Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (September bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 211 - Nr. 220 (12. September - 22. September)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48728#0067

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
^L^M? NW kN Di WM <M.W U MW WKKM P«N»W
, AuLwürtige M. 1ÄMM. Reklame. MM. j^U. WL WM ^V^.WM
^uswLttAMllMüüiM.B^WNd^ Teä'sSdM-n^
Holungen Nachlaß nach Tarrf, Tel-Expedition 2S78u.RedakLV»
rages-Zeikimg fSr Ske verMgeBeoSHknmg ver Amt-SeMe öelvelberg. MesloS, öMevs, Holme«, SvervaS, MosSaH, VOea, AvelZvew. »orbera, LmverSWMew o. WeMew

5. Jahrgang

Heidelberg, Dienstag, de« 18. September 1923

Immer tiefer.
§r. Heidelberg, 18. September.
Die schwebende Schuld des Reiches hat
sich in der ersten Septemverdekade nahezu verdop -
1 r < t. Sie stieg von 1196,3 Billionen Es 1380,7 Ml-
l'onen, also um 1184,4 Billionen. An Stenern,
Zekcn und Gebühren gingen dagegen nur e'.n 49,9
Villionen und aus die Einzahlungen au» die Go.d-
ünftihe 68,5 Billionen Mal«. Im drftien Nachirag
rum Etat 1923 soll der Neichssinanzminister ermäch-
Ugt werden, zur vorübergehenden Verstärkung der
außerordentlichen Betriebsmittel der Reichshaupt«
kaffe S ch o tz a nw e i s ungen bis zu weiteren
lOoüü Billt'nen anszugeben. Also dies die Fi-
nanzlage des Reiches, das sich immer noch
nicht ganz klar ist ob es zu einer Goldwährung
übergehen roll oder, wie es jetzt wieder den Anschein
lat, zu der von allen Sachverständigen bekämpften,
im internationalen Verkehr völlig unbrauchbaren
Helffemchschen Roggenwährmng.
Not und Hnnger gehen in geradezu furcht-
barer Weise um. V e r zw e i f lu n g s st immung
breitet sich aus. Kommunisten und Deutsch-
uationale ringen um die Palme, wie das Reich
am sichersten zerstört werden kann, aus daß sie auf
den Trümmern ein angebliches Paradies errichten
könne,,. Sprungbereit stehen die Heerhaufen zum
Bürgerkrieg gerüstet. Dies die innere Situation
Deutschlands, in dein sich Aktionen der Linken von
"Uten und bayerische Regiernngskundgebungen von
oben ein mehr als zweideutiges Schäferspiel geben.
Das Echo auf dis Rede Poincares zeigt, daß die
sruuzösische Presse hinter den Forderungen des ge-
aenwärtigen Machthabers Frankreichs steht, der un-
erbittlich aus seinen Schein bezüglich Einstellung des
Massiven Widerstandes, Pfänder und Sicherheiten
P. harrt. Bereits spreche« auch die „Limes" von
einer Finanzkontrolle iw« Deutschland. Dies die
außenpolitische DtMMir« -es Reiches, -essen Be-
bökkerung iinMer noch nicht erkannt hat, was es be-
dru cl, einen Krieg in eftrem Matze verloren zu
b <>cn, wie dies durch VN Schul- -VS immer noch
«einem National-«»» verehrt« Lnvendorff der
Fall.
So befinden wir Mts hewte i« einer allgemeinen
it r l s i s, aus der sich trotz bürgerlicher Schönsärbe-
wi kein Ausweg zeigen will. Herrn Strese-
in a il n s Versuch, durch schön« Reden, deren stärkster
'Wert im Gesinnungswandel des volksparteilichen
Führers vom Saulus zum Erfüllungsvaulus liegt,
Herrn Poincarö gefügig zu machens dürfte wohl
»ls gescheitelt zu betrachten sein. Es ist daher Höchst-
Zeit, das; sich die Regierung endlich auf inneu- und
austen-politischem Gebiet zu jenen Matzuahmen eut-
ichkietzt, die die Sozialdemokratie von Beginn an zur
Bedingung ihres Eintritts in das Kabinett machte.
Roch haben wir das Reich, noch haben Wir ein«
Trautsa-utorität, ad>r wie lange noch sind wir gegen
die innen- und außenpolitischen Anstürme gefestigt?
Die Zeit drängt. Der Reichskarren steht dicht vor
dein Abgrund. Möge die Regierung das Gebot der
Stunde erkennen. Bereits warten innerhalb und
"utzerhalb des Reiches die Megären des Schlacht-
feldes auf ihre Beute.

