Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (5) — 1923 (September bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 251 - Nr. 260 (29. Oktober - 8. November)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48728#0217

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Heidelberg, Montag, den 29. Oktober 1923

5. Jahrgang

Nr. 251

UW N U MM «M UM'M WNU MM MM »««ss,«
MM M M HkW ZUW— M M MM k MMM
«rundproismalderSchlüssclzahId. W ^MWW^ WW WM ber« .LcichasIsfl rll c.S ch r o Sc NN^9.
d.Z., z, Zt. l80iX)oav M. Lci Wie- U WU Tel.: Lrper>il,on2ö73u.Rcdak,67,.
Verholungen Nachlatz nach Taris.
r-ier-zellm« m w mrlilin« SnMerm in «EUe -kldklikk,. M«lm», ödMw. UW,», verlO, MM«, A«», Messet». Mrdea. WSeriMMe»«. Neriiet»

Die neue Währung und
ihre Gefahren.
Berlin, 28 Ott.
Der Uebergang zur Goldwährung
b>ird nun endlich vollzogen. EL sind nicht nur die
Zwischenlösungen bis ins letzte vorbereitet, auch
Mit der Schaffung einer Goldnote soll demnächst be-
gonnen und damit die echte Goldwährung geschaffen
werden. Die Forderung, das; die Reichsbank Gold-
Noten ausgeben solle, hat Genosse Hilserding
M ganz ähnlicher Form; wie es jetzt gemacht wird,
Noch, in der Zeit der Regierung Cuno in unserem
Blatt erhoben und als Retchsfinanzminister immer
verfochten. Daß die Reichs bank damals die
Durchführung immer wieder verzögert und be-
kämpft hat, sich aber jetzt eirdlich zu dem damals
gewiesenen Weg entschlossen hat, zeigt erneut den
Mangel an Weitblick und Entschlußkraft, der das
Neichsbantdirektorium auszeichnet. Sie trägt da-
durch an dem wirtschaftlichen Chaos der letzten Zeit
k ch w e re Mitschuld Die Maßnahmen sind nur
im Zusammenhang mit dem gesamten Währungs-
und Finanzprogramm zu beurteilen. Zu fordern
fft aber schon jetzt, daß das Reich nun auch die Zah-
lung bestimmter Stenern, wie der Börsenumsatz-
steuer, der Luxussteuer usw. in Gold not en ver-
langt.
. In diesen Tagen dürsten die auf kleine Be-
lräge lautenden Jnterimsscheine der Goldan-
l e i h «ö in den Verkehr kommen und damit das erste
wertbeständige Zahlungsmittel in die Hände der
Arbeiterschaft gelangen. Bald nach der Goldanlcihe,
in etwa lt Tagen, wird auch die Rentenmark,
die in- goldverzinslichen Rentenbriesen einlösbar ist,
Zahlungsmittel erscheinen.
Selbst wenn mau wie wir Zwischenlösungen mit
größter Zurückhaltung gegeirübeffteht, ist die Hoff-
nung berechtigt daß diese Zahlungsmittel eine
größere W e r t b estän d i g k e i t haben und er-
halten werden als die Papiermark. Dazu gehört
la nicht viel, wenn mau sich daran erinnert, daß
noch vor zwei Monatei« die Mark 650V mal so viel
w rt war wie heilte. Die neuen Geldzeichen Wer-
den fraglos viel wertbeständiger sein, besonders
wenn es gelingt, den Staatshaushalt ins Gleich-
gewicht zu bringen. Würden die Gesetzgeber selbst
die absolute Wertbeständigteit der neuen Zah-
lungsmittel glauben, so könnte man sich die Rück-
kehr zur echten Goldwährung ersparen, die jetzt
ebenfalls vorgesehen ist. Mit
BZertschwanikungen wird in jedem Fall -u rechnen
kein. Von dem Grad des 'Vertrauens, das die in-
ländische Wirtschaft dem neuen Zahlungsmittel «nt-
Ocgenbrtugt, wird es ganz wesentlich abhängen, ob
die Kursschwankungen größer oder geringer sein
werden. Eine untere Grenze ist ihnen dadurch ge-
