WllMWklÜWSkkB.ö.V.
Heute abend st^8 Uhr im „Rrtushof'
»Mkr-UUMW.
Thema:
^,Um unseres Volkes Zukunft".
Deferent: Reichstagsabgeordneter Schöpflin.
Die Versammlung beginnt pünktl. '/.,8 Uhr.
Vollzähliges Erscheinen erwartet
Der Vorstand.
Wil!Ii!W»»W!! !W
Die Lage im Reich.
Noch nicht genug Ruhrkrieg.
Berlin, 4. Sept. Die Deutschnativna-
sen haben die Berufung des Auswärtigen
Ausschusses gefordert. Die Stuttgarter Rede
Stresemanns ist ihnen zu verständtgungs-
freundlich. Die Deutschnationalen haben immer
poch nicht genug „Ruhrkrieg".
. B erlin, 4. Sept. Der „Vorwärts" schreibt zur
neuesten Kriegshetze der Deutschnationalenr
Die Presse der Rechten sieht keinen Ausweg aus
der Situation als den Krieg gegen Frank-
xeich, der von Westarp in der „Kreuzzeitung", von
Maurenbrecher in der „Deutschen Zeitung" eifrig
gepredigt Wird. Diese deutschnationalen Herren
hleiben mit ihrem politischen Verstand noch hin-
ter den Kommunisten zurück, die mit dem
Krieg gegen Frankreich wenigstens so lange warten
Wollen, bis das Bündnis mit SoWjetruUand per-
fekt ist. Die Kriegstreiber von rechts denken nicht
einmal so weit, sie machen sich gar keine Sorgen um
die diplomatische Vorbereitung, sondern wollen
fröhlich drauflos in das neue Stahl-
bad. Selber wollen sie natürlich zu Hause
pleiSrn, Westarp wie Maurenvrechcr, Steuern zah-
len wollen sie auch nicht, Waffen, die sich mit
Pctten Frankreichs vergleichen ließen, sind nicht
entfernt vorhanden, Bundesgenossen auch
nicht, aber dafür wird der deutsche Boden
Kriegsschauplatz, und wenn das Ruhrgebiet
f>r Klump geschossen ist, Hunderttausende verblutet,
Millionen verhungert sind, kann Frankreich mit
Deutschland einen ncuenFrieden schließen und
dabei alles korrigieren, was ihm am Vertrag von
Perla'llcs Nicht gefällt.
Das ist die sogenannte Politik der sogenannten
^nationalen" Opposition, und diesen Phrasen
läuft ein stumpfsinniges Spießbürgertum nach!
Wie lange bleibt Gehler noch?
Dresden, 3. Sept. Die „Sächsische Staats.
das Regierungsorgan, bring« heute an der
Spitzt des Blattes eine längere Erklärung, in der
sin vertrauliches Schreiben Dr. Geß-
iers vom 24. Slugust 1922 an den Senatsprä-
it deuten Dr. Hagens als ein Eingriff in
sine» Strafprozeß bezeichnet wird. Ferner wird
die Behauptung wiederholt, daß Dk. Getzter eine
Dei! nah nie der Reichswehr an der sächsi-
schen P erfa s s n n gsseier in Rücksicht aus die
»ekaninte Rede Dr. Zechners verboten habe,
stttf Vorstellungen in Berlin sei am 21. August in
Dresden eilt Telephonat eingegangen, daß der
Reieliswchrniintster keinerlei Anordnungen
s.brr den Verkehr des Wehrkreiskommandos bezw
Pes sächsischen LanLcSkommanLaut«« mit der säch-
sischen Regierung betroffen habe. Er habe lediglich
zu« 11. August das Ersuchen des WehrkreiskotN-
praitdos gebilligt, an der von der sächsischen
Legierung veranstalteten Versafsungsscier nicht teil-
Dehmen zu dürfen. Er halte es für selbstverständ-
lich, daß «t l e dienstlichen Verpflichtungen jeglicher
Dersassungssnäßigen Regierung gegenüber erfüllt
tvcvdcn.
Michael Kohlhaar.
Eine Erzählung.
Von Heinrich Von Kleist.
«12. Fortsetzung.)
Inzwischen war auch der Funker seiner Haft
tn Wittenberg entlassen und nach Herstellung einer
gefährlichen Rose, die seinen Fuß entzündet hatte,
von dem Landesgericht unter perementorischen Be-
dingungen aufgefordert Vörden, sich zur Verantwor-
tung ans die von dem Roßhändler Kohlhaas gegen
«ihn eingereichte Klage Wegen widerrechtlich abge-
snommenvr und zugrunde gerichteter Rappen tn
Dresden zu stellen.
Die Gebrüder Kämmerer und Mundschenk von
Lronka, Lehnsvettern des Junkers, tn deren Haus
er ast trat, empfingen ihn mit der größten Erbitte-
rung und Verachtung; sie nannten ihn! einen Elenden
und Nichtswürdigen, der Schande und Schmach
Mer die ganze Familie bringe, kündigten ihm an,
daß er seinen Prozeß nunmehr unfehlbar verlieren
würde, nnd forderten ihn auf, nur gleich zur Her-
beischasfung der Rappen, zu deren Dicksütterung er,
zum Hohngslächser der Welt, verdammt werde,
Anstalt zu machen. Der Junker sagte mit schwacher,
gitternder Stimme, er sei der bejammernswürdigste
Mensch von der Welt. Er verschwor sich, daß er von
hem ganzen verwünschten Handel, der ihn ins Un-
tzlück stürze, nur wenig gewußt, und Laß der Schloß-
Vogl und der Verwalter an allem Schuld wären,
indem sie die Pferde ohne sein entferntestes Wissen
jund Wollen bei der Ernte gebraucht und durch un-
mäßige Anstrengungen, zum Teil auf ihren eigenen
Feldern, zugrunde gerichtet hätten. Er setzte sich,
indem er dies sagte, und bat, ihn nicht durch Krän-
kungen und Beleidigungen in das Uebel, von dem
«r nur soeben erst erstanden lei, mutwillig zurückzu-
stürzen.
Am andern Tage schrieben die Herren Hing und
Etzins, sw in der Gegend der eingeäscherten Tronken-
Die „Sächsische Staatszeitung" fügt, diese Er-
klärung des Reichswehrministers sei unwahr, und
sie fragt, wie die Retchsregierung, wenn sie auf «in
vertrauensvolles Zusammenarbeiten mit der sächsi-
schen Regierung Wert lege, sich Sicherheiten schaffe
gegen solche jedes Vertrauen untergrabende un-
wahre Darstellungen des Reichswehrministerss
Z-um Schluß der Erklärung heißt es dann:
Die Erklärung des Herrn Retchswchrministers
ist, wie sich aus dem obengenannten unzweideutig
ergibt, unwahr. Es mutz der öffentlichen Mei-
nung überlassen Werderst ob Herr Dr. Getzler
angesichts dieser Tatsache Wetter aus seinem Posten
verbleiben kann. Da die dringend notwendige Klä-
rung der Frage auf anderm Wege nicht erreichbar
zu sein scheint, mutz die Frage aufgeworfen wer-
den: Legt die Reichsregierung Gewicht auf eine
vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der sächsischen
Regierung? Wenn ja: Wie will sie Sicherhei-
ten schaffen gegen solche jedes Vertrauen untergra-
bende unwahre Darstellung des Herrn Reichswehr-
ministers?