PoincayB findet Zustimmung.
Parts, 17. Sept. Dis neuesten Reden Poin-
cares gegen Deutschland finden die gleiche Zustim-
mung wie die früherem
Der „Figaro" betont: Nach dem großen und
langen deutsch-französischen Kampf seien dieFran -
^osen Herrendes Prozesses. Die Drohung
Deutschlands mit einem finanziellen Selbst-
mord könne nichts an der Tatsache ändern, daß
" h l u n gen verlangt werden. Das habe Potn-
cars gestern mit besondere» Schärfe wiederholt.
-Nan müsse es fortgesetzt wiederholen.
Der „Homme Libre" schreibt: Deutschland
Mt kein Geld, um Reparationen zu bezahlen^ aber
e» hat innerhalb und außerhalb seiner Grenze Geld,
um Kanonen, Gewehre und Flugzeuge zu bezahlen.
Der „Populaire" sagt, daß die Unterhand-
uwgen zwischen Poincarö und Stresemann keinen
Fortschritt gebracht Haven.

Die „Times" für die Finanzkontrolle
London, 17. Sept. Die „Time s" verurte'-
cu die Finanzpolitik der deutschen Regierung, da
°one eine Regelung der Ruhrfrage und die Her-
cllung des Gleichgewichts des Staatshaushalts
e Reformen aussichtslos seien, anderseits
dj.° " e Währung Nbc rflüssig se>, wenn
. le Voraussetziingeit erreicht seiW, KaZ Platt er-

