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Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

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Nr. 8
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Berger, Ernst: Lichtechte Teerfarbstoffe
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Ziegler, Walter: Herstellung von Bunt - und Vorsetzpapieren, [4]
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Der Hygrometer im Atelier
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https://doi.org/10.11588/diglit.36593#0035

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Nr. 8.

Münchner kunsttechnische Blätter.

3t

Die Teerfarben stehen vor unserer Tür. Von
ihren Eigenschaften wird es abhängen, ob wir
sie hereinlassen oder nicht. E. B.
Herstellung von Bunt- und Vorsetz-
papieren.
Von Waiter Ziegier. (ScMuss.)
Sogenannte Herrnhuter Papiere werden auf foigende
Weise hergestellt: Man bestreicht ein mit Wachstuch
bespanntes Brett reichiich mit Kieisterfarbe, iegt dann
Papier auf und reibt dieses etwas an. Hebt man das
Papier ab, so adhäriert die Farbe sowohi an dem
Wachstuch ais auch am Papier und es entstehen moos-
ähnliche Erscheinungen, die vieifach variiert werden
können.
Je nachdem die Farbe dünn- oder dickflüssiger
ist ergeben sich andere Detaiis. Wird das Papier in
der Richtung einer Kante oder Diagonale zur Bogen-
form abgehoben, wird das Papier nach dem Auflegen
streifig angepresst oder in der ganzen Fläche mit einer
Bürste angerieben, immer wechselt das Aussehen. An
Stelle des Wachstuches mag man auch Baumwollstoffe
verwenden und verästeln sich die Moosformen auf
dieser rauhen Unterlage zarter.
Gekleistertes oder auch nur mit Wasser gefeuch-
tetes Papier kann noch bemustert werden durch Auf-
tropfen von Farbe. Solche Flecken zerfliessen auf der
feuchten Fläche in unregelmässig gefranste Sternchen.
Ist die Kleisterfarbe nach dem Anstrich noch gut
nass, so kann man durch stossweises Anblasen mit
dem Blasebalg die Farbe in wolkige Flecken ausein-
andertreiben und modellieren. Der findige Künstler
wird noch auf manche Praktiken verfallen, die hier
nicht weiter aufgeführt werden müssen.
Ein sehr altes und einfaches Verfahren, um Far-
ben in Flecken auf das Papier zu bringen, besteht
darin, dass man Badeschwämme mit irgendwelcher
Farbe befeuchtet und dann mit ersteren das Papier
gleichmässig eintupft. Verwendet man mehrere Farben
nacheinander zu dieser Manipulation, so können ganz
annehmbare Erscheinungen erzielt werden.
Wohl nur noch selten findet eine Technik An-
wendung, die aber doch verdient, der Vergessenheit
entrissen zu werden. Sehr feine gesiebte Sägespäne
werden in flüssige Farbe gebracht und mit dieser ver-
rührt. Haben sich die Sägespäne gut mit Farbe an-
gesogen, so fasst man sie mit einem Siebe oder Tuch
heraus und befreit durch Ausdrücken die Masse mög-
lichst von Flüssigkeit. Dann zerkrümelt man die halb-
feuchten Sägespäne auf dem Papier und legt ein Brett
oder eine Metallplatte auf, die stark angepresst wird.
Durch diesen Vorgang erhält man unregelmässige
Flecken und Punkte. Durch Verwendung verschieden
gefärbter Sägespäne, die nacheinander auf das Papier auf-
gestreut und angepresst werden, erzielt man Varianten.
Es sei auch der Bespritzung des Papieres mit
flüssiger Farbe gedacht, wodurch kleine und kleinste
Punkte auf die PapierHäche gebracht werden. Ent-
weder wirft man die Farbe mit gröberen oder feineren
Pinseln auf oder man bespritzt mit Bürste und Spritz-
gitter oder verwendet eigene Zerstäubungsapparate.
Man glaube ja nicht, dass das Endergebnis irgend-
welcher Bespritzungsmanipulation ein gleiches sei. Die
Farbenpünktchen können je nach Anwendung eines
der erwähnten Werkzeuge grösser oder kleiner erzielt
werden, die Punkte spärlich oder gedrängt nebenein-
ander liegen. Das zu bespritzende Papier kann trocken,
gefeuchtet oder mit Kleister bestrichen sein, die
Spritzfarbe kann mit Kleister, Terpentin und anderen
Mitteln gebunden sein, man mag auch nacheinander
verschiedene Farben in Anwendung nehmen, jedesmal
wird die erzielte Erscheinung eine wesentlich andere sein.

