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Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

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Nr. 4
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Pudor, Heinrich: Von den modernen Farbstoffen
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Church, Arthur H.: Die Erhaltung von Bildern und Zeichnungen, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36593#0018

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Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr 4.

14

verschiessen nie und reiben sich auch nicht ab,
da sie nicht aus aufkiebenden Teiichen bestehen,
sie scheinen mit dem Seidengrunde sehr fein
durchwebt zu sein, ob sie auch nur auf eine sehr
zarte Art aufgetragen sind." Nun hegt es auf
der Hand, dass eine derartige Durchdringung der
Farbe mit dem Materiai gerade mit Hiife der
modernen Kunstfarben, z. B. Anilinfarben, nicht
möglich ist, weil sie ein zu potenziertes Kunst-
produkt darstellen und mit dem zu färbenden
Gegenstand nicht genügende Verwandtschaft be-
sitzen. Denn beim Prozesse der Färbung wenden
sich die Farbstoffe dahin, wo sie Verwandtschaft
finden: wenn man z. B. einen Gegenstand, welcher
aus Seide, Wolle und Baumwolle besteht, mit
Farbstoffen färbt, welche Verwandtschaft zur
vegetabilischen Faser besitzen, so zieht die
Farbe beim Waschen von der animalischen Seide
und Wolle ab und zieht auf die Baumwolle, wie
uns Dr. Göhring bestätigt. *) Aus diesem Grunde
boten überhaupt die alten Farbstoffe eine grössere
Gewähr für echte Färbung, als die modernen
Scharfmacher-Farben, und zwar sowohl die alten
vegetabilischen, als die Purpurschalenfarben, die
Cochenille-, Indigo- und Krappfarben. Im be-
sonderen ermöglichen die einfachen vegetabilischen
Farbstoffe noch am ersten Echtfärberei. In der
angeführten Beschreibung von China (Paris l?3 5)
über die herrlichen Seidenfarben heisst es weiter,
dass die Chinesen fast nichts anderes brauchen,
als Säfte von Blumen und Kräutern, um Blumen
und andere Bilder auf Satin zu malen, daraus die
Chinesen ihre Kleider, ihren Putz und ihren Haus-
rat machen. Schon Herodot berichtet uns, dass
gewisse Völker des Kaukasus, wo die Baumwoll-
färberei in Blüte stand, mit Extrakten aus Blättern
Tierfiguren auf ihre Kleider malten, welche
wasserecht und dauerhaft waren. Aehnlich färbten
unsere Altvorderen und die Schweden färben
heute noch mit den Rinden und Blättern der
Birke in jedem bäuerlichen Haushalte ihre
Leinenstoffe. Auf diese alten natürlichen vege-
tabilischen Farbstoffe wies schon Ru skin zurück
und schimpfte auf die amerikanischen Teerfarben,
unter denen er vermutlich die Anilinfarben ver-
stand, die aber in England entdeckt, in Deutsch-
land ausgebeutet sind. Sir William Henry Perkin
war es, welcher vor reichlich fünfzigjahren (1856)**)
bei Versuchen in der weltbekannten Färberei von
Puller in Perth in Schottland, welche bekanntlich
durch verwandtschaftliche Bande seitens der Be-
sitzer mit der ebenfalls weltbekannten Spindlerschen
Färberei verknüpft ist, aus dem Steinkohlenteer
*) Der erste Chemiker der Spindlerschen Färberei
in seinen Broschüren über die Fortschritte der Färberei
und über echte Farben.
**) Allerdings war das Anilin von Unverdorben
schon fast 30 Jahre früher in Deutschland, als in Eng-
land entdeckt und von Runge bereits 1834 aus dem
Teer isoliert worden.

Mauvein herstellte, so dass bereits im nächsten
Jahre die erste englische Anilinfarbenfabrik errichtet
werden konnte. In Deutschland waren es Carl
Spindler und Wilhelm Spindler, welche wiederum
auf Grund verwandtschaftlicher Verbindungen mit
den Besitzern der Höchster und Elberfelder Farb-
werke (Brüning in Höchst und Gessert in Elber-
feld sind Schwiegersöhne Wilhelm Spindlers) die
Farbenindustrie in Deutschland grosszogen. Und
auf die Anilinfarbstoffe folgten die Alizarin-, die
Azo-, die Schwefel- und Anthrenfarben.
Wilhelm Spindler war es auch, welcher in
Deutschland als der erste Fuchsin darstellte.
Sein Sohn fabrizierte das erste Kilo davon,
welches damals 300 Taler Wert hatte, während
es heute 1—2 Taler kostet. Die Fuchsin- (Anilin-
rot-) Farbstoffe dienen zum Rotfärben von Wolle,
Seide und Leder. Wenn sie nicht an sich giftig
sind (z. B. Arsensäure enthaltend) so haben sie
doch eine bezeichnende Verwandschaft zu den
Giftstoffen und bekanntlich dürfen Nahrungsmittel
mit Fuchsin nicht gefärbt werden und die vege-
tabilische Baumwolle nimmt das Fuchsin nicht an,
wenn sie nicht vorher mit Tannin und Brechwein-
stein gebeizt wird.
Wie anders bei der vegetabilischen Indigo-
farbe. Die mit Indigoblau erzeugten Farben sind
die dauerhaftesten und echtesten, sie lassen sich
gleich gut auf Wolle, Seide, Baumwolle und
Leinen hervorrufen. (Schluss folgt.);
Die Erhaltung von Bildern und
Zeichnungen.
Von A. H. Church. (Fortsetzung.)
Und es kann nicht streng genug betont werden,
dass die nötige frische Luft nicht erst durch den
Besucher hereinkommen soll, sondern durch eine
unabhängige Ventilation hereingebracht werden
muss. Der Luftzutritt darf nicht durch Gitter im
Fussboden oder dessen Nähe erfolgen, auch nicht
in unzugänglichen Ecken, den sicheren Sammel-
plätzen von allerlei gefährlichem Staub. Aus
solchen Quellen kann nur mit organischen und
anorganischen Unreinigkeiten durchsetzte Luft
kommen. Auch die Frage, wie Nebel und Stadt-
rauch fernzuhalten sind, kann hier erwähnt werden.
Verschiedene Arten von Luftfiltern sind ganz
nützlich. Es ist erstaunlich, wie wirksam die in
einem Londoner Nebel verteilten festen und
flüssigen Teilchen durch eine Schicht lose auf-
einandergelegter Watte aufgefangen und zurück-
behalten werden. Solche Luftfilter müssen natürlich
gelegentlich erneuert werden. Feuchtes Bleiweiss,
d. h. Bleiweisspulver, das durch Zusatz von Wasser
zu einem Teig verarbeitet ist, absorbiert den in
der Stadtluft enthaltenen Schwefelwasserstoff,
ebenso die schweflige Säure und die Schwefel-
säure. Und wenn die Wände der Galerie mit
 
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