klärt, die Unfähigkeit der deutschen Regierungen
mache die Einführung einer Finanzkontrolle
der Alliierten unvermeidlich.
Theunis über die deutsche Politik.
Brüssel, 17. Sept. In einem Interview er-
klärte Ministerpräsident Theunis: ES sche.nt, datz
die zweischneidige Waffe des passiven Widerstandes
sich letzten Endes gegen sich selbst gerichtet. Die
Schwierigkeiten StresemannS seien tatsächlicher Art
und könnten nicht rasch gelöst werden. Der Zeit-
punkt einer internationalen Anleihe sei nicht günstig.
Das Unheil
der Illufionspolitik.
In einem bemerkenswerten Leit«
.arttkel schreibt die „Frankfurter
Zeitung":
Noch in dieser Stunde bekennen Mr uns zur
Fahne derer, die wetterringe n. Wir, Vie wir
nicht daran denken, die Hoffnung auszugehen, sind
nicht viele. Aber wir glauben auch heute noch daran
und möchten das Eine allen sagen: der Mensch
gestalte sich sein Schicksal selbst. „Wei-
ber" mögen glauben, daß das „Schicksal über uns
hereinbrcche": deutsche Männer haben sich zu fragen,
ob sie nicht auch an ihrem Schicksal Schuld tragen.
War es männlich, im Kriege wie Kinder von
schönen Annexionen zu träumen, anstatt kaltblütige
Politik zu machen und rechtzeitig das Erreichbare zu
sichern und Deutschland zu retten? War es klug,
nach dom Krieg auf den Staat zu schimpfen,, ihm
keine Stauern zu zahlen ihn so mit seiner Währung
von innen heraus zu unterhöhlen — und damit die
eigene Existenz zu vernichten? War esüberleg 1,
in den letzten Jahren an jedem Stammtisch zu er-
klären: „Laßt die Franzosen nur hereinkommenl
Sie werden sich tot marschieren!", die Reparations-
politik aufs häßlichste zu verdächtigen, Rathenau
deshalb zu ermorden und so eine Loskaufpolittk um
der deutschen Rettung willen unmöglich zu machen?
Wo stehen wir beute? Hat man männliche, kluge,
überlegte Politik getrieben oder nicht vielmehr di«
von eigensinnigen, unüberlegten Kindern?
Die Verhältnisse sind unerträglich! Wir
müssen darauf zugehen, sie zu ändern. Wir haben
heute endlich eine Regierung, die sich aus dem
Traumnetz (wenn st« realisierbar wären, gewiß
schöner) Illusionen heraus gerissen hat, die der
Wirklichkeit ins Auge steht und Deutsch-
land aus dem Sumpfe, in den der ewige Träumer
hineingetorkelt ist, in letzter Stunde herauSzurci-
ßeu sucht. Sie verhandelt und will zu einer festen
Finanz- und Steuerpolitik gelangen. Dann könnte
sie die Noteniinflation, die uns täglich die Mark aus
den Taschen holt, stoppen, die Unsicherheit der ein-
zelnen Existenz und des soz ialen Zusammenleb ms
bannen und Deutschland heute noch retten. Was
tut das Volk? Begleiten wenigstens die, die
noch nicht völlig verzweifelt und zerbrochen sind, die
Regierung mit ihren heißesten Wünschen, treiben sie
sie an in ihrem Kamps mit dem Schicksal, unter-
stützen sie sie im Volk? Nein! Es ist «in trost-
loses, entsetzliches Bild, daS sich uns bie-
tet. Obwohl offenkundig ist, wohin es die bisherige
wirklichkeitsfremde Stimmung im
„Bürgertum" (die sich jeder klügeren Tat der
Regierung in den Weg gestellt hat) gebracht hat,
spielt Man wieder mit dem Gedanken an den unmög-
lichen, die deutschen Städte in wenigen Tagen zerstö-
renden Krieg, gehen wieder die Parteilinge durchs
Land, nm gegen die Steuern zu Hetzen, gerade als
ob wir 1913 zählten und nicht die bittere Lektion
darüber bekomm«»» hätten, welche Eitteigmungsfteusr
unsere ganze Existenz unterwühlt, wenn wir keine
Stenern zahlen. Und wieder hindert das Geschwätz
vom „Dolchstoß" die Politiker, in deren Hand
jeder Kampf nach den ältesten Gesetzen politischer
Klugheit nicht Selbstzweck, sondern Mittel zuW
Zweck der Erreichung des Zieles (der Erhaltung
Deutschlands und der Wohlfahrt seiner Bürger)
unter mehreren Mitteln sein niützts, an durchgreifen-
der Tat.
Wir wollen heute sehr offen sagen, WAS wir von
den führenden Gegnern einer Politik deS realen
Ringens mit den Verhältnissen halten. Die Geführ-
ten mögen gutgläubig folgen. Aber di« Führer sind
Verräter am deutschen VvM. Mr sind nicht ge-
wohnt, mit Verratsbezichtigungen nm uns zu Wer-
sen. Aber wir wissen, was wir sagen. Die Rechts-
und Linksradikalen wissen gang genau,, das;
sie, Wen»» sie zur Regierung kautet», weder «inen
Krieg führen noch den passiven Widerstand tn der
jetzigen Form dauernd finanzieren könnten, vaß sie
zu Verhandlungen nach außen und zu harten Fi-
nanzmaßnahmen nach innen gezwungen wären.
Trotzdem lenken sie den Rest von Aktivität, der
noch in» deutschen Volk lebt, von dem realen Kampf-
objekt der tatsächlichen Verhältnisse ab, «den ihm
vor, daß vorher eine (im Vergleich zu ver Not-
wendigkeit der Rettung Deutschlands) völlig weben-
sächliche Aendsrung der Staatsform nötig
wäre, und legen dem Ringen der Notregierung der
großen Koalition in der Stimmung des Bolls
dauernd Steine in den Wog. Um sich (möglicher-
weise) an die Spitze zu bringen, verrät man