Die Fälschung der Handelrstatistik.
Berlin, 4. September. Welche Schwindel*
manöver vorgenommen worden sind, um den
Kredit des Reiches künstlich zu unterbinden, zeigt die
Art, wie man bisher die Zahlen der Außenh an-
delsstattstik umzubiegen verstand. Nach Dar-
stellungen, die Morus in der letzten Nummer der
„Weltbühne" gab, ist die Behauptung von der Passi-
vität der deutschen Handelsbilanz purer Schwindel.
Er gibt Aufrechnungen, die unlängst im Statistischen
Reichsamt selbst gemacht worden sind. Morus be-
hauptet, es habe sich hemusgestellt, daß die Handels-
bilanz Deutschlands im Jahre 1922 „nicht stark
passiv, sondern sogar leicht aktiv war. Die gesamte
Ausfuhr betrug 7,4 Milliarden, die gesamte Eins-
fuhr nur 7,25 Milliarden Mark. Ja selbst in den
ersten Tagen dieses Jahres ist die Handelsbilanz
noch aktiv gewesen, und erst die Verschlechterung der
Wirtschaftslage durch die Nuhrvesetzung hat von
April an eine Passivität der Handelsbilanz ge-
bracht". Unter der Herrschaft Dr. Beckers hat
man im Rcichswirtfchaftsministerium lange Zeit er-
wogen, ob nun auch diese neuen Zahlen veröffent-
licht werden sollen. Man ist davon abgekommen.
Das gesamte Ausland wird weiterhin irrege-
sührt, und zwar nur im Interesse derjenigen, die,
nm die eigenen Profite zu steigern, jede Ersüllungs-
poltlik bisher grundsätzlich negiert haben.
Aus der Ordnungszelle.
Nürnberg, 4. Sept. Zum „Deutschen
T a g" in Nürnberg wird uns von« „S.P.D." noch
folgende Einzelheit gemeldet: Der unter dem Pro-
tektorat der „Vaterländischen Vervänd e",
also der Nebcnregterung in Bayern, abgehaltene
„Deutsche Tag" in Nürnberg hat einen blutigen
Abschluß gefunden. Im Lause des Sonntag-
abend kam es in der Arbeitervorstadt Steinbühl zu
Zusammenstößen, in deren Verlauf der Studien-
professor an der Nürnberger Fortbildungsschule,
Braun, von der Schußwaffe Gebrauch machte. Der
Genosse Krämer, ein Mann von 5V Führen,
Vater Von fünf Kindern, wurde eilt Opfer dieser
Schießereien. Ein anderer Genosse namens Ober le
liegt schwerverletzt iin Krankenhaus. Es ver-
lautet, daß Braun in Schutz haft genommen
sein soll. Die an anderen Teilen Nürnbergs er-
folgten Schießereien von Angehörigen der Vater-
ländischen Verbände forderten keine Opfer. Die
Polizei verhielt sich völlig passiv.
Die „Fränkische Tagespost" schreibt zu
dem Vorgang:
Die Nürnberger Arbeiterschaft war
am 1. und 2. September nicht auf den Stra-
ßen, um jedem Zwischenfall aus dem Wege zu
gehen. Die Zwischenfälle sind in auffallender Weife
in den Abendstunden vor sich gegangen, der
bluligste sogar nach der Rede Httlers. Feder
objektive und vorurteilsfreie Bürger rann sich die
Zusammenhänge zwischen den nationalsozialistischen
Provokationen nnd den Opfern der Revolverhelden
selbst ziehen.
Mit einer solchen Politik, Wie sie hier getrieben
bürg Güter besaßen, auf Ansuchen des Junkers,
ihres Vetters, weil doch nichts anders übrig blieb,
an ihre dort befindlichen Verwalter und Pächter,
uM Nachricht über die an jenem unglücklichen! Tage
abhanden gekonnnenen und seitdem gänzlich ver-
schollenen Rappen einzuziehen. Aber alles, was sie
bei der gänzlichen Verwüstung des Platzes und der
Niedermetzelung fast aller Einwohner erfahren konn-
ten, war, daß et» Knecht sie, von den flachen Hieven
des Mordbrenners getrieben, aus dem brennenden
Schuppen, in welchem sie standen, gerettet, nachher
aber auf die Frage, wo er sie vinsühren, und was
er damit ansangen solle, von dem grimmigen Wüte-
rich einen Fußtritt zur Antwort erhalten habe. Die
alte, von der Gtcht geplagte Haushälterin des
Junkers, die sich nach Meißen geflüchtet hatte, ver-
sicherte demselben auf eine schriftliche Anfrage, daß
der Knecht sich ain Morgen jener entsetzlichen Nacht
mit den Pferden nach der brandenburgischen Grenze
gewandt habe; doch alle Nachfragen, die man da-
selbst anstsllte, waren vergeblich, und es schien dieser
Nachricht eilt Irrtum zum Grunde liegen, indem der
Junker keinen Knecht hatte, der im Brandenbur-
gischen oder auch nur auf der Straße dorthin zu
Hause war. Männer aus Dresden, die wenige Tage
nach dem Brande der Tronkenburg in Wilsdruf ge-
wesen waren, sagten aus, daß um die benannte Zett
ein Knecht mit zwei an der Hülster gehenden Pfer-
den dort angekommen und die Tiere, weil sie sehr
elend gewesen wären und «richt weiter fort gekonnt
hätten, im Kuhstall eines Schäfers, der sie wieder
hätte aufbringen wollen, stehen gelassen hätte. Es
schien mancherlei Gründe wegen s-hr wahrscheinlich,
daß dies die in Untersuchung stehenden Rappen
waren; aber der Schäfer aus Wilsdruf HE sie,
wie Leute, die dorther kamen, versicherten, schon wie-
der, man wußte nicht an wen, verhandelt; und ein
drittes Gerücht, dessen Urheber unentdeckt blieb,
sagte gar aus, daß die Pferde bereits in Gott ver-
schieden und in der Knochengrube zu Wilsdruf be-
graben waren.
Die Herren Hinz und Kunz, Lenen diese Wen-
Wird, schweißt man das deutsche Volk nicht zusam-
men, schafft man keine Einheitsfront, von der in den
Organen der bayerischen Regierung immer so viel
zu lesen ist. Solche Vorkommnisse, wie in Nürnberg,
auf deren Ursachen und Wirkungen wir vorstehend
hingewtesen haben, sind Nährboden für neue
Gewalttaten.
Wir fragen die bayerische Regierung, was sie
zu tun gedenkt, um tn Nürnberg endlich andere
Zustände hervstzuführen, um in Nürnberg den
Schutz der Arbeiterschaft zu gewährleisten.
