Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

DOI Heft:
Nr. 14
DOI Artikel:
Einiges über Gemäldeerhaltung und Gemälderenovierung
DOI Artikel:
Berger, Ernst: Prüfen Sie selbst!
DOI Artikel:
Günther Wagners neuer Katalog
DOI Artikel:
Literaturanzeige
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.36593#0060

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
56

Münchner kunsttechnische Biätter.

Nr. 14.

Gemälde gibt, welche niemals unter den Händen eines
Konservators waren. Jedenfalls wird kaum ein Ge-
mälde aus alter Zeit aufzuweisen sein, welches noch
seinen ersten Firnis besitzt.
Ebenso wie bei der Herstellung der Bilder muss
auch bei der Gemäldekonservierung das erstrebens-
werte Ziel erreicht werden, der Entstehung von Bilder-
schäden nach Möglichkeit vorzubeugen. Zeigt sich
trotzdem hier und da der „Zahn der Zeit", so gehe
man ihm vorsichtig und sachgemäss zu Leibe und
lasse die Krankheit nicht „chronisch" werden. Solcher
Art behandelte und gepflegte Bilder bedürfen niemals
der so gefürchteten und einschneidenden „operativen
Eingriffe" und werden stets ihre Originalität bewahren.
Dass im allgemeinen vor Selbstbehandlung der Bilder
gewarnt werden muss, bedarf wohl keiner besonderen
Erwähnung und führe ich nur an, was Dr. v. Frimmel
in seiner „Gemäldekunde" Seite 37 sagt: „Wie viele
Sammler, die ihre Bilder selbst reinigen wollten, haben
nicht schon das eine oder andere Stück ihrer Samm-
lung bis aufs Brett durchgeputzt und das in der un-
geheuchelten Meinung, nur den Schmutz zu entfernen."
Entschieden glaube ich davor warnen zu müssen,
wenn Unerfahrene ihre Gemälde mit Seifenwasser be-
handeln wollen. In seinem Buche „Bilderpflege" emp-
fiehlt nun E. Voss den Kunstfreunden eine Selbstreini-
gung mit Wasser und Seife. Es wird zwar grosse
Vorsicht angeraten, aber auf Seite 13 steht: „Sehr
pastose Stellen mit Vertiefungen zwischen der auf-
getragenen Farbe sind bequem vermittelst einer weichen
Zahnbürste mit Seifenschaum zu reinigen." Von einer
ungeübten Hand angewandt, wird das alkalisch wirkende
Mittel entschieden eine Verseifung mit der Farbe ein-
gehen, oder zum mindesten, falls Lasur vorhanden,
dieselbe wegputzen. Tritt ein hellerer Farbton zu-
tage, so glaubt der neue „Sachverständige" seine
Sache besonders gut gemacht zu haben, bricht in ent-
zückte „Ha"-Rufe aus, um dann nochmals über dieselbe
Stelle zu wischen. Der wiederum allzu Aengstliche
lässt Seifenrester auf dem Bilde und zum grössten
Entsetzen zeigen sich dann später weisse undurch-
sichtige Stellen.
Wie leichtgläubig man übrigens in Laienkreisen
ist, erhärtet folgender Fall — er liegt jetzt acht Jahre
zurück. Ein „angehender" Kunstmäzen, der sich eine
Gemäldesammlung zulegte, vertraute mir an, er habe
von einem Fachmanne ein wertvolles Rezept erstanden,
wie man Bilder restauriere. Und da stand: Reinigung
von Schmutz usw. nur mit Speichel. Nach dieser
Methode wollte der Herr nun ein Bild eigenhändig
restaurieren!
Allerdings reagiert ja Speichel etwas alkalisch,
aber ich sage nur: „muss das eine durstige Kehle
geben!
Seife und Speiche! sind bei der Gemälderestau-
rierung sehr gut zu entbehren, ja von ersterer ist so-
gar entschieden zu widerraten. Wem es aber grosses
Vergnügen bereitet, mit Speichel einen Versuch zu
machen, der lasse sich in seinem Unternehmen nicht
stören. Nur möchte ich noch dazu bemerken, dass
auch hier bei genügender Ausdauer eine Verseifung
erzielt werden kann. (Schluss folgt.)
Prüien S!e selbst!
Unter dieser Aufschrift versendet die Firma
H. Schmincke&Co., Düsseldorf, Aufstriche von vier
neuen und zwar aus Teerfarbstoffen hergestellten
Aquarellfarben, die absolute Lichtbeständigkeit mit
hervorragender Feuer- und Leuchtkraft verbinden und
durch diese Eigenschaften bestimmt sind, weniger
lichtechte Farben von derKünstlerpalette zu verdrängen.
In Nr. S dieser Blätter war die Vermutung aus-
gesprochen, dass den Künstlern lichtechte Teer-