letzt, daß sie im Gegensatz zu der bisherigen Papier-
wark gedeckt sind und daß es zinstragende Pa-
k'ier« sind oder in solche eingetauscht werden können.
Noch mehr aber als von dem Vertrauen der All-
bemeinheit wird der Wert der neuen Zahlungsmittel
davon abhängen, daß man jeden Mißbrauch mit
'tzn-en zu verhindern sucht. Der Optimismus,
Wit dem die Reichsbank das Schicksal der Renten-
wark beurteilt, wird z. B. von dem Fiskus nicht
steteilt. Die Rentenmark soll nämlich von ihm als
Zahlungsmittel nuir angenommen werden nach
wrern jeweiligen Goldkurs.
Nun ist die Katastrophe der Papiermark dadurch
beschleunigt worden, daß die Art der Kreditgewäh-
?stng der Reichsbank lange Zeit die Spekulation auf
ben Niedergang der Mark begünstigt har. Wer Pa-
wermark geliehen erhielt mit der Aussicht, sie ein-
war in entwertetem Gelde zurückzahlen zu können,
^wfte sich natürlich schleunigst Devisen, Effekten und
5^re Ed sand seinen Gläubiger mit einem Mark-
trage ab, der nur einen Bruchteil der seiner-
^tt entliehenen Kaufkraft betrug. Dadurch hat
die Industrie Gewinne geradezu gescheffelt Dadurch
und auf Kosten der Reichsbank, des Reiches und der
Allgemeinheit riesige Trusts entstanden, die bnch-
wlblich mit dem Hunger der Sozialrentner und der
trbeiier bezahlt wurden. Nun sollen der Privat-
wirtschaft 1200 Millionen Goldmark, die ausgegeben
irden sollen, sofort von der Wirtschaft aufgenom-
>en werden, und zwar hauptsächlich mit einer
anfzeit von etwa drei Monaten. Gerade inner-
wlh dieser Monate aber besteht die größte Gefahr
yves Kursrückganges schon infolge der politischen
Wirrnisse, in die Deutschland jetzt hineingerissen ist,
^r auch deshalb, weil die Rentenmark vorläufig
cht gesetzliches Zahlungsmittel ist. Behält sich nun
b i Reichsbank vor, erst dann die Kredite wert-
. ^ständig zu machen, wenn, der Kurs der Renten-
wirklich sinkt, so ist eszusPä t, um die in der
k^schenzeit erzielten Gewinne irgendwie zu er-
'Men.
d Bezahlt werden derartige Gewinne doch nur von
iv Allgemeinheit. Entstehen können sie nur,
, -Nu mail Kredite auf der Basis eines Zahlnngs-
»Na s ansgibt, von dessen Wertbeständigkeit nie-
ganz überzeugt ist, ohne eine Kursficherung
l'eil Fall eines Wertrück ganges einzu schalten.
muß die Arbeiterschaft fordern,
lala neue Gewinnmögltchkeit des Privaikapi-
das vornherein unterbunden wird. Geschieht
tze»»' erhalten die Kreditnehmer, .die Schulden bei
Zvntralnoteninstitut eingehen, in jedem Falle
ZNtexesse daran, den Kurs nicht sin-

ken zu lassen, und sie werden sich auch leichter ver-
anlaßt sehen, Goldverschreibungen- einzugeben als
das heute der FE ist und auch nach Einführung der
Rentenmark der Fall sein wird, solange man mit
Kursschwankungen des neuen Zahlungsmittels
rechnet.
*
Die Ausgabe der Rentenmark.
Die Vorbereitungen zur unmittelbare« Aufnahme
der Rentenvank stehen vor dem Abschluß. Mit der
Prägung der Münzen für das Rentengeld ist bereits
besonnen worden. Es werden für den Klein-
verkehr 1, 2, 5, 10 und 50-Pfenntgstücke geschaf-
fen. Die eigentliche Rentenmark, die Einheit
der Rentenbankscheine, soll bis zur Schaffung der
Goldmrak als Zwischenglied dienen und durch
Goldmark eingelöst werden. Die Arbeiten für die
Goldnotenbank werden beschleunigt durchgeführt.