München^ 4. Sept. In einem Münchener
Korrespondenzartikel des „Soz. Parlamentsdienst",
überschrieben: „Schwarzweißrot gegen weißblau"
War u. a. Vie Rede von den Hitlerbanden und wei-
terhin von Hitler selbst als einem neuropathischen
und politisch unreifen Schwätzer. Durch diese Aus-
drücke fühlte sich „Adolf der Große" derart gekränkt
und in seiner Ehre verletzt, daß er eine Beleidi-
gungsklage gegen den verantwortlichen Schrift-
leiter des „Vorwärts", der den betr. Artikel
veröffentlichte, anstrengte. Die Verhandlung fand
am Montag vor dem Schöffengericht in Mün-
chen statt, das den Angeklagten zu 6 Millionen Mk.
Geldstrafe verurteilte.
Der Kappist Schnitzler verhaftet.
München, 4. Sept. Dr. Schnitzler, die
Seele und intellektuelle Leitung des Kapp-Put-
sches, ist in einer Pension tn der Nähe des Mün-
chener Hauptbahnhoses verhaftet worden. Dte
Nachricht ist von der „München-Augsburger Abend-
zeitung" an versteckter Stelle gebracht worden.
Die Polizei verw eigert mit Rücksicht auf die
schwebende Untersuchung wettere Auskünfte.
Stuttgart, 4. Sept. Die von der sozialde-
mokratischen Fraktion geforderte Einberufung des
württembergischcn Landtags hat der Landtagspräsi-
dent ab gelehnt.
Die Lage im Ausland.
Gin italienischer Faszist in Parts ermordet.
Paris, 4. Sept. Wie die Blätter melden, ist
gestern ein italienischer Angehöriger der sasz'ftischen
Partei in Paris von italienischen Kommunisten er-
mordet worden. Ein zweiter italienischer Faszist
wurde tn der Nacht in der Nähe seiner Wohnung
überfallen und schwer verletzt. Auch hier hat die
polizeiliche Untersuchung ergeben, daß die Tat von
italienischen Kommunisten, die von der Regierung
Mussolini ausgewiesen worden waren, verübt wor-
den ist.
Das neue japanische Kabinett.
Tokio, 4. Sept. Das neue Kabinett tst ge-
bildet und wie folgt zusammengesetzt: Ministerprä-
sident und Minister für Auswärtiges: Sldmiral Ua-
mamoto; Jnueres: Baron Goto; Finanzen: Juue
Buimosoka; Krieg: Tanaka.
Die Regierung wird als ein Kabinen „starker"
Männer bezeichnet.
Aus der Partei.
Klarheit in Thüringen.
Eine Rundfrage der sozialdemokratischen Partrt-
lettung Thüringens.
Aus Weimar wird uns geschrieben:
Augenblicklich führen die Kommunisten
auch in Thüringen eine schrankenlose Hetzpro-
paganda gegen die sozialdemokratische
Regierung. Gleichzeitig erheben sie die sinn-
lose Forderung nach der Bildung einer Arbeiter-
und Bauernregicrmlg. Dte thüringische Partei-
leitung hat sich deshalb veranlaßt gesehen, die zwie-
spältige, doppelzüngige Politik der kommunistischen
Maulhelden in der Praxis zu erproben. Sie will
Klarheit schaffen und fordert zu diesem Zweck
alle Ortsveretm auf, in den allernächsten Tage,« zn
folgenden Fragen Stellung zu nehmen:
„Kann unsere Partei die Kommunisten noch
als Vertrags fähig betrachten? Kann mii
dieser Partei noch über dte Beilegung des
Konfliktes verhandelt werden, den diese tn
so frivoler Weife provoziert hat? Kann un-
sere Partei noch weitergehen, ohne die Interessen
des Proletariats, die eng verknüpft sind mit der
düng der Dinge, wie man leicht begreift, die er-
wünschteste war, indem sie dadurch bei des Junkers,
ihres Vetters, Ermangelung eigener Ställe der Not-
wendigkeit, dte Rappen in den ihrigen aufzu-
füttern, üverhoben waren, wünschten gleichwohl
völliger Sicherheit wegen diesen Umstand zu bewahr-
heite«. Herr Wenzel von Tronka erließ demnach
als Erb-, Lehns- und GenchtSherr ein Schreiben
an dte Gerichte zu Wilsdruf, worin er dieselben
nach eitler weitläufigen Beschreibung der Rappen,
dte, wie er sagte, ihm anvertraut und durch einen
Unfall abhanden gekommen wären, LienstfreunL-
ltchst ersuchte, den Dermaligen Aufenthalt derselben
zu erforschen und den Eigner, wer er auch sei, auf-
zusordern und anznhalten, sie gegen reichliche Wieder-
erstattung Mer Kosten in den Ställen des Kämme-
rers, Herrn Krmz, zu Dresden abzuliefern. Dem-
gemäß erschien auch wirklich wenige Tage darauf
der Mann, au den sic der Schäfer aus Wilsdruf
verhandelt hatte, und führte sie, dür und wankend,
an die Runge seines Karrens gebunden, auf den
Markt der Stadt; das Unglück aber Herrn Wenzels
und noch mehr des ehrlichen Kohlhaas wollte, daß
es der Abdecker aus Döbbeln war.
Sobald Herr Wenzel in Gegenwart des Käm-
merers, seines Vetters, durch ein unbestimmtes Ge-
rücht vernormnen hatte, daß ein Manu mit zwei
schwarzen, aus dem Brande der Tronkenburg ent-
kommenen Pferden tn der Stadt angelangt sei, be-
gaben sich beide in Begleitung einiger aus dem Hause
zusammengerafften Knechte auf den Schloßplatz, wo
er stand, uur sie demselben, falls es die dem Kohl«
haaS zugehörigen wären, gegen Erstattung der
Kosten abzunehmen und nach Hause zu führen.
Aber wie betreten waren die Ritter, als sie be-
reits einen von Augenblick zu Augenblick sich ver-
größernde« Haufen von Menschen, den das Schau-
spiel herbeigezogen, um den zweirädrigen Karren,
an dem dte Tiere befestigt waren, erblickten; unter
unendlichem Gelächter einander znrufend, daß die
Pferds schon, um Derenthalben der Staat wanke,
an den Schinder gekommen wären! Der Junker,
Selbständigkeit der Sozialdemo kl'
4t e, pveiKzugeben?"
Die Fragen her Partei sind klar und eindeu^
Nach den bisherigen Erfahrungen, so schreibt vsi
der „Vorwärts", ist ein Zusammenarbeit
mit der Komnmnistischcn Partei auf die Dauer u st
möglich. Es gibt zwar einzelne Komrru^
sten. mit Lenen inan zuweilen vernünftig reden ka»'
Aber ihre Partei ist derart von äußeren Parolen §
hängig und so auf die Auspeitschung dß
niedrigsten Instinkte eingestellt, daß eß
Art Arbeitsgemeinschaft mit ihnen nur zur Zer«ß
tung dte Sozialdemokratie führen kann. ThüriE
und Sachsen, wo man bisher das Experiment stst
sucht hat, die KPD. zur Mitverantwortung für eß
rein sozialistische, also eine Arbeiterregierung zu -
ziehen, zeigen, wie undurchführbar ein
cher Versuch ist.