nisten? Sie sind umnichtshöher eimuschäi-
zen. ISIS mögen sie noch gutgläubig gewesen sein;
heute liegen ihre Mißerfolge inRutzland vor aller
Augen. Dort regierten sie durch die skrupellose An-
wendung der Notenpresse; auch das wäre ihnen in
Deutschland nicht mehr möglich. Die russischen
Heer« «lögen in der russischen Evans operations-
fähig sein; in Mitteleuropa wären ihnen die alten
Alliierten überlegen. Obwohl die Kommunisten das
wissen, treiben st« ihre Parteihetze weiter, ver-
führen auch sie wertvolle deutsche Energie, sich auf
Illusionen statt auf den realen Kamps einzustellen,
sind auch sie an der stetigen Verschärfung des deut-
schen El ends schu ld.
Unser Ringen geht um den Rest von Tatbe-
rcftschast in Deutschland. Di« Verzweifelten müssen
aufgsrüttelt werden. Niemand ist verloren^ der sich
nicht selbst aufgtbt. Mr müssen eine Tatgemeiw-
schast nicht, von Traun,polittkern, sondern von
realen Rat ionalpolitikern bilden, die
dem Widerstand gegen die Rettungsvolitik des
Staates überall ihren Willen entgegensetzt. Die
Deutschen sind zum größten Teil aus ihrer Existenz
geschleudert. Warum? Weil die Gemein-
schaft an Mangel an Gemeinschaftsgeist zu
Grunde geht. Wir sind im Grunde alleverzwei-
felte Extstenzen. Möge uns die Verzweiflung
endlich zu tat-bereiten, kühl-entschlossenen Männern
machen, die (alle Jllnsionslockungen verächtlich bei
Sette lassend) auf dem allein noch möglichen Wege
der Rettung Deutschlands dienen.

Die Lage im Reich.
Eine Verordnung gegen
Steuersabotage und Aushungerung
Berlin, 17. Sept. Durch die Verordnung
des Reichspräsidenten zur Wiederherstellung
der öffentlichen Sicher heit undOrd-
nung für das Ruhrgebiet und das Reichsgebiet
wird folgendes verordnet:
8 1. Wer öffentlich -oder in einer Versamrnlung
»der durch Verbreitung von Schriften oder anderen
Darstellungen dazu anffordert oher anreizt, der
Steuer Pflicht der öffentlich-rechtlichen Ver-
pflichtung zur Leistung von Geld oder Gskdeswert
an -das Reich, die Länder »der Gemeinden (Ge-
ineiirdeverbände) nicht zu genügen oder die Durch-
führung der Vorschriften Wer diese Pflichten aus
ander« Weise zu hindern, wird, sofern nicht ein«
schwerere Strafe verwirkt ist, mit Gefängnis
nicht unter einem Monat und einer Geldstrafe be.
straft. Das Höchstmaß der Geldstrafe ist unbe-
schränkt.
8 2. Wer öfsentlich oder tn einer Versammlung
oder -durch Verbreitung von Schriften oder in an-
deren Darstellungen zur Zurückhaltung von Lebens-
ader Futtermitteln, die zur Veräußerung oder Wsi-
terveräußerung bestimmt sind, auffordert oder an-
reizt, wird, sofern nicht eine schwerere Strafe ver-
wirkt ist, mit Gefängnis nicht unter einem Monat
und einer Geldstrafe bestraft. Das Höchstmaß der
Geldstrafe ist unbeschränkt. Als Lebens- oder Fut-
termittel geltest auch Erzeugnisse, aus denen Lebens-
ader Futtermittel hergestellt werden.
8 3. Ist Fällen der 8Z 1 und 2 kann neben der
Strafe auf Verlust der bürgerlichen
Ehrenrechte erkannt werden. Ferner ist anzu-
ordnen, daß die Verurteilung auf Kosten der Schul-
digen öfsentlich bekannt zu ruachen ist. Die Be-
kauutntachung kann auch durch öffentlichen Anschlag
erfolgen.
Die Vorschriften des 8 26, Absatz 3 und 4 der
Preistreiberei-Verordnung vom 13. Ault (Reichsge-
fetzblatt D-il 1 und 2 Seite 700) gelten entsprechend
als S 4.
Dies« Verordnung Mit mit ihrer Verkündung in
Kraft.
Berlin, 15. Sept.
gez.: Ebert. — Stresemann. — Sollnmnn.
Der Devisenkommissar steht grund-
sätzlich auf dem Standpunkt...
Berlin, 17. Sept. Nach der „B. Z." erschie-
nen RövisionSbeamte des Devtsenkommi ssars tn der
Depositsnkasse Königstraße der Kommerz- u. Pri-
vat b a n k und belegten all« Stahlfächer und
die im Wanktresor ausbewahrten Pakete mit Be-
schlag. Der Depositenkaffe wurde aufgegeben, nie-
mand a« dte beschlagnahmten Gegenstände heranzu-
laffeir. Die Besitzer der Stahlfächer und Pakete
wurden benachrichtigt, daß sie Montag die Safes u.
Pakete im Betsender Rsvtstonsbeamtest des Devisew-
kamntiffars zu öffnest hätten. Wie der Devisenkom-
missar, Geheimrat Felltnger, der „B. Z." hierzu
mittMt, «rfoltzte dte Beschlagnahme ohne fein
Wissen und durchaus gegen seinen Willen. Es
handelt sich um eine Konipetenzüberfchreitumg des
erst kurz im Amt befindlichen Beamten. Der Devi-
seukommisfar steht grundsätzlich auf de», Standpunkt,

