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Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

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Nr. 21
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Gerhardt, Paul: Die Wiederfestigung der Rethelschen Fresken im Krönungssaale des Rathauses zu Aachen, [4]
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84

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 2t.

grauweisse Schieier. Ein zuerst recht schüchterner
Versuch mit obiger Seife zeigte so staunenswerte Er-
folge, dass in kurzer Zeit die Biider damit von jenem
[ästigen Ueberzug befreit werden konnten. Dabei wurde
sowohi die Maierei in keiner Weise angegriffen, noch
zeigten sich, es sind nunmehr ca. 5 Jahre her, Nach-
wirkungen. Die Maierei trat kiar und leuchtend unter
der Schmutzschicht hervor und bleibt so.
Das Photographieren mit Blitziicht ist immer dann
gefährlich, wenn der Rauch nicht aufgefangen und ab-
geleitet wird, sondern wenn er Gelegenheit hat, sich
an Wänden, Decken usw. niederzuschlagen. Darauf
wird ebenfalls viel zu wenig Gewicht gelegt.
Ein zweites Unding bei der Wiederfestigung loser
Fresken ist die Verwendung eines fetten Firnisses.
Nach Vorausgegangenem wird es einleuchten, dass jede
Arbeit an der Oberfläche des Bildes nutzlos ist, wenn
sie keine Verbindung mit dem Untergründe hat, und
zwar eine Verbindung, die möglichst tief in diesen
eindringt, ohne jedoch der Malerei einen ölfarbeartigen
Charakter zu geben.
Hierher gehört auch die Behandlung loser Fresken
oder Freskomalereien, die vor Schweisswasser geschützt
werden sollen, mit Paraffin. An und für sich ist Paraffin
nicht übel, aber es beeinträchtigt die Klarheit und
Schönheit des Fresko vollständig und gibt ihm ein
ölartiges Aussehen, besonders in Helligkeiten, Fleisch-
und Lufttönen usw.
Von der richtigen Behandlung des Untergrundes
hängt das dauerhafte Aufheften der einzelnen Farb-
blättchen ab. Die Oberfläche erhält dann das Aequiva-
lent dessen, was sie durch Zerstörung der Sinterschicht
verloren hat, um das lose Farbblättchen zu halten,
gegen atmosphärische Einflüsse geschützt zu sein und
nicht hygroskopisch zu wirken.
Alles „Mehr" ist vom Uebel und beeinträchtigt
den Charakter des Fresko. Dazu kommt noch, dass
ein sogenannter „Firnisüberzug" das feste Fresko mit
ablösen hilft, ausserdem aber, dass die mit Firnis über-
zogenen Stellen jede weitere spätere Behandlung aus-
schliessen, weil eine nur auf der Bildfläche befindliche
Isolierschicht gebildet wird, die keine Bearbeitung des
Untergrundes mehr zulässt. Dazu würde ein „Firnis-
Überzug" auch durch Schweisswasser der Gefahr des
Oxydierens ausgesetzt sein und dadurch undurchsichtig
werden. Natürlich sind auch solche Mittel auszu-
schliessen, die der Verwesung ausgesetzt sind.
So wären drei Kardinalpunkte hervorzuheben, die
bei behandlungsbedürftigen Fresken nicht in Anwen-
dung gebracht werden sollten:
t. Festigungen in Form von Behandlung nur der
Oberfläche,
a) die den Charakter des Fresko verändern,
b) die mit der Luft arbeiten und schwarz werden,
c) hygroskopische Mittel,
d) verwesbare Mittel, Firnisüberzug, Wasser-
glas, Oelwachslack,
2. Reinigung mit Salzsäure,
3. Vermeidung von Nachmalungen, soweit dies
eben möglich ist.
Ueber das Nachmalen resp. Nachmalen der fehlen-
den Stellen ist schon genügend hin- und hergestritten
worden, es würde müssig sein, an dieser Stelle um-
fangreich darüber zu verhandeln. Hier stehen Denk-
malspfleger und Kunstverständige entgegen dem Laien-
geschmack. Die einen wünschen die Eigenart des
Kunstwerkes in seiner Ursprünglichkeit erhalten, die
anderen hingegen wollen etwas nach ihrer Ansicht
Schönes, Neues haben. Der für eine solche Arbeit
berufene Künstler hat einen recht undankbaten Stand,
da die Kritik eine mindestens geteilte sein wird. Die
letztere Geschmacksrichtung ist aber häufig genug die
überwiegende und daher bestimmend, so dass der