RlMlWkil kks PMeiskttklüm!- ß
Hk« /. MW« Mittels.
Wir machen die einzelnen OrtsberetnsletturiL
nochmals auf die Notwendigkeit einer möglis
raschen Einziehung der Beiträge und sofortige ist
natlichs Einsendung der Beträge an die BeM
lasse aufmerksam. Die Beiträge sind festgesetzt: st
Monat August Pro Woche, für männliche M
glieder 4500 Mark (Heidelberg 5000); davon st:
an die Bezirkskasse abzusühren 3900 Mark, den Ölst
Vereinen verbleiben pro Marke 600 resp. 1100 Mar
für weibliche Mitglieder beträgt der ,Beils.
Wöchentl. 1000 Mark, hiervon verbleiben den Ölst
vereinen 125 Mark, 875 Mark sind an die Bezirk
lasse abzusühren. Die Aufnahmegebühr E
trug tm August 500 Mark und ist voll der Bezist
kasse zu überweisen. Für Monat Septemb'<
für die ersten zwei Wochen für männliche Mitglicst
Pro Woche 60 000 Mark, davon sind an die Vezist'
kasse abzusühren 53 000 Mark, für weibliche M
glieder pro Woche 20 000 Mark, davon erhält v'
Bezirkskasse 19 500 Mark. Die Aufnahmegebühr >'
Sept, beträgt 5000 Mark und ist im vollen Beils
an die Bezirkskasse abzusühren. Slmann
Soziale Rundschau.
Ein Licht, das viel flackert.
Ein Teil der Unternehmer glaubt behaupten
dürfen, die eigene Existenzmöglichkett könne nur v"
durch gesichert werden, wenn man den Arbeit,
Schundlöhne bezahlt, ob dieselben Labet untergcst
oder nicht, darauf kommt es diesen Herrschaften
diesem Falle nicht an. Zu dieser Seite Unternehstst,
gehört zweifellos ein großer Teil der GeschE
Inhaber des hiesigen Einzelhandels, an dessen SnI
ein Herr Lanz steht. Obwohl in bezug auf Pls
Umstellung in diesen Geschäften am meisten gestst,
digt wird, weshalb kürzlich die Oberstwatsanw^,
schuft einen Erlaß zur Bekämpfung des Wuäw
verordnete. In letzter Zeit hat man es verstau^'
dcil armen Lohnsklaven von Ausläufern nicht
eine entsprechende Lohnerhöhung beständig ab)
lehnen, sondern durch Verzögerungstaktik bezüS>',.
der Lohnverhandlungcn zn verwirken, den fällig
Lohn nicht auszubezahlen, sondern diesen über -st
Woche hinauszuschtevcn. Daß durch solche VerZä^
rnnaen bei Lohnberechnungcn Irrtümer eNtM'*
nul!,:cn, ist ganz selbstverständlich. Am letzten M"st
tag war dtcserhatb wieder einmal Schtichningsw'
üDnßsitzung, wo die Differenzangelegenhett aiE
trügen werden mußte. Statt die Dinge in sachlm.
Weise zu behandeln, verflieg sich Herr Lanz gc^st.
die Vertreter des Verkehrsvundes tn beleidige^'
Weise in einer Art, wie solches nm von einem
verantwortlichen Menschen erwartet werden kü^st,
Zndcm leugnet« er gemachte Aeutzerungen, dt«
Telephon einen Tag zuvor gemacht Wurden; bei m
cher Gelegenheit er die Ausläufer als „Schere'
sch leiser" bezeichnete, ab. Ob sich Hern L-a-
auf Liese Weise vor der Welt wichtig machen w-
müssen wir ihm allenfalls selbst überlassen. Jeds'st
saus nmß jeder anständig denkende Mensch
solche Handlungsweise niedriger hängen.
Um die neuen BearntengehSlter'
Berlin, 4. Sept. Ink Anschluß an die
sprcchung Im Reichsfinanzmintsterium über
Löhne der Retchsarbeiter fanden heute vormim
Bcjprechungen mit den Bcamtenvertieteru Uber ^
der um den Karren herumgegangen war imd
jümmertichen Tiere, die alle Augenblicke sterben ü
wollen schienen, betrachtet hatte, sagte verlegen, d»
Wären die Pferde nicht, die er dem Kohlhaas
genommen; doch Herr Kmrz, der Kämmerer, eiw,
Blick sprachlosen Grimms voll auf ihn werfend,
wenn er-von Eisen gewesen wäre, ihn zerschmeiß,
bätte, trat, indem er seinen Mantel, Orden und Kß-
cntblößend, znrückschlug, zu dem Abdecker heran E
ftagte thit, ob das die Rappen wären, die der Schü'.
von Wilsdruf an sich gebracht und der Junker W^st
zel von Tronka, dem sie gehörten, bei den Gerillt,
daselbst requiriert hätte. Der Abdecker, der, «Pi-
Eimer Wasser in der Hand, beschäftigt war, «>ß,
dicken, wohlbeleibten Gaul, der seinen Karren Z"'
zu tränken, sagte: „die schwarzen?" — -
Er streifte dem Gaul, nachdem er den E>»,
niedergeseht, das Gebiß ans dem Maul und fasst
die Rappen, die an die Runge gebunden wä^i
hätte ihm der Schweinehirte von Hainichen verküR
Wo der sie herhätle, und ob sie von dem Wilsdrm,
Schäfer kämen, das wisse er nicht. Ihm hätte, spißst
er, während er den Eimer wieder ausnahm, sstst
zwischen Deichsel und Knie anstemmle, ihm lwst
der Gerlchtsbote aus Wilsdruf gesagt, daß er st
nach Dresden tn das Hans derer von Tronka vriE
solle; aber der Junker, an den er gewiesen sei, yeA
Kunz. Bei diesen Worten wandte er sich mit Vst
Rest des Wassers, Len der Gaul im Eimer Ubl^
gelassen hatte, und schüttete ihn auf das Pflaster st
Straße aus. Der Kämmerer, der, von den Blwst
der hohnlachenden Menge umstellt, den Kerl, der >st
empsindungslosern Eifer seine Geschäfte betr'st
nicht bewegen konnte, daß er ibn ansah, sagte,
cr der Kämmerer Kunz von Tronka wäre; st
Rappen aber, die er an sich bringen solle, mrwst,
dem Junker, feinem Vetter, gehören, von ewst
Knecht, der bet Gelegenheit des Brandes aus ..!
Tronkenburg entwichen, an den Schäfer zu Wst
drus gekommen und nrlvrüiigllch zwei dem 'ßst
Händler NohlhaaS zugehörige Pferde icin. Er schst
den Kerl, der mit gespreizten Beirren dastaud "
Heute abend st^8 Uhr im „Rrtushof'
»Mkr-UUMW.