farben zur Prüfung alsbald vorliegen würden und
wenige Wochen später trafen auch schon Musterkarten
mit der obigen Aufschrift ein. Es sind die Farben
Echtviolett, Indigorot, Türkischrot und Echt-
grün. Eine, wenn auch nur kurze Wintersonnentage
währende Belichtungsprobe hat die Lichtbeständigkeit
der Farben bestätigt. Bezüglich der neuen Namen
sei aber ein Wunsch hier ausgesprochen: Die Be-
zeichnung der Farben möge so gewählt sein, dass
schon im Namen auf den Ursprung oder die Substanz
hingewiesen ist. Türkischrot wird in der Färberei
meist mit Krapp- oder Alizarinfarbstolfen erzeugt,
während die Probe mehr dem Helioechtrot ähnlich
ist.*) Die Bezeichnungen „Echtviolett" oder „Echt-
grün" besagen auch nur, dass die Farben „echt" sind,
aber nicht, was sie sind, ob eine Erd-, Metall- oder
Lackfarbe. Im Interesse neuer einheitlicher Nomen-
klatur wäre es wünschenswert, dass neuen Namen ein
Beisatz gegeben werde, der die Farbe in jeder Be-
ziehung von anderen unterscheidet, etwa durch wenige
Silben wie Sulfo-, Nitro-, Benzo-, Azo-, Anthra-, Helio-
und ähnlichen, durch die auf den Zusammenhang mit
den modernen Teerfarbstoffen hingewiesen wäre. Dies
ist nur ein Vorschlag! E. B.
Günther Wagners neuer Katalog.
Ueber den neuen uns vorliegenden Katalog für
Künstlerfarben und Bedarfsartikel der Firma G.
Wagner, Hannover und Wien, kann gesagt werden: Es
ist eine Druckschrift, die für den Herausgeber spricht.
Abteilungseinschnitte erleichtern das Auffinden der
einzelnen Artikel. Was man auch sucht: Wasser-,
Tempera- oder Oelfarben, Pastellkreiden, flüssige
Tuschen, Pinsel oder Radiergummi liegt mit einem
einzigen Griff aufgeschlagen vor uns. Eine Abteilung
„Mitteilungen" bringt Anleitung für Aquarell-, Oel-
und Temperamalerei, sowie die Reproduktionen einer
Reihe von Künstlerentwürfen, die wohl gelegentlich
einer Konkurrenz in den Besitz der Firma gelangt
sind. Da sich der vorliegende Katalog an Künstler
und kunstausübende Personen wendet, ist die künst-
lerisch vornehme Ausstattung eine nicht mindere Emp-
fehlung. Schmücken doch eine Reihe von trefflichen
Zeichnungen von Prof. E. Liebermann-München das
Buch. Die gewaltige Ausdehnung, die die Fabrik-
anlagen Günther Wagners in den letzten Jahren ge-
nommen haben, sind der äussere Ausdruck für die
Vervollkommnung, zu welcher die Firma ihre ver-
schiedenartigsten Fabrikate gebracht hat und von der
auch der neue Katalog Zeugnis gibt.
Literaturanzeige.
Bei der Schriftleitung ist eingetroffen:
Materialienkunde
als Grundlage der Maltechnik.
Für Kunststudierende, Künstler, Maler, Lackierer,
Fabrikanten und Händler.
Von Dr. A. Eibner,
a. o. Professor, Leiter d. Versuchsanstalt u. Auskunfts-
stelle für Maltechnik a. d. Techn. Hochschule in München.
Berlin, Verlag von Julius Springer. 1909.
(Preis geh. 12 Mk., geb. 13,50 Mk.)
*) Es kann übrigens hier beigefügt werden, dass
sich ein paar uns zur Verfügung gestellte Proben von
Helioechtrot als sehr lichtbeständig erwiesen haben;
auch kalkbeständig ist, wie Versuche zeigten, diese
neue Teerfarbe.
 
Annotationen