Die Probestücke der neuen Rentenmark zei-
gen einfache geschmackvolle Noten, klein, hochforma-
tig mit guten Guillochen. Sie sind zweiseitig be-
druckt. So trägt der vom Violetten ins Grüne
übergehende 10-Markscheiu in schwarzer Schrift di«
Aufschrift: 10 Rentenmark, ausgegeben aus Grund
der Verordnung vom 15. Oktober. Darunter in
kleinererer Schrift: Die Deutsche Rentendank ist ver-
pflichtet, die von ihr ausgegebenen Rentenvank-
scheine jederzeit auf Verlangen gegen ihre auf
Goldwert lautenden mit 5 v. H. verzinsten Renten-
briefe etnzutauschen. Aus 500 Rentenmark wird ein
Rontenbrief von 500 Goldmark mit Zinsenlauf vom
nächsten FäMgkeitstermin ab gewährt. Es werden
Scheine zu 1, 5, 10, 50, 100, 500, 1000 Mk. ausge-
geben, die mit aufsteigendem Wert sich auch im For-
mat vergrößern, jedoch auf keinen Fall die Größe
des Milliardenscheines überschreitet.

Reich und Länder.
Mlrig »er UMli Merm ichrderl. - Ae MMemlt in der WerWen
ReWMkdr. - BcrWrsm der Siinniisn.

Berlin, 28. Oktober.
Der Reichskonflikt sowohl mit Bayern wie
auch mit Sachsen hat eine außerordent-
liche Verschärfung erfahren. Die Reichs-
regierung kämpft auf zwei Fronten: gegen die ver-
fassungswidrige Kahr-Diktatur in Bayern und gegen
den kommunistischen Regivrnngseilnfluß in Sachsen.
Wir sehen darin eine außerordentliche Gefahr.
Gerade weil wir der Reichsregierung im unver-
meidlichen Kampf gegen die bayerische Konterrevo-
lution alles Glück wünschen, müssen wir ihr Ver-
halten Sachsen gegenüber als geradezu ver-
hängnisvoll empfinden. Wollte die Reichs-
regierung gegen Bayern bestehen, so mußte sie alle
republikanisch gesinnten Kreise der Bevölkerung um
sich scharen, das heißt, sie mußte vor allem der so-
zialdemokratischen Arbeiterschaft ge-
genüber ein Verhältnis Herstellen, das auf unbe-
dingtem gegenseitigem Vertrauen beruhte. Das ist
aber durch die Art des Vorgehens gegen Sachsen
vollständig zerschlagen worden.
Offenbar aber glaubt di« vorwiegend bürgerliche
Negierung, für die notweiMg werdenden Maßnah-
men gegen Bayern beim Bürgertum nur dann
e>ne Stütze zu finden; wenn sie zugleich oder viel-
mehr zuvor mit noch größerer Schärfe auchgegen
die Kommunisten vorgeht.
Es Wäre falsch, zu behaupten, daß zu einem
solchen Vorgehen kein Anlaß vorliege. Der wohl-
vorbereitete Kommunistenputsch inHamvurg war
ein Symptom dafür, was nach der Absicht des Put-
schistischen Flügels der Kommnniston tim ganzen
Reich bevorstand. In Sachsen sind kommunistische
Flugblätter verbreitet worden, die zum bewaff -
neten Kampf auffordern. Der kommunistische
Ministerialdirektor Brandl er erklärt; diese Flug-
blätter nicht zu kennen. Es sollen außerdem Pla-
kate des gleichen Inhalts verbreitet worden sein;
die die U n te r s chr i ft des Vorstandes der K.P.D.
Sachsens und dev kommunistischen Landtagsfraktion
tragen.
Ungerecht wäre es, von der Roichsvegieruug zu
verlangen, daß sie sich dieser Gefahr gegenübeh blind
stellen sollte. Aber was von ihr zu verlangen war,
das war ein geschicktes, kluges, übereilt« Schärfe
vermeidendes Vorgehen, ein Vorgehen, das die
Massen der arbeitenden Bevölkerung nicht vor
den Kopfstieß. Hier liegt der ungeheure Fehler,
der begange n worden ist.
Statt sich mit der sächsischen Regierung zu ver-
ständigen, h at der R e kch s k a n z l e r ein Ultimatum
nach Dresden gerichtet, das den Rücktritt der sächsi-
schen Regierung fordert und für den Fall der Wet-
germrg weitere Maßnahmen awkündigt, worunter die
Einsetzung eines Reich skonmissars für
Sachsen zu verstehen sein dürste. Damit wäre die
Reichsexekutive gegen Sachsen bis zu einem
Grade vollzogen, wo jedes staatliche Eigenleben
aufhört.
Der Entschluß zu diesem weitgehenden und Er-
regung stiftenden Schritt ist vorschnell gefaßt
worden. Wir zweifeln nicht daran, daß ddesoztal-
dem akratischen Mitglieder der Reichs-
regierung ihre Bedenken gegen einen solchen Schritt
mit der gleichen Entschiedenheit erhoben haben, wie
das hier geschieht.
Aufforderung an Bayern.
Berlin, 28. Okt. Amtlich wird Mitgeteilt:
Im Verfolg der am 24. Oktober von der Konfe-
renz der Ministerpräsidenten und Gesandten der Län-
der gefaßten Entschließung hat die Reichsregterung
an die bayerische Staatsregierung das Ersuchen ge-
richtet, die verfassungsmäßige Befehls-
gewalt im bayerischen Teil der Reichswehr in
kürzester Zett wiederherzust elfen.
M ünchen, 28. Okt. Die Note deir Reichsregie-
rung an Bayern hat hier, wie von hiesiger unter-
richteter Seite gesagt wird, eine Verschärfung