Thema:
^,Um unseres Volkes Zukunft".
Deferent: Reichstagsabgeordneter Schöpflin.
Die Versammlung beginnt pünktl. '/.,8 Uhr.
Vollzähliges Erscheinen erwartet
Der Vorstand.
Wil!Ii!W»»W!! !W
Die Lage im Reich.
Noch nicht genug Ruhrkrieg.
Berlin, 4. Sept. Die Deutschnativna-
sen haben die Berufung des Auswärtigen
Ausschusses gefordert. Die Stuttgarter Rede
Stresemanns ist ihnen zu verständtgungs-
freundlich. Die Deutschnationalen haben immer
poch nicht genug „Ruhrkrieg".
. B erlin, 4. Sept. Der „Vorwärts" schreibt zur
neuesten Kriegshetze der Deutschnationalenr
Die Presse der Rechten sieht keinen Ausweg aus
der Situation als den Krieg gegen Frank-
xeich, der von Westarp in der „Kreuzzeitung", von
Maurenbrecher in der „Deutschen Zeitung" eifrig
gepredigt Wird. Diese deutschnationalen Herren
hleiben mit ihrem politischen Verstand noch hin-
ter den Kommunisten zurück, die mit dem
Krieg gegen Frankreich wenigstens so lange warten
Wollen, bis das Bündnis mit SoWjetruUand per-
fekt ist. Die Kriegstreiber von rechts denken nicht
einmal so weit, sie machen sich gar keine Sorgen um
die diplomatische Vorbereitung, sondern wollen
fröhlich drauflos in das neue Stahl-
bad. Selber wollen sie natürlich zu Hause
pleiSrn, Westarp wie Maurenvrechcr, Steuern zah-
len wollen sie auch nicht, Waffen, die sich mit
Pctten Frankreichs vergleichen ließen, sind nicht
entfernt vorhanden, Bundesgenossen auch
nicht, aber dafür wird der deutsche Boden
Kriegsschauplatz, und wenn das Ruhrgebiet
f>r Klump geschossen ist, Hunderttausende verblutet,
Millionen verhungert sind, kann Frankreich mit
Deutschland einen ncuenFrieden schließen und
dabei alles korrigieren, was ihm am Vertrag von
Perla'llcs Nicht gefällt.
Das ist die sogenannte Politik der sogenannten
^nationalen" Opposition, und diesen Phrasen
läuft ein stumpfsinniges Spießbürgertum nach!
Wie lange bleibt Gehler noch?
Dresden, 3. Sept. Die „Sächsische Staats.
das Regierungsorgan, bring« heute an der
Spitzt des Blattes eine längere Erklärung, in der
sin vertrauliches Schreiben Dr. Geß-
iers vom 24. Slugust 1922 an den Senatsprä-
it deuten Dr. Hagens als ein Eingriff in
sine» Strafprozeß bezeichnet wird. Ferner wird
die Behauptung wiederholt, daß Dk. Getzter eine
Dei! nah nie der Reichswehr an der sächsi-
schen P erfa s s n n gsseier in Rücksicht aus die
»ekaninte Rede Dr. Zechners verboten habe,
stttf Vorstellungen in Berlin sei am 21. August in
Dresden eilt Telephonat eingegangen, daß der
Reieliswchrniintster keinerlei Anordnungen
s.brr den Verkehr des Wehrkreiskommandos bezw
Pes sächsischen LanLcSkommanLaut«« mit der säch-
sischen Regierung betroffen habe. Er habe lediglich
zu« 11. August das Ersuchen des WehrkreiskotN-
praitdos gebilligt, an der von der sächsischen
Legierung veranstalteten Versafsungsscier nicht teil-
Dehmen zu dürfen. Er halte es für selbstverständ-
lich, daß «t l e dienstlichen Verpflichtungen jeglicher
Dersassungssnäßigen Regierung gegenüber erfüllt
tvcvdcn.
Michael Kohlhaar.
Eine Erzählung.
Von Heinrich Von Kleist.
«12. Fortsetzung.)
Inzwischen war auch der Funker seiner Haft
tn Wittenberg entlassen und nach Herstellung einer
gefährlichen Rose, die seinen Fuß entzündet hatte,
von dem Landesgericht unter perementorischen Be-
dingungen aufgefordert Vörden, sich zur Verantwor-
tung ans die von dem Roßhändler Kohlhaas gegen
«ihn eingereichte Klage Wegen widerrechtlich abge-
snommenvr und zugrunde gerichteter Rappen tn
Dresden zu stellen.
Die Gebrüder Kämmerer und Mundschenk von
Lronka, Lehnsvettern des Junkers, tn deren Haus
er ast trat, empfingen ihn mit der größten Erbitte-
rung und Verachtung; sie nannten ihn! einen Elenden
und Nichtswürdigen, der Schande und Schmach
Mer die ganze Familie bringe, kündigten ihm an,
daß er seinen Prozeß nunmehr unfehlbar verlieren
würde, nnd forderten ihn auf, nur gleich zur Her-
beischasfung der Rappen, zu deren Dicksütterung er,
zum Hohngslächser der Welt, verdammt werde,
Anstalt zu machen. Der Junker sagte mit schwacher,
gitternder Stimme, er sei der bejammernswürdigste
Mensch von der Welt. Er verschwor sich, daß er von
hem ganzen verwünschten Handel, der ihn ins Un-
tzlück stürze, nur wenig gewußt, und Laß der Schloß-
Vogl und der Verwalter an allem Schuld wären,
indem sie die Pferde ohne sein entferntestes Wissen
jund Wollen bei der Ernte gebraucht und durch un-
mäßige Anstrengungen, zum Teil auf ihren eigenen
Feldern, zugrunde gerichtet hätten. Er setzte sich,
indem er dies sagte, und bat, ihn nicht durch Krän-
kungen und Beleidigungen in das Uebel, von dem
«r nur soeben erst erstanden lei, mutwillig zurückzu-
stürzen.
Am andern Tage schrieben die Herren Hing und
Etzins, sw in der Gegend der eingeäscherten Tronken-
Die „Sächsische Staatszeitung" fügt, diese Er-
klärung des Reichswehrministers sei unwahr, und
sie fragt, wie die Retchsregierung, wenn sie auf «in
vertrauensvolles Zusammenarbeiten mit der sächsi-
schen Regierung Wert lege, sich Sicherheiten schaffe
gegen solche jedes Vertrauen untergrabende un-
wahre Darstellungen des Reichswehrministerss
Z-um Schluß der Erklärung heißt es dann:
Die Erklärung des Herrn Retchswchrministers
ist, wie sich aus dem obengenannten unzweideutig
ergibt, unwahr. Es mutz der öffentlichen Mei-
nung überlassen Werderst ob Herr Dr. Getzler
angesichts dieser Tatsache Wetter aus seinem Posten
verbleiben kann. Da die dringend notwendige Klä-
rung der Frage auf anderm Wege nicht erreichbar
zu sein scheint, mutz die Frage aufgeworfen wer-
den: Legt die Reichsregierung Gewicht auf eine
vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der sächsischen
Regierung? Wenn ja: Wie will sie Sicherhei-
ten schaffen gegen solche jedes Vertrauen untergra-
bende unwahre Darstellung des Herrn Reichswehr-
ministers?
