berger, Ernst: Maltechnischer Unterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.36593#0097

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Inhalt: Mattechnischer Unterricht. — Werkstättendienst und Künstterprotetariat. — Barbarische Restau-
rierungen. — Inhaitsverzeichnis der im V. Jahrgang veröffentlichten Abhandtungen und Aufsätze.

Maltechnischer Unterricht.

Aus Akademikerkreisen ist uns folgende Zu-
schrift mit dem Ersuchen um Abdruck zugegangen.'
Die Frage des mattechnischen Unterrichts
scheint den Leitern unserer Kunstinstitute noch
Schwierigkeiten zu bereiten; dies beweisen die
mancherlei Experimente, die in dieser Richtung
vorgenommen worden sind. Für niemand ist
eine derartige Unsicherheit aber schlimmer, als
für die Schüler der Kunstschulen selbst, weil dem
jungen Akademiker die Gelegenheit, sich das für
seine Zwecke notwendige Wissen während der
Schulzeit anzueignen, nicht geboten ist.
Vor kurzem ist unserer Kunstakademie der
Titel und Rang einer Hochschule verliehen worden;
wir sind also ,,Hochschüler", und als solche
könnten wir auch erwarten, dass Einrichtungen
anderer, gleichgestellter Institute (Universität,
techn. Hochschule) auch an unserer Hochschule
in Geltung wären, wie es etwa die Lehr- und
Lernfreiheit ist. Aber es gibt hier weder Do-
zenten, noch eine Venia legendi für das verwaiste
Fach der Maltechnik, und seit Prof. Büttner in-
folge der bekannten „Affäre" aus dem Lehramt
schied, ist für die Schüler unserer Akademie
keine Möglichkeit gegeben, ihre Wissbegierde zu
befriedigen. Wie es heisst, sei vorerst „kein
Bedürfnis" für eventuellen Ersatz vorhanden,
woraus umgekehrt geschlossen werden müsste,
dass die so plötzlich unterbrochene Lehrtätigkeit
des bekannten Bilderhygienikers den Erwartungen
nicht allseitig entsprochen haben mag. Als Büttners
ehemaliger Hörer möchte ich dem nur bedingt
zustimmen und insoweit, als es ein Unding ist,
wenn jemand über „Technik des Malens" dozieren
will, der niemals einen Pinsel in Händen hatte.
Alle Feinheiten des Handwerkes sind ihm ja
völlig unbekannt!
Die Frage des maltechnischen Unterrichts ist

aber zu wichtig, als dass sie mit Personalfragen
verquickt werden sollte. Man tröstet uns mit
dem Hinweis auf die Vorlesungen über Farben-
chemie, die seit einigen Jahren vom Leiter der
Versuchsanstalt und Auskunftsstelle für Maltechnik
an der kgl. technischen Hochschule abgehalten
werden. Ihr, mitunter gerade von den jungen
Akademikern vernachlässigter Besuch wurde s. Z.
sogar in der Landtagskammer gerügt, wobei von
seiten des Regierungsvertreters angenommen
wurde, dass diese Vorträge allzu sehr den theo-
retischen Standpunkt, der für Kunstschüler, Dc-
korations- und gewerbliche Maler weniger wün-
schenswert sei, betonten und zu wenig den
praktischen, von dem allein die Hörerschaft Nutzen
ziehen könnte.
Wie sollte aber den in chemischen Dingen
schlecht bewanderten Hörern das Thema „Chemie
in der Maltechnik" mundgerecht gemacht werden,
ohne von den Grundbegriffen der Chemie, der
Atomtheorie usw. auszugehen? Ueberdies gehört
es zu den Unmöglichkeiten, ein so schwieriges
Wissensgebiet, wie es die Chemie ist, in wenigen
Vortragsstunden nur halbwegs erschöpfend durch-
zugehen, und es hiesse ganz enorme Ansprüche
an die Fassungsgabe einer Zuhörerschaft zu stellen,
das Theoretische und Praktische der chemischen
Farbenlehre in dem kurz bemessenen Zeiträume
eines Semesters in sich aufzunehmen. Die wenigsten
vermögen da zu folgen, und durch das ihnen
kompliziert erscheinende Formelwesen der orga-
nischen und anorganischen Chemie verwirrt und
betreten, stellen sie den Besuch alsbald ganz ein.
Ich hörte Kollegen sagen: Was haben wir davon,
zu wissen, was für chemische Zusammensetzung
eine Farbe haben müsse und wie man etwaige
Verunreinigungen nachweisen könne? Wir werden
doch niemals in die Lage kommen, unsere Farben
 
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