Künstler diese undankbare Aufgabe erfüllen muss. Da
ist wohl der beste Weg der, die fehlenden Stellen
nicht auszumalen, sondern die Flecken auszutupfen,
und zwar nur so viel, als eben notwendig ist, damit
die Flecken sich nicht dem Beschauer aufdrängen, aus
dem Rahmen des Ganzen herausfallen. Auf diese Weise,
nötigenfalls in Verbindung mit einer Reinigung, wird
der Künstler die Ansichten beider Parteien vereinigen
können.
Bei den Aachener Fresken ist keine Farbe ver-
wendet worden, und doch sind selbst die Stellen, wo
die Färbe bereits heruntergefallen war, dem Beschauer
nicht sichtbar, was durch eine optische Täuschung er-
reicht wird.
Die Bilder erscheinen dem Beschauer unberührt
auch bei aufmerksamem Betrachten, und ihre dauernde
Unveränderlichkeit seit nunmehr 12 Jahren geben von
der Zweckmässigkeit der Behandlung das beste Zeugnis.
Literatur.
Oelfarbe und Oelfarbanstriche. Von C. Hebing,
Redakteur der Deutschen Malerzeitung „Die
Mappe". München, Verlag von Georg D. W.
Callwey. Preis geh. 4 Mk.
Zwischen der gewerblichen und der künstlerischen
Malerei gibt es eine ganze Reihe von Beziehungen,
die vor allem in dem Gebrauch der gleichen Mate-
rialien bestehen. Es wird der gewerblichen Malerei
sogar nachgerühmt, dass sie im Technischen viel ratio-
neller zu Werke gehe und in bezug auf die Haltbar-
keit der Anstriche an Aussenseiten und bei der Ab-
nutzung durch den Gebrauch (z. B. bei Bänken, Fuss-
böden usw.) grösseren Ansprüchen genügen müsste,
als es jemals von der künstlerischen Malerei gefordert
werden mag. Denn der „Anstrich" dient nicht nur
zur Verschönerung der damit versehenen Flächen,
sondern auch zum Schutz gegen äussere Einflüsse.
Der Künstler sieht hinwiederum in erster Linie auf
die „Erscheinung" und damit zusammenhängend auf
die optischen Qualitäten seines Materials. Wenn er
aber mitunter neidvoll auf Anstreicherarbeiten stösst,
die trotz des Alters an Wirkung nichts verloren haben,
dann hat er das Verlangen, etwas von den hand-
werklichen Erfahrungen sein eigen nennen zu können,
das die Anstreicher in Generationen langer Uebung
errungen haben. Dies ist der Anlass, auf das oben-
genannte Buch von C. Hebing aufmerksam zu machen.
Hier bespricht der reine Praktiker die für Oelfarben-
anstriche benötigten Materialien, die Oele, Farben,
Verdünnungs- und Trockenmittel, Kitte, Lacke usw.;
er erörtert die Eigenschaften der Oelfarbe als An-
strichmaterial sowie deren Verhalten gegen verschie-
dene Einflüsse und behandelt das grosse Anwendungs-
gebiet des Oelfarbenanstriches mit allen vorkommenden
Manipulationen von den einfachen bis zu den besseren
mit Lackierungen versehenen Anstrichen, auf Holz,
auf Mauerwerk, Metall, Eisen usw. Da kann der
Künstler manches profitieren, wenn er die planmässigen
Vorarbeiten, das Abschleifen und Verkitten der Unter-
lagen, die Sorgsamkeit bei Ausführung der Lasierungen
usw., bis zum fertigen Lacküberzug in Beziehung bringt
mit seiner eigenen Technik. Auch zur Frage der zur
Farbe nötigen Oelmenge nimmt der Verfasser Stellung
und kommt hierbei zu erheblich anderen Resultaten
als es in den einschlägigen Fachbüchern der Fall ist.
Diese Ausführungen sind so interessant, dass wir ge-
legentlich noch darauf zurückkommen werden.
Wer sich über die Technik unserer Kollegen vom
Handwerk näher unterrichten will, dem wird das
Hebingsche Buch gute Dienste leisten. E. B.

Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
 
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