Die Fälschung der Handelrstatistik.
Berlin, 4. September. Welche Schwindel*
manöver vorgenommen worden sind, um den
Kredit des Reiches künstlich zu unterbinden, zeigt die
Art, wie man bisher die Zahlen der Außenh an-
delsstattstik umzubiegen verstand. Nach Dar-
stellungen, die Morus in der letzten Nummer der
„Weltbühne" gab, ist die Behauptung von der Passi-
vität der deutschen Handelsbilanz purer Schwindel.
Er gibt Aufrechnungen, die unlängst im Statistischen
Reichsamt selbst gemacht worden sind. Morus be-
hauptet, es habe sich hemusgestellt, daß die Handels-
bilanz Deutschlands im Jahre 1922 „nicht stark
passiv, sondern sogar leicht aktiv war. Die gesamte
Ausfuhr betrug 7,4 Milliarden, die gesamte Eins-
fuhr nur 7,25 Milliarden Mark. Ja selbst in den
ersten Tagen dieses Jahres ist die Handelsbilanz
noch aktiv gewesen, und erst die Verschlechterung der
Wirtschaftslage durch die Nuhrvesetzung hat von
April an eine Passivität der Handelsbilanz ge-
bracht". Unter der Herrschaft Dr. Beckers hat
man im Rcichswirtfchaftsministerium lange Zeit er-
wogen, ob nun auch diese neuen Zahlen veröffent-
licht werden sollen. Man ist davon abgekommen.
Das gesamte Ausland wird weiterhin irrege-
sührt, und zwar nur im Interesse derjenigen, die,
nm die eigenen Profite zu steigern, jede Ersüllungs-
poltlik bisher grundsätzlich negiert haben.
Aus der Ordnungszelle.
Nürnberg, 4. Sept. Zum „Deutschen
T a g" in Nürnberg wird uns von« „S.P.D." noch
folgende Einzelheit gemeldet: Der unter dem Pro-
tektorat der „Vaterländischen Vervänd e",
also der Nebcnregterung in Bayern, abgehaltene
„Deutsche Tag" in Nürnberg hat einen blutigen
Abschluß gefunden. Im Lause des Sonntag-
abend kam es in der Arbeitervorstadt Steinbühl zu
Zusammenstößen, in deren Verlauf der Studien-
professor an der Nürnberger Fortbildungsschule,
Braun, von der Schußwaffe Gebrauch machte. Der
Genosse Krämer, ein Mann von 5V Führen,
Vater Von fünf Kindern, wurde eilt Opfer dieser
Schießereien. Ein anderer Genosse namens Ober le
liegt schwerverletzt iin Krankenhaus. Es ver-
lautet, daß Braun in Schutz haft genommen
sein soll. Die an anderen Teilen Nürnbergs er-
folgten Schießereien von Angehörigen der Vater-
ländischen Verbände forderten keine Opfer. Die
Polizei verhielt sich völlig passiv.
Die „Fränkische Tagespost" schreibt zu
dem Vorgang:
Die Nürnberger Arbeiterschaft war
am 1. und 2. September nicht auf den Stra-
ßen, um jedem Zwischenfall aus dem Wege zu
gehen. Die Zwischenfälle sind in auffallender Weife
in den Abendstunden vor sich gegangen, der
bluligste sogar nach der Rede Httlers. Feder
objektive und vorurteilsfreie Bürger rann sich die
Zusammenhänge zwischen den nationalsozialistischen
Provokationen nnd den Opfern der Revolverhelden
selbst ziehen.
Mit einer solchen Politik, Wie sie hier getrieben
bürg Güter besaßen, auf Ansuchen des Junkers,
ihres Vetters, weil doch nichts anders übrig blieb,
an ihre dort befindlichen Verwalter und Pächter,
uM Nachricht über die an jenem unglücklichen! Tage
abhanden gekonnnenen und seitdem gänzlich ver-
schollenen Rappen einzuziehen. Aber alles, was sie
bei der gänzlichen Verwüstung des Platzes und der
Niedermetzelung fast aller Einwohner erfahren konn-
ten, war, daß et» Knecht sie, von den flachen Hieven
des Mordbrenners getrieben, aus dem brennenden
Schuppen, in welchem sie standen, gerettet, nachher
aber auf die Frage, wo er sie vinsühren, und was
er damit ansangen solle, von dem grimmigen Wüte-
rich einen Fußtritt zur Antwort erhalten habe. Die
alte, von der Gtcht geplagte Haushälterin des
Junkers, die sich nach Meißen geflüchtet hatte, ver-
sicherte demselben auf eine schriftliche Anfrage, daß
der Knecht sich ain Morgen jener entsetzlichen Nacht
mit den Pferden nach der brandenburgischen Grenze
gewandt habe; doch alle Nachfragen, die man da-
selbst anstsllte, waren vergeblich, und es schien dieser
Nachricht eilt Irrtum zum Grunde liegen, indem der
Junker keinen Knecht hatte, der im Brandenbur-
gischen oder auch nur auf der Straße dorthin zu
Hause war. Männer aus Dresden, die wenige Tage
nach dem Brande der Tronkenburg in Wilsdruf ge-
wesen waren, sagten aus, daß um die benannte Zett
ein Knecht mit zwei an der Hülster gehenden Pfer-
den dort angekommen und die Tiere, weil sie sehr
elend gewesen wären und «richt weiter fort gekonnt
hätten, im Kuhstall eines Schäfers, der sie wieder
hätte aufbringen wollen, stehen gelassen hätte. Es
schien mancherlei Gründe wegen s-hr wahrscheinlich,
daß dies die in Untersuchung stehenden Rappen
waren; aber der Schäfer aus Wilsdruf HE sie,
wie Leute, die dorther kamen, versicherten, schon wie-
der, man wußte nicht an wen, verhandelt; und ein
drittes Gerücht, dessen Urheber unentdeckt blieb,
sagte gar aus, daß die Pferde bereits in Gott ver-
schieden und in der Knochengrube zu Wilsdruf be-
graben waren.
Die Herren Hinz und Kunz, Lenen diese Wen-
Wird, schweißt man das deutsche Volk nicht zusam-
men, schafft man keine Einheitsfront, von der in den
Organen der bayerischen Regierung immer so viel
zu lesen ist. Solche Vorkommnisse, wie in Nürnberg,
auf deren Ursachen und Wirkungen wir vorstehend
hingewtesen haben, sind Nährboden für neue
Gewalttaten.
Wir fragen die bayerische Regierung, was sie
zu tun gedenkt, um tn Nürnberg endlich andere
Zustände hervstzuführen, um in Nürnberg den
Schutz der Arbeiterschaft zu gewährleisten.