des Konfliktes zwischen Bayern und dem Reiche be-
wirkt. Zunächst wird Wohl die bayerische Regierung
scststellen, ob die Note der Reichsregierung ulti-
mativen Charakter trage.
Ultimatum an Sachsen.
Berlin, 28. Olt. Amtlich wird mitgeteilt:
Nachdem die der sächsischen Landesregierung ange-
hörenden kommunistischen Mitglieder in Aufrufen
an die sächsische Bevölkerung zu Gewalttätigkeiten
und zur Auflehnung gegen die Reichsgewalt aufge-
reizt haben, hat der Reichskanzler den sächsischen Mi-
nisterpräsidenten Dr. Zeigner aufgesordert,
den Rücktritt der derzeitigen sächsischen Landesregie-
rung herbeizuführen, da die Reichsregterung die ge-
genwärtige sächsische Regierung nicht Mehr als eine
Landesregierung im Sinne der Reichs-Verfassung an-
erkennt. Der Reichskanzler hat dabei zum Ausdruck
gebracht, daß er die Antwort des sächsischen Minister-
präsidenten im Laufe des morgigen Tages erwartet
und hat von den Maßnahmen Kenntnis gege-
ben, die Vie Reichsregierung im Falle einer Ableh-
nung ihrer Aufforderung sofort ergreifen wird.
Wohin führt dieser Weg?
Berlin, 28. Okt. Der Reichspräsident
hat durch eine heute erlassen« Verordnungdm
Reichskanzler ermächtigt, die sächsische Regierung
und nötigenfalls andere sächsische Behörden abzuset-
zen. Der Reichskanzler wird aus Grund dieser Er-
mächtigung, nachdem nuninehr die Entscheidung der
sächsischen Regierung gefallen ist, sofort einen Reichs-
kommissar sür den Freistaat Sachsen bestellen.
Sachsen lehnt ab.
Dresden, 28. Okt. Nach Beratungen, die bis
in die späten Abendstunden dauerten,, hat das säch-
sische Kabinett zu dem Ultimatum der Reichs-
regierung folgenden Beschluß gefaßt:
„Die sächsische Regierung lehnt das Ansinnen
der Reichsregterung, zurückzutreten, entschieden
a b. Ein politischer Anlaß dazu liegt nicht vor und
rechtlich ist das Verlange,- der Rctchsr gberuug nach
der Verfassung unzulässig. Nur der sächsische
Landtag ist legitimiert, die Regierung Sach-
sens abzuberufeu. Solange das nicht geschieht, wird
die sächsische Regierung auf ihrem Posten
aus harr en; sie wird aber alsbald im Landtag
hierüber eine Entsche düng Herbeiführeri."
Besprechungen.
Berlin, 28. Okt. Die Antwort der säch-
sischen Regierungg auf die gestrige ultima-
tive Aufforderung der Reichsregieuuug ist in Berkin
nach 10 Uhr in Form einer Erklärung der sächsischen
Staatskanzlei eiirgegangen. Daraufhin sind die hier
anwesenden Mitglieder der Roichsregberung zu einer
Besprechung zusammengetreten.
Beoltn, 28- Okt. Der sozialdemokratische
Reich sm i uister Robert Schmidt und die Mitglie-
der des Partcivorstandes Hilfer - ing und Ditt-
m ann haben sich heute früh nach Dresden begeben.
Das Blutbad von Freiberg.
Freiberg t. S., 27. Okt. Hier ist seit gestern
Generalstreik. Heute herrscht aus den Straßen
starker Verkehr, teils der Streikenden, teils der Land-
bevölkerung, die am Sonnabend nach der Stadt ge-
kommen war, um ihre Einkäufe zu erledigen. Mili--
tära-utos fuhren durch die Straßen, eines hielt auf
dem Marktplatz, aus dem sich große Massen stauten.
Aus noch nicht festgestellten Ursachen — angeblich soll
ein Schuß gefallen sein — eröffnete die Reichs-
wehr-, unter der sich zahlreiche neu Eingekl er-
dete be-fa-iL-eu, sln M asch i!» enge Wey v-
feuer; wodurch 14 Personen getötet und 40 ver-