HMWWO. We Mt es aM pfit tzq, WS HKUe ist das^rwateigeutum zu ver-

Nr. 216

werfen sind, und veranlaßte sofort, datz die Matz-
nahm« rückgängig gemacht wird."
Diese .Kompetenrübevschreitung" wäre die erst«
Handlung gewesen^ die den Arbeitern, Angestell-
ten und Beamten etwas Hoffnung und Vertrauen
auf wirkliche Erfassung der gehamsterten Auslands-
zahlungsmittel eingeflößt hätte. Ihre Zurücknahme
beruhigt alle Devisenhamsterer und enttäuscht noch
stärker die restgnic. .cn Volksmaffeu. Solange vor
den heiligest Geldschränken Halt gemacht wird, glaubt
doch kein Mensch an Herrn Fslltngers Erfolg.
Die Auslandsgeschäfte der Banken.
Berlin, 17. Sept. In der „Voss. Ztg." schreibt
Georg Bernhard: Volkswirtschaftlich hat
einen wirklichen Sinn iöine allgemeine Er fas-,
sung des D ev i ssnb es ttze s in der Privat-
hand erst daum wenn die V o rb edi ng uug e n
für eine neu« Währung geschaffen sind, und wenn
die aus dem Privatbesitz herausgeholten Devisen der
Verstärkung des nicht für Bnterventionszwccke, son-
dern für den Ausbon der Währung gebrauchten
Fonds dienen können. Wenn der Devisenkommtssar
sich inzwischen bei den Banken betätigen will, so
würde er auch dort allerdings ein reiches Feld fin-
dest, ittdmn er sich weniger den Safes Der Depositeu-
vassen als der Prüfung der Auslandsgeschäft« der
Banken tn den Zentralen widmete. Die Kenntnis
von der hier aufgesamimslton deuffchen Dcvissnkvaft
(darin soll gar kein Vorwurf gegen die Banken lie-
gen) kamn für den Reichsftnanzmintster einmal recht
nützlich sein, zum Beispiel, wenn es um di« Zeich-
nung des neuen Goldkapitals der reforinierten
Retchsbank -geht.
Die Reichszerstörer an der Arbeit.
Essen, 17. Sept. Die „Rheinisch-Westfälische
Zeitung", die durch ihre alldeutsche Politik ein ge-
höriges Stück dazu beitrug, das Reich in seine jetzige
surchvare Lage zu bringen, versucht, die Sachlage zu
vc «schieben» indem sie im Falle des Zusammcr.bre-
chens des passiven Widerstandes folgende Drohung
an di« Reichsregierung richtet: „Es geht hiev nicht
irm einige Milliarden Goldmirk, sondern um das
Ruhrgebiet, un» das Ruhrgebiet ist verloren, wenn
wir kapitulieren."
München, 17. Sept. Der bayerische M'uister-
präfident Dr. von Knilltng, hielt di« Geneval-
verfatmmlung des bayerischen Bauernvereins tn
Püntenhausen für angebracht, um eine mehr als be-
denkliche Rede Mer sein Verhältnis zum Reich vom
Stapel zu lassen. Herr von Knilling scheute sich nicht
nur, das Ausscheiden des wegen seiiter Unfähigkeit
zum Ktndsrgespött gewordenen Kanzlers Cuno aus