München^ 4. Sept. In einem Münchener
Korrespondenzartikel des „Soz. Parlamentsdienst",
überschrieben: „Schwarzweißrot gegen weißblau"
War u. a. Vie Rede von den Hitlerbanden und wei-
terhin von Hitler selbst als einem neuropathischen
und politisch unreifen Schwätzer. Durch diese Aus-
drücke fühlte sich „Adolf der Große" derart gekränkt
und in seiner Ehre verletzt, daß er eine Beleidi-
gungsklage gegen den verantwortlichen Schrift-
leiter des „Vorwärts", der den betr. Artikel
veröffentlichte, anstrengte. Die Verhandlung fand
am Montag vor dem Schöffengericht in Mün-
chen statt, das den Angeklagten zu 6 Millionen Mk.
Geldstrafe verurteilte.
Der Kappist Schnitzler verhaftet.
München, 4. Sept. Dr. Schnitzler, die
Seele und intellektuelle Leitung des Kapp-Put-
sches, ist in einer Pension tn der Nähe des Mün-
chener Hauptbahnhoses verhaftet worden. Dte
Nachricht ist von der „München-Augsburger Abend-
zeitung" an versteckter Stelle gebracht worden.
Die Polizei verw eigert mit Rücksicht auf die
schwebende Untersuchung wettere Auskünfte.
Stuttgart, 4. Sept. Die von der sozialde-
mokratischen Fraktion geforderte Einberufung des
württembergischcn Landtags hat der Landtagspräsi-
dent ab gelehnt.
Die Lage im Ausland.
Gin italienischer Faszist in Parts ermordet.
Paris, 4. Sept. Wie die Blätter melden, ist
gestern ein italienischer Angehöriger der sasz'ftischen
Partei in Paris von italienischen Kommunisten er-
mordet worden. Ein zweiter italienischer Faszist
wurde tn der Nacht in der Nähe seiner Wohnung
überfallen und schwer verletzt. Auch hier hat die
polizeiliche Untersuchung ergeben, daß die Tat von
italienischen Kommunisten, die von der Regierung
Mussolini ausgewiesen worden waren, verübt wor-
den ist.
Das neue japanische Kabinett.
Tokio, 4. Sept. Das neue Kabinett tst ge-
bildet und wie folgt zusammengesetzt: Ministerprä-
sident und Minister für Auswärtiges: Sldmiral Ua-
mamoto; Jnueres: Baron Goto; Finanzen: Juue
Buimosoka; Krieg: Tanaka.
Die Regierung wird als ein Kabinen „starker"
Männer bezeichnet.
Aus der Partei.
Klarheit in Thüringen.
Eine Rundfrage der sozialdemokratischen Partrt-
lettung Thüringens.
Aus Weimar wird uns geschrieben:
Augenblicklich führen die Kommunisten
auch in Thüringen eine schrankenlose Hetzpro-
paganda gegen die sozialdemokratische
Regierung. Gleichzeitig erheben sie die sinn-
lose Forderung nach der Bildung einer Arbeiter-
und Bauernregicrmlg. Dte thüringische Partei-
leitung hat sich deshalb veranlaßt gesehen, die zwie-
spältige, doppelzüngige Politik der kommunistischen
Maulhelden in der Praxis zu erproben. Sie will
Klarheit schaffen und fordert zu diesem Zweck
alle Ortsveretm auf, in den allernächsten Tage,« zn
folgenden Fragen Stellung zu nehmen:
„Kann unsere Partei die Kommunisten noch
als Vertrags fähig betrachten? Kann mii
dieser Partei noch über dte Beilegung des
Konfliktes verhandelt werden, den diese tn
so frivoler Weife provoziert hat? Kann un-
sere Partei noch weitergehen, ohne die Interessen
des Proletariats, die eng verknüpft sind mit der
düng der Dinge, wie man leicht begreift, die er-
wünschteste war, indem sie dadurch bei des Junkers,
ihres Vetters, Ermangelung eigener Ställe der Not-
wendigkeit, dte Rappen in den ihrigen aufzu-
füttern, üverhoben waren, wünschten gleichwohl
völliger Sicherheit wegen diesen Umstand zu bewahr-
heite«. Herr Wenzel von Tronka erließ demnach
als Erb-, Lehns- und GenchtSherr ein Schreiben
an dte Gerichte zu Wilsdruf, worin er dieselben
nach eitler weitläufigen Beschreibung der Rappen,
dte, wie er sagte, ihm anvertraut und durch einen
Unfall abhanden gekommen wären, LienstfreunL-
ltchst ersuchte, den Dermaligen Aufenthalt derselben
zu erforschen und den Eigner, wer er auch sei, auf-
zusordern und anznhalten, sie gegen reichliche Wieder-
erstattung Mer Kosten in den Ställen des Kämme-
rers, Herrn Krmz, zu Dresden abzuliefern. Dem-
gemäß erschien auch wirklich wenige Tage darauf
der Mann, au den sic der Schäfer aus Wilsdruf
verhandelt hatte, und führte sie, dür und wankend,
an die Runge seines Karrens gebunden, auf den
Markt der Stadt; das Unglück aber Herrn Wenzels
und noch mehr des ehrlichen Kohlhaas wollte, daß
es der Abdecker aus Döbbeln war.
Sobald Herr Wenzel in Gegenwart des Käm-
merers, seines Vetters, durch ein unbestimmtes Ge-
rücht vernormnen hatte, daß ein Manu mit zwei
schwarzen, aus dem Brande der Tronkenburg ent-
kommenen Pferden tn der Stadt angelangt sei, be-
gaben sich beide in Begleitung einiger aus dem Hause
zusammengerafften Knechte auf den Schloßplatz, wo
er stand, uur sie demselben, falls es die dem Kohl«
haaS zugehörigen wären, gegen Erstattung der
Kosten abzunehmen und nach Hause zu führen.
Aber wie betreten waren die Ritter, als sie be-
reits einen von Augenblick zu Augenblick sich ver-
größernde« Haufen von Menschen, den das Schau-
spiel herbeigezogen, um den zweirädrigen Karren,
an dem dte Tiere befestigt waren, erblickten; unter
unendlichem Gelächter einander znrufend, daß die
Pferds schon, um Derenthalben der Staat wanke,
an den Schinder gekommen wären! Der Junker,
Selbständigkeit der Sozialdemo kl'
4t e, pveiKzugeben?"
Die Fragen her Partei sind klar und eindeu^
Nach den bisherigen Erfahrungen, so schreibt vsi
der „Vorwärts", ist ein Zusammenarbeit
mit der Komnmnistischcn Partei auf die Dauer u st
möglich. Es gibt zwar einzelne Komrru^
sten. mit Lenen inan zuweilen vernünftig reden ka»'
Aber ihre Partei ist derart von äußeren Parolen §
hängig und so auf die Auspeitschung dß
niedrigsten Instinkte eingestellt, daß eß
Art Arbeitsgemeinschaft mit ihnen nur zur Zer«ß
tung dte Sozialdemokratie führen kann. ThüriE
und Sachsen, wo man bisher das Experiment stst
sucht hat, die KPD. zur Mitverantwortung für eß
rein sozialistische, also eine Arbeiterregierung zu -
ziehen, zeigen, wie undurchführbar ein
cher Versuch ist.
