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Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

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Nr. 6
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Gerhardt, Paul: Behandlung von Putzflächen als Malgründe
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In Angelegenheit des Knollerschen Freskogemäldes
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https://doi.org/10.11588/diglit.36593#0026

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Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 6.

die Nachteile dieser Materialien für eine Malerei
ja auch nicht kennt. Und vor allen Dingen wird
er schnell damit fertig. So finden wir, dass ein
solcher Putz mit dem der Alten in gar keinem
Vergleich steht.
Es ist praktisch und durch die riesigen Bauten
oft bedingt, dass die Putzflächen je nach ihrem
späteren Zweck in zwei Hauptkategorien geteilt
werden, und zwar einesteils für künstlerische, also
bildliche Malereien, anderenteils für dekorative
Ausschmückungen. Für beide Kategorien kann
der Putz so dem Zwecke angepasst werden, dass
er zur späteren Wirkung und Haltbarkeit der
Malerei beiträgt und sich der Technik des Malers
anpasst.
Um Feuchtigkeit und Ausschwitzungen zu ver-
meiden, wird für bildliche Malereien eine vor-
gebaute Wand mit Luftzirkulation zu empfehlen
sein, besonders da, wo die Bilder auf Aussen-
wände kämen. (Schluss folgt.)
In Angelegenheit des Knolierschen
Freskogemäldes
in der Bürgersaalkirche zu München, über dessen
desolaten Zustand wir vor einiger Zeit berichtet
hatten, ist auf Veranlassung der Kgl. Regierung
von Oberbayern (Kammer des Innern) eine kom-
missionelle Beratung anberaumt worden, um über
die zur Erhaltung resp. Wiederinstandsetzung des
verloren gesagten Gemäldes notwendigen oder
wünschenswerten Massnahmen zu entscheiden. In
dem Einladungsschreiben wurde von seiten des
Regierungsvertreters darauf hingewiesen, dass die
im Vollzüge der Ministerialentschliessung vom
29. November 1906 erfolgten Massnahmen (Be-
seitigung der auf dem Dachboden der Bürgersaal-
kirche lose aufgelegten Teerpappen, die Ver-
wendung der letzteren zur Dichtung des Daches
durch Aufnagelung an den Unterseiten der Kreuz-
streben, Anbringung von Lüftungsflügeln an den
Rundfenstern unter den Stichkappen der Saal-
decke) nach dem Gutachten der Versuchsanstalt
und Auskunftsstelle für Maltechnik an der Kgl. Tech-
nischen Hochschule vom 17. Februar 1908 eine
Besserung im Zustande des Gemäldes herbeige-
führt hätten. Gleichzeitig wurde bekannt gegeben,
dass zum Zwecke der leichteren Prüfung der
Schäden und zur Feststellung einiger von der
genannten Versuchsstation als erforderlich bezeich-
neter Fragepunktc ein Gerüst errichtet wurde,
von dem aus man einen kleinen, über der Orgel-
galerie gelegenen Teil des Bildes aus nächster
Nähe erblicken konnte.
In der am 26. Juni d. J. abgehaltenen Beratung,
bei der sowohl Vertreter des Generalkonserva-
toriums zur Erhaltung der Kunstdenkmäler Bayerns,
der Marianischen Kongregation (Eignerin des
Bürgersaales), als auch Sachverständige des Bau-

faches, Maler*) und Chemiker anwesend waren,
wurde die Angelegenheit eingehend erörtert, aber
bei dem ganz exzeptionellen Falle, der hier vor-
licgt, waren die Sachverständigen sich nicht völlig
klar darüber, was die eigentliche Ursache des Ver-
derbens des Bildes sein könnte. Es haben hier wohl
mehrere Ursachen mitgewirkt; jedenfalls ist infolge
der Temperaturdifferenz zwischen dem Kirchen-
innern und dem über der Saaldecke befindlichen
Dachraum die Kondensierung der Luftfeuchtigkeit
erleichtert worden und durch mangelnde Ventilation
einerseits dieses „Schwitzwasser" nicht genügend
zur Verdunstung gelangt, andererseits werden durch
die Einführung der Gasbeleuchtung schwefelige
Gase gebildet worden sein, die mit der ohnehin
rauchgeschwängerten Grosstadtluft gemeinsam die
Oberfläche der Freskoschicht angegriffen haben
mögen. Wie nun der Russ sich leichter an den
rauhen Fassaden der Häuser festsetze und glatte
Flächen weniger darunter zu leiden hätten, so
habe es sich auch im Bürgersaal gezeigt, dass die
rauhere Freskooberfläche die Russablagerung er-
leichtert hatte, während die übrigen Dekorationen
(Wände und die Umrahmung des Bildes), die ge-
legentlich der baulichen Veränderung 1894—95
mit Oel-Wachsfarben übermalt worden waren, seit
dieser Zeit vollständig intakt geblieben waren.
Hierbei wurde die Vermutung ausgesprochen, ob
nicht gerade durch diese Dichtung der Wand-
Häche die natürliche Selbstventilation des Mauer-
werkes verhindert und all diese Arbeit dem
Fresko aufgebürdet worden wäre, das demnach
wie ein Filter die Russablagerungen in sich auf-
genommen hätte. Dieser Ansicht zufolge müsste
das ganze Bild gleichmässig schwarz geworden
sein, was aber nicht der Fall ist, es sind vielmehr
ganze Partien heller und gleich daran angrenzende
Teile schwarz.
Entgegen früheren Behauptungen konstatierte
der Präses der Kongregation, dass von dem Vor-
handensein und der Entfernung von Bauschutt,
der auf der Decke absichtlich gelagert war, nie-
mand etwas wisse, auch wäre die Menge des
durch das neue Dach gedrungenen Schnees nie-
mals so gross gewesen, dass die Feuchtigkeit von
der Deckenseite irgendwie Schaden gebracht baben
könne. Wohl sei cs vor der Erneuerung des
Daches, also vor 1895 vorgekommen, dass Regen
und Schnee in reichlicher Menge durch das schad-
haft gewordene Preiseidach eingedrungen war und
den Teil über dem Hochaltar verdorben hatte.
Dieser Umstand war s. Z. die Ursache, dass an
diesem Teil des Bildes umfassendere Restau-
rationen mit Kaseinfarben nötig wurden. Von an-
derer Seite wurde hervorgehoben, dass die von
oben eindringende Feuchtigkeit den Sinter der
Freskomalereien zerstöre, während die von unten
*) Der Herausgeber dieser Blätter gehörte eben-
falls dieser Kommission an.
 
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