wundet worden. Zehn Minuten später, als die Sa-
martter ihres Amtes walteten, wurde nochmals go-
schosseu, wobei 8 Tot« auf dem Platze blieben.
Der Mißbrauch von Arbeiter-
interessen durch die Kommunisten.
Der „Sozialdemokratische ParNmentHdienst"
schreWt uns über das Verhältnis von Sozialdemo-
kratie und Kommunisten in Sachsen:
Die kommunistische General st reikshetze ist
bisher im Reiche ohne Erfolg geblieben. Jnr-
mcrhin bemüht sich die kommunistische Parieizentrale
unter geistiger und finanzieller Assistenz der russi-
schen Freunde, die Arbeiter auf die Straße zu
treiben. Der von den sächsischen Kommunisten ge-
führte Kamps gegen den Ausnahmezustand ist nicht
ernst zu nehrnen. Statt durch Vernunft und dem
Geist den Beschluß des Ministerpräsidenien, der eine
Crsetzung des militärischen Ausnahmezuslaiches
durch ein ziviles Ausnahme recht forderte,
zu bekräftigen, stärken sic tagtäglich mit einer wahn-
sinnigen Generalstrcikspropaganda geradezu die
Macht der Militärbesehlsha-Ver. Veraniwortungs-
gcfühl als Regierungspartei besitzen sie nicht lm ge-
ringsten. Ihnen ist die Vertretung im Kabinett
Zeigner lediglich Mittel zum Zweck. Durch die Tä-
tigkeit in der Regierung, die in Wirklichkeit keine
Hilfe für die sächsische Arbeitersckiaft bedeutet, glau-
ben sie, die von Moskau gegebenen Besehle besser
verwirklichen zu können Auch die Volt den maß-
gebenden Gewerkschaften gefaßten Beschlüsse hindern
die Kommunisten nicht, mit Unterstützung der Herren
Brandler und Böttcher ihren Wahnsinn fontzusetzen.
Erst am Mittwoch haben die Gewerkschnfisinstanzen
in Dresden in Gegenwart von Regbernngsvertreisr»
den Generalstreik als unheilvoll für die Arbeiterschaft
gekennzeichnet. Was tun die Kommunisten? Sie
Netzen weiter süv den Generalstreik, auf den di« säch-
sischen Industriellen lvartcn, und Herr Brandler, der
Ministerialdirektor der Staatskanzlei, der es mit sei-
nen amtlichen Pflichten nicht besonders ernst zu neh-
men scheint, soll dies« Agitation gegen die Regierrmg
und die Arbeiterschaft eifrig unterstützen. Am Don-
nerstag nachmittag erreichte diese Unvernunft in
Dresden ihren Höhepunkt. Es wurden Flug-
blätter angeschlagen, tn denen die Arbeiterschaft
anfgesordert wich, trotz des Verbotes der Hundert-
schaften neue Formationen zu bilden und den bewaff-
neten Widerstand gegen die Reichswehr aufzu-iloh-
men.
In Anbetracht des Verhallens der Kommunisten
in Sachsen taucht die Frage auf, ob es »och länger
möglich ist, mit der Kommunistischen Partei eins g e-
meinsame Koalition zu bilden. Wir sind
der Auffassung, daß das dem Staatswohl wider-
spricht und es nicht nur für Sachsen, sondern für das
ganze Reich beruhigend wirken würde, wenn die
Kommunistische Partei aus der sächsischen Regie-
rung verschwindet. Es ist erfreulich, daß diese Not-
wendigkeit auch von maßgebenden sächsischen Genos-
sen anerkannt wird. Sie können sich selbst von ihrem
Lande, vor allem aber der Arbeiterschaft, einen Dienst
erweisen, wenn sie ihrer Auffassung nunmehr auch
di« Dat folgen lassen und das Regiemmasverhältnis
mit einer Partei, die sich in den letzten Tagen aus-
schließlich als Gegner der Arbeiterschaft gebärdet hat,
ausgsben. Wir coachten in Sachsen den Beweis für
erbracht, daß die Kommunisten ihre Beteiligung an
der Regierung lediglich zum Mißbrauch von Arbei-
trnnterefsen ausnutzen wollen. Denn es ist ein Ver-
brechen gegen das Proletariat, sich der Arbeiterschaft
als Instrument zur Verwirklichung kommunistischer
Pläne nach der Hamburger Methode zu bedienen.
Es kann nachgewiesen werden, daß diese Methode
Allgemeingut der kommunistischen Partei ist und von
dca kommnnisttschen Parteizentrale seit Wochen pro-
pagiert wird.