RlMlWkil kks PMeiskttklüm!- ß
Hk« /. MW« Mittels.
Wir machen die einzelnen OrtsberetnsletturiL
nochmals auf die Notwendigkeit einer möglis
raschen Einziehung der Beiträge und sofortige ist
natlichs Einsendung der Beträge an die BeM
lasse aufmerksam. Die Beiträge sind festgesetzt: st
Monat August Pro Woche, für männliche M
glieder 4500 Mark (Heidelberg 5000); davon st:
an die Bezirkskasse abzusühren 3900 Mark, den Ölst
Vereinen verbleiben pro Marke 600 resp. 1100 Mar
für weibliche Mitglieder beträgt der ,Beils.
Wöchentl. 1000 Mark, hiervon verbleiben den Ölst
vereinen 125 Mark, 875 Mark sind an die Bezirk
lasse abzusühren. Die Aufnahmegebühr E
trug tm August 500 Mark und ist voll der Bezist
kasse zu überweisen. Für Monat Septemb'<
für die ersten zwei Wochen für männliche Mitglicst
Pro Woche 60 000 Mark, davon sind an die Vezist'
kasse abzusühren 53 000 Mark, für weibliche M
glieder pro Woche 20 000 Mark, davon erhält v'
Bezirkskasse 19 500 Mark. Die Aufnahmegebühr >'
Sept, beträgt 5000 Mark und ist im vollen Beils
an die Bezirkskasse abzusühren. Slmann
Soziale Rundschau.
Ein Licht, das viel flackert.
Ein Teil der Unternehmer glaubt behaupten
dürfen, die eigene Existenzmöglichkett könne nur v"
durch gesichert werden, wenn man den Arbeit,
Schundlöhne bezahlt, ob dieselben Labet untergcst
oder nicht, darauf kommt es diesen Herrschaften
diesem Falle nicht an. Zu dieser Seite Unternehstst,
gehört zweifellos ein großer Teil der GeschE
Inhaber des hiesigen Einzelhandels, an dessen SnI
ein Herr Lanz steht. Obwohl in bezug auf Pls
Umstellung in diesen Geschäften am meisten gestst,
digt wird, weshalb kürzlich die Oberstwatsanw^,
schuft einen Erlaß zur Bekämpfung des Wuäw
verordnete. In letzter Zeit hat man es verstau^'
dcil armen Lohnsklaven von Ausläufern nicht
eine entsprechende Lohnerhöhung beständig ab)
lehnen, sondern durch Verzögerungstaktik bezüS>',.
der Lohnverhandlungcn zn verwirken, den fällig
Lohn nicht auszubezahlen, sondern diesen über -st
Woche hinauszuschtevcn. Daß durch solche VerZä^
rnnaen bei Lohnberechnungcn Irrtümer eNtM'*
nul!,:cn, ist ganz selbstverständlich. Am letzten M"st
tag war dtcserhatb wieder einmal Schtichningsw'
üDnßsitzung, wo die Differenzangelegenhett aiE
trügen werden mußte. Statt die Dinge in sachlm.
Weise zu behandeln, verflieg sich Herr Lanz gc^st.
die Vertreter des Verkehrsvundes tn beleidige^'
Weise in einer Art, wie solches nm von einem
verantwortlichen Menschen erwartet werden kü^st,
Zndcm leugnet« er gemachte Aeutzerungen, dt«
Telephon einen Tag zuvor gemacht Wurden; bei m
cher Gelegenheit er die Ausläufer als „Schere'
sch leiser" bezeichnete, ab. Ob sich Hern L-a-
auf Liese Weise vor der Welt wichtig machen w-
müssen wir ihm allenfalls selbst überlassen. Jeds'st
saus nmß jeder anständig denkende Mensch
solche Handlungsweise niedriger hängen.
Um die neuen BearntengehSlter'
Berlin, 4. Sept. Ink Anschluß an die
sprcchung Im Reichsfinanzmintsterium über
Löhne der Retchsarbeiter fanden heute vormim
Bcjprechungen mit den Bcamtenvertieteru Uber ^
der um den Karren herumgegangen war imd
jümmertichen Tiere, die alle Augenblicke sterben ü
wollen schienen, betrachtet hatte, sagte verlegen, d»
Wären die Pferde nicht, die er dem Kohlhaas
genommen; doch Herr Kmrz, der Kämmerer, eiw,
Blick sprachlosen Grimms voll auf ihn werfend,
wenn er-von Eisen gewesen wäre, ihn zerschmeiß,
bätte, trat, indem er seinen Mantel, Orden und Kß-
cntblößend, znrückschlug, zu dem Abdecker heran E
ftagte thit, ob das die Rappen wären, die der Schü'.
von Wilsdruf an sich gebracht und der Junker W^st
zel von Tronka, dem sie gehörten, bei den Gerillt,
daselbst requiriert hätte. Der Abdecker, der, «Pi-
Eimer Wasser in der Hand, beschäftigt war, «>ß,
dicken, wohlbeleibten Gaul, der seinen Karren Z"'
zu tränken, sagte: „die schwarzen?" — -
Er streifte dem Gaul, nachdem er den E>»,
niedergeseht, das Gebiß ans dem Maul und fasst
die Rappen, die an die Runge gebunden wä^i
hätte ihm der Schweinehirte von Hainichen verküR
Wo der sie herhätle, und ob sie von dem Wilsdrm,
Schäfer kämen, das wisse er nicht. Ihm hätte, spißst
er, während er den Eimer wieder ausnahm, sstst
zwischen Deichsel und Knie anstemmle, ihm lwst
der Gerlchtsbote aus Wilsdruf gesagt, daß er st
nach Dresden tn das Hans derer von Tronka vriE
solle; aber der Junker, an den er gewiesen sei, yeA
Kunz. Bei diesen Worten wandte er sich mit Vst
Rest des Wassers, Len der Gaul im Eimer Ubl^
gelassen hatte, und schüttete ihn auf das Pflaster st
Straße aus. Der Kämmerer, der, von den Blwst
der hohnlachenden Menge umstellt, den Kerl, der >st
empsindungslosern Eifer seine Geschäfte betr'st
nicht bewegen konnte, daß er ibn ansah, sagte,
cr der Kämmerer Kunz von Tronka wäre; st
Rappen aber, die er an sich bringen solle, mrwst,
dem Junker, feinem Vetter, gehören, von ewst
Knecht, der bet Gelegenheit des Brandes aus ..!
Tronkenburg entwichen, an den Schäfer zu Wst
drus gekommen und nrlvrüiigllch zwei dem 'ßst
Händler NohlhaaS zugehörige Pferde icin. Er schst
den Kerl, der mit gespreizten Beirren dastaud "