Legt man vor dem Bespritzen silhouettierende
Schablonen auf das Papier, so werden diese hell aus-
gespart erscheinen. Auch Spitzen, getrocknete Pflanzen
und anderes kann man auf das Papier legen. In
früheren Zeiten verwendete man Hanfkörnchen und
ähnliche Samenkügelchen, bildete mit ihnen Linien
und Figuren durch Nebeneinanderreihen und bespritzte
über dieses das Papier mit Farbe.
Haben wir uns bis jetzt mit mehr oder weniger flüssi-
gen Mitteln beschäftigt, die in diesem Zustande durch
ihre leichte Beweglichkeit den physikalischen Einwir-
kungen leicht Folge leisten und auch selbsttätig Formen
annehmen, so kann auch trockenes Material zur Bil-
dung von Zufallsformen herangezogen werden. Ein
vorzügliches Verfahren besteht in der durch Drucken
zur Sichtbarkeit gebrachten Knitterform des Papieres.
Zerknittert man Papier, breitet es dann aus und legt
es auf eine Metallplatte, so kann man mit Blei oder
Letternmetall eine Matrize giessen. Der Abdruck einer
solchen Platte zeigt deutlich, wie reizvoll die Knitter-
falten sich zusammenfügen. Um einen gewollten
Rhythmus in solche Faltenmotive zu bringen, kann man
verschieden vorgehen. Z. B. wird das Papier über
einen Bleistift gerollt, dann in der Längsrichtung die
Rolle gepresst oder seitlich in gleichen Abständen
zusammengequetscht usw. Dünnes oder dickes, steifes
und weisses Papier erzeugt andere Motive. Beim
Drucken kann auf weisses oder gefärbtes Papier mit
irgendwelcher Farbe gedruckt werden.
Mit vorstehendem ist das Gebiet der Zufalls-
formenbildung durchaus nicht erschöpft, es sind damit
nur die bekannteren Techniken zusammengefasst.
Jeder Künstler, der sich eingehender mit Herstellung
von Buntpapier beschäftigt, wird wohl durch einiges
Nachdenken und empirische Versuche auf weitere
Praktiken kommen. Die richtige Benützung von Zu-
fallserscheinungen bedeutet im Kunstgewerbe einen
gewaltigen Schönheitsfaktor.
Der Hygrometer im Atelier.
Wir erhalten folgende Zuschrift:
„Im vorigen Jahre war einmal*) von Unzukömm-
lichkeiten die Rede, die durch die Trockenheit der
mit Zentralheizung versehenen Ateliers entständen.
Es wurde dabei der Vorschlag gemacht, durch bessere
Lüftung für Erneuerung der Luft Sorge zu tragen,
insbesondere durch Verdampfschalen diesen Uebelstand
zu bekämpfen. In dem vortrefflichen Buche von
Church-Ostwald .Malerei und Farben' fand ich die
Bemerkung, dass in Bildergalerien neben dem Thermo-
meter auch der Hygrometer nicht fehlen sollte.
Dies leuchtete mir sehr ein, denn wenn wir auch für
Kälte und Wärme sehr empfindlich sind, so dürfte es
doch wenige geben, die den Grad der Luftfeuchtigkeit
richtig bemessen können. Erst wenn die gespannten
Rahmen im Atelier sich verziehen, die Leinwänden
anfangen schlapp, die Pappdeckel windschief und die
spanischen Wände wackelig zu werden, dann kommt
es einem erst zu Bewusstsein, dass es mit den Luft-
verhältnissen nicht recht stimmt. Seit einigen Monaten
habe ich einen Hygrometer im Atelier, und nach seinem
Stand reguliere ich die Menge des auf dem Ofen zur
Verdampfung bereitstehenden Wassers. Vor Beginn
der Heizperiode im Herbst zeigte der Hygrometer
volle Sättigung an Feuchtigkeit an, die durch Herbst-
nebel und Regentage veranlasst war. Schon nach den
ersten Heizungen sank der Hygrometer rapid auf nur
20", zeigte also ,sehr trocken' an, und infolgedessen
war ich genötigt, sofort für ausgiebige Verdampfung
von Wasser zu sorgen. Etwa ein halber Liter Wasser
muss täglich verdampfen, um in dem mässig grossen
*) S. Nr. 13, S. 52 des IV. Jahrg.
 
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