dem Amte zu bedauern, sondern wartete auch noch
niit dem Märchen auf, datz dein Kabinett Cuno ge-
rade im Momente seines Abschiedes ein zweifelloser
außenpolitischer Erfolg (I!) durch di« Stellungnahme
Englands zur Ruhraktivn besch'eden gewesen wäre.
Dcs weiteren rückte der bayrische Premier in bedenk-
liche Nähe der agrarischen Stenersabotage, trat für
die Schaffung eines Volk-herres ein, wies auf den
konrnrenden Kampf zwischen der germanisch-christ-
lichen und der interrmtiona-,inarxistisckren Levcr.s-
anschauung hin, um schließlich angesichts der jetzigen
Krise des Reiches zu mahnen dte Augen offen zu
halten und sich aus alle Möglichkeiten vorzubereiten.
Hof, 17. Sept. Mn gestrigen Reichsflag-
gentag nahmen außer Hitler und Pastor
Traub auch Admiral Scheer teil, der lange als
loyale Persönlichkeit bezeichnet wurde. Dte Fest-
rede hielt Hitler, der im wesentlichen das national-
sozialistische ProgratNm: „Zuerst mutz der Feind
im I n n e r n, dann erst der Feind nach außen be-
kämpft werden," behandelte. In Befolgung dieser
Lehre drangen dann am Abend einige nationalsozia-
listische Gruppen ins Arbeiterviertel ein und
verprügelten dort nrehrere Arbeiter. Bei der rozial-
demokratischen „Oversränkischen Volkszeitung" sowie
bei einem jüdischen Geschäftshaus wurden nrehrere
Fenster eingeschlageir. Zu ernsteren Zwischenfällen
ist es jedoch nicht gekommen.
Sowjetstern und Hakenkreuz.
Erfurt, 16. Sept. Unter diesem Titel schildert
ein Genosse in der Erfurter „Tribüne" Bruch-
stücke einer in einem Kaffeehaus in Gotha ausge-
sangsnen Unterhaltung solgenDermahsn:
Ich lese die Zeitung. Ein Herr heftet ein be-
drucktes Blatt Mt Reißzwecken an die Wand; er
setzt sich. Ich schane auf das Blatt: Programm
zum DeutschenTagin Gotha uisw. . . . Aha!
. . . Ein anderer Herr tritt ein. Politischer Dis-
kurs (selbstverständlich: trendeutsch). Interessiert
mich nicht, da doch alles . . .
Da, die „Internationale" klingt herein, von de«
jungen Kommunisten stramm gesungen, di« zu
ihrer Kundgebung anläßlich des Jugend tags zie-
hen. Der Hinzugekommene: „Na, das gibt heut«
wieder Reibereien." — Der Herr: „Ach, ausge-
schlossen, ist ja unnötig (ich fange doch an zu hor-
chen), eS gibt zwischen uns keine Reibereien mehr!"
— Der HtNMgekommene: „. .. Go?? . . ." —-
Der andere: „Ja, wir haben uns verständigt,
wir wollen uns gegenseitig wicht mehr belästigen
(Reibereien werden allerdings nicht zu vermeidest
sein; die vielen Rowdys!), wir gehen ja so dicht
nebeneinander!" — „Was?!" — „Ja doch, WiP
haben doch mit den kommunistischen Führern zw
 
Annotationen