Deutsche Justiz.
Das Urteil
im Küstriner Hochverratsprozeß.
Berlin, 27. Ott. Im Küstrinev Hochverrats-
prozeß wurde ein Urteil gefällt, das den Unbegreif-
lichkeiten der deutschen Justiz die Krone aus fetzt.
Während man im alten Regime Hochverräter vom
Schlage dar Buchrucker und Genossen kurzer Hand
an die Wand gestellt hätte, läßt man jetzt — unter
Ausschluß der Oesfentlichkeit — eine Milde gegen
Hochverräter walten, die auf solche geradezu anret-
zend wirken mutz.
Boi der Urteilsverkündung wurde des Hochver-
rats nur der Hanptangeklagte Major a. D. Einst
Buchrucker schuldig befunden. Er wurde zu 10
Jahren Festungshaft, sowie 100 Milliarden Mark
Geldstrafe verurteilt.
Gegen alle übrigen Angeklagten wurde nur aus
Beihilfe zur Amtsnötigung gemäß 8 114 R.-St-
G.-B. erkannt, so daß sie nicht zu Festung, sondern
zu Ges ä n g n i s st raf e n verurteilt werden muß-
ten, und zwar Major a. D. F r i tz H e r z e r zu zwei
Jahren sechs Monaten Gefängnis, Oberleutnant a.
D. Voigtzu sechs Monaten Gefängnis, Kau stumm
HanS Hain zu acht Monaten Gefängnis, Zahnarzt